Innehalten, sich besinnen – dann agieren!

Es gab eine Bürgerversammlung in Nürburg. Thema: Nürburgring. Dieses Mal war ich dazu eingeladen. Und ich habe zwei Theaterkarten (für meine Frau und mich) verfallen lassen, um mir ein Bild machen zu können. In Koblenz hätte ich die „Dreigroschenoper“ gesehen. In Nürburg gab es mehr zu erleben. Niemand wird hier in Motor-KRITIK eine reine Schilderung der Abläufe erwarten. Dazu hätte ich nicht in Nürburg sein müssen. „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“, heißt es in der “Dreigroschenoper“. - Was ist die Zerschlagung einer Sportstätte gegen die Gründung eines Förderkreises? - Von Bert Brecht weiß ich relativ wenig. Von den handelnden Personen in Nürburg mehr. - Wenn man dazu noch die Abläufe im Umfeld des Geschehens mit einbezieht, dann kann man nur dazu raten:

Innehalten, sich besinnen – dann agieren!

Als ich in Nürburg eintraf, begegnete mir zunächst einer der großen Nürburger Volksschauspieler. Davon gibt es in diesem Dorf noch mehr, weshalb es ungerecht wäre, hier einen Namen zu nennen.

Dann kam mir Otto Flimm entgegen, drückte mir kurz die Hand. Er war im Gesicht schwer gezeichnet. Ein Pferd hatte ihn getreten. (Wirklich!) Später auf der Bühne war er wie eh' und je: Kämpferisch, vom Thema bestimmt.

Ich hatte die Einladung schon als etwas Besonderes empfunden. Nicht „JA zum Nürburgring“ hatte eingeladen, sondern drei Personen, die im „Kopf“ der Einladung in folgender Reihenfolge genannt wurden:

Andrea Thelen, Otto Flimm, Manfred Sattler.

Als Absendeadresse war darunter angegeben (s. Foto)

 

„Hauptstr. 16, 53518 Adenau“. - Wer hat denn da seinen Wohnsitz? - habe ich mich gefragt, zumal für die handelnden Personen am unteren Rand der Einladung andere Adressen angegeben waren. Und ich habe lächelnd registriert, dass man am Ende der Einladung eine andere Reihenfolge bei den Unterschriften gewählt hatte, als z.B. nicht nur im „Kopf“, sondern auch im „Fuß“ der Einladung zu finden war:

 

„Hauptstr. 16“ entpuppte sich in Adenau als ein Privathaus, in dem bis vor Monaten eine Dialyse-Station untergebracht war...

 

...die nun auf der anderen Straßenseite, schräg gegenüber, ihre neue Heimstatt gefunden hat, nachdem die Post-Station dort geschlossen wurde:

 

 

Frau Thelen hatte als Adresse ihre Arbeitsstelle „Blaue Ecke“ in Adenau (Markt 5)...

 

...angegeben, nicht die Anschrift des Tourismusverein Hocheifel-Nürburgring e.V., für den sie hier in Nürburg - sozusagen - in den Ring gestiegen ist.

Manfred Sattler, ist als Mit-Einladender zur Gründungsversammlung eines Förderkreises (welche Bedeutung kann der eigentlich jemals erlangen?) nicht erschienen, ließ sich durch den Geschäftsführer der „Freunde des Nürburgrings“, Friedhelm Demandt, vertreten. - Ein unauffälliges „Abtauchen“ des Herrn Sattler zu einem gemeinsam vereinbarten Termin? - Mir jedenfalls erscheint das eigenartig.

Im Vorfeld dieser Bürgerversammlung war kräftig die Werbetrommel gerührt worden, waren z.B. im Bereich von Adenau überall entsprechende Plakate zu finden:

 

 

 

 

 

 

Vor Ort hatte der Bürgermeister seine Bürger von Nürburg mit einer eigenen Einladung auf die Bürgerversammlung aufmerksam gemacht:

 

Es werden tatsächlich so um 350 - 400 Bürger gewesen sein, die sich von der Einladung – und der bisher ungelösten Problematik um das Thema Nürburgring – angesprochen fühlten.

Von meinem Sitzplatz aus, ließ sich das Thema optisch ungefähr so verdeutlichen:

 

Die „Spitzenplätze“ der Einladenen und ihrer „Helfer“ waren so besetzt:

 

Andrea Thelen, Reinhold Schüssler, Otto Flimm, Dr. Dieter Frey, Friedhelm Demandt.

In Reihe 1 des Publikums annimierte mich eine optisch ungewöhnlich aussagekräftige Kombination von Darstellern und Ausstattungsgegenständen zu folgendem Foto:

 

Rechts die Politik (CDU und SPD), links unten ein Lautsprecher und darüber kleine Flaschen.

Meine Kollegen waren alle sehr fleißig und bestrebt, alles Vordergründige in irgendeiner Form aufzunehmen und zu notieren:

 

 

 

 

Insgesamt ergab sich folgendes Bild:

Jeder Besucher hatte eine Menge Papier vor sich. Es gab auch einen „Flyer“ - so jedenfalls war er mir angekündigt – der sich dann als seitenlanger Erguß eines engagierten Nürburgring-Fans („Ein Kommentar von D. Weidenbrück“) entpuppte. Außerdem gab es eine schriftliche „Erklärung der Gemeinden und Bürger der Nürburgring-Region“ und ein seitenlanges Anschreiben von „JA zum Nürburgring“, in dem die Bürger zu Beitritt in einen „Förderkreis Nürburgring“ aufgefordert wurden. Es wurde betont, dass es sich um „eine zunächst unverbindliche Beteiligungserklärung am Förderkreis Nürburgring“ handeln würde.

Unverbindlich war wohl auch in der Vergangenheit die Zusage der Politiker, dass der Bau der „Kirmessektion“ nur erfolgen würde, wenn der durch einen Privatinvestor übernommen würde. Den hat man dann versucht mit allen möglichen Tricks darzustellen. - Aber man hatte nur einen „Darsteller“, keinen Investor.

Darum gibt es jetzt in Koblenz einen Prozess vor dem Landgericht, bei dem irgendein Schuldiger ausgeguckt werden soll. - Oder auch nicht. - Jedenfalls führt man einen Prozess gegen „Bauernopfer“, während sich die Hauptverantwortlichen von der „Nürburgring-Bühne“ verabschiedet haben.

Auf der Bühne jetzt in Nürburg saßen nun Protoganisten, die schon in den unterschiedlichsten Heldenrollen in der Seifenoper „Nürburgring“ aufgetaucht waren.

Andrea Thelen hatte zunächst wohl – damals noch Geschäftsführerin der „Blauen Ecke“ - an das Gute für die Region geglaubt, das nun von den Mainzer Politikern endlich umgesetzt wurde. Sie hatte da guten Kontakt zu Dr. Kafitz, dann zum Düsseldorfer „Dreamteam“ Richter/Lindner, war im Sinne des Geschäfts immer bemüht, es Vielen recht zu machen und nur Wenige zu vergraulen.

Inzwischen ist ihre Einstellung klar und fest und ihre Worte – und ihre Art sie darzubieten – waren eindrucksvoll. Sie hatten das Niveau von Wahlreden, wie ich meinem Kollegen-Nachbarn beeindruckt zuflüsterte.

Der neben ihr sitzende Bürgermeister von Nürburg hatte das Bürgertreffen eröffnet. Er verlor schon mal den Faden, weil er im Manuskript wohl nicht mit dem Finger die jeweils aktuelle Position seiner Rede markierte, was dann zu „Ausrutschern“ führte. - Aber alles live, alles echt, nichts gespielt. Und darum – gerade wegen der Ausrutscher – beeindruckend. Er wünschte sich z.B., „dass die Leute endlich ihren Hintern hoch bekommen“.

Otto Flimm, den Platz daneben einnehmend, war dagegen wie immer souverän, aber darum (!) auch weniger beeindruckend, obwohl er nichts Falsches sagte. Aber auch nichts so Kraftvolles wie der Ortsbürgermeister.

Dr. Frey, der Anwalt von „JA zum Nürburgring“ war – auch wie immer – mit seinen Antworten auf Fragen aus dem Publikum so, wie man auch Politiker oft im Fernsehen erlebt: Nicht immer ganz am Thema, aber immer mit der Aufarbeitung seines Auftrages beschäftigt.

Friedhelm Demandt war als „Rechtsaußen“ (aus Sicht des Publikums) eigentlich mit all' seinen Vorträgen der Unglaubwürdigste. Demandt ist eben ein Mann der „ersten Stunde“ bei „Freunde des Nürburgrings“, einem Verein, der auf Initiative von Hendrik Hering, damals noch Wirtschaftsminister und für einen großen Teil des gemachten „Blödsinns“ mit verantwortlich, mit sanftem Druck auf von ihm abhängige Personen aus der so genannten „freien Wirtschaft“ gegründet wurde. - Der jetzt mit Manfred Sattler als neuem Vorsitzenden vorgenommene Kurswechsel um rd. 180 Grad, ist bisher wenig glaubhaft. - Und wurde mit der Person Demandt auf der Bühne nicht glaubhafter.

Interessant, dass niemand einen klaren Trennungsstrich zwischen EU-Beihilfeverfahren und Insolvenz-Bietverfahren zog. Den Insolvenz-Sachwaltern scheint wirklich gelungen, die Grenzen zu verwischen und den daraus entstehenden „Mischmasch“ zur Lösung der ihnen von den Mainzer Politikern gestellten Aufgabe zu nutzen, die da lautet: Schaffen Sie uns den Problemfall Nürburgring schnellstens vom Hals! - Im Herbst sollte er nicht die Stimmung bei den Wahlen in irgendeiner Form beeinflussen.

Plötzlich werden da die Insolvenz-Sachwalter schnell, wo sie eigentlich nicht schnell, sondern sorgsam und gründlich sein sollten. Das Insolvenzgericht in Bad Neuenahr-Ahrweiler bestätigte Motor-KRITIK auf Anfrage:

„Da die Abwicklung von Insolvenzverfahren – gemeint ist die Phase nach Eröffnung – teilweise sehr zeitaufwändig ist, vergehen bis zum Abschluss des Verfahrens oft mehrere Jahre. Dies betrifft die Insolvenzgerichte und die Insolvenzverwalter im Allgemeinen.“

Im Fall Nürburgring soll nun alles „Ruck-Zuck“ gehen. - Weil es die EU will? - Nun, die hat ihr Beihilfeverfahren in Sachen Nürburgring noch garnicht abgeschlossen und noch keine Forderung gestellt. Aber die Herrn Insolvenz-Sachwalter versuchen den Eindruck zu erwecken – auch weil sie sich ihren politischen Auftraggebern in Mainz verpflichtet glauben – dass man nun der EU wegen „Dampf machen müsse“. - Nein, muss man nicht.

Statt Förderkreise oder -Vereine überhastet ins Leben zu rufen, sollte man zunächst einmal – nach gründlichem Nachdenken und sich Besinnen – die Insolvenz-Sachwalter zur Ordnung rufen. Oder rufen lassen. Durch die Staatsanwaltschaft z.B. - Da dürfte es durchaus Ansätze geben.

So käme die Sache wieder in ein normales Fahrwasser und könnte in allen Details gründlich abgearbeitet werden. Motor-KRITIK stört schon, wenn der Insolvenz-Geschäftsführer auf einer Betriebsversammlung den „Protestler“ Otto Flimm unqualifiziert angreift, indem er aus einem Papier zitiert, das er wohl „JA zum Nürburgring“ zuordnet, das aber z.B. mir – aber auch anderen Interessierten – bisher unbekannt ist. (Ich bin zu diesem Thema noch mit der Recherche beschäftigt.)

Otto Flimm erklärte übrigens auf der Bürgerversammlung, dass er alle in der Sache wichtigen und bedeutenden Politiker und handelnden Personen (wie z.B. die Insolvenz-Sachwalter) eingeladen habe. Von diesen Herrschaften war niemand gekommen. Man hatte aber „Abordnungen“ entsandt oder aber, die waren sogar aus eigenem Antrieb gekommen. - Aber in einem Fall besonders schlecht vorbereitet.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Petra Elsner hat so z.B. nach wenigen Sätzen, die zu lauten Buh-Rufen im Publikum führten, dann schnell den Ort ihrer einfach dümmlichen Äußerungen verlassen, die darauf schließen ließen, dass sie sich kaum mit den Auswirkungen dieser Verschleuderei von Steuergeldern in der Eifel-Region vertraut gemacht hatte.

Eine Kollegin der gleichen Fraktion machte es später besser. Auch der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Brohltal wurde viel Beifall zuteil, weil dessen Rat vor Kurzem eine Erklärung „zur Erhaltung der Gemeinwohlbindung für die Rennstrecke“ unterzeichnet hat.

Auch Herr Licht durfte für die Einstellung der CDU – auch zum neu „entwickelten“ Gesetz, das einen „freien Zugang“ zum Nürburgring sicherstellen soll - viel Beifall mit nach Mainz nehmen.

Aber warum gibt es aus den Kommunen des Umlandes erst jetzt die „richtigen Zeichen“? - Hat man vorher geschlafen, nicht mitbekommen, was den Bürgern hier am Nürburgring angetan wurde und wird? Das Projekt „Nürburgring 2009“ ist ein Beispiel dafür, dass man mit dem Einsatz von sehr viel Geld auch einen sehr großen Schaden anrichten kann.

Die Bürgerversammlung am Nürburgring hat gezeigt, dass das die Bewohner der Region nun endlich begriffen haben. Nun kommt es nicht darauf an, dass man schnell irgendetwas unternimmt, sondern überlegt handelt – und evtl. auch Rechtsmittel ausschöpft, um Chaos-Aktionen ohne Hintergrund zu bremsen.

Innehalten, sich besinnen – dann agieren!

MK/Wilhelm Hahne

PS: Übrigens ist der Insolvenzgeschäftsführer, Prof. Dr. Dr. Schmidt, morgen, Freitag, dem 28. Juni 2013, in Bad Neuenahr-Ahrweiler, wo er den Kreistags-Abgeordneten Rede und Antwort stehen will. Immerhin ist dieser Landkreis auch mit in die Insolvenz einer Landesgesellschaft m.b.H. verwickelt. - Was den Landkreis sicherlich Millionen kosten wird.

 

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