In 2013 ist Schimmel ein Argument

„'Ein neuer Geist muss wehen' empfiehlt ein Kollege der 'Rhein-Zeitung'.“ - Das schrieb ich am 15. April 2011 auf diesen Internetseiten, in Motor-KRITIK. Und weiter: „Er findet es nicht gut, 'dass sich eine Landesregierung automatisch dem Diktat der Speyerer Behörde beugen muss.' - Und man sieht gedankenvoll in die Ferne, hat Visionen. Wahrscheinlich träumt man von anständigen Politikern und loyalen Kontrolleuren. - Leider ist die Realität anders. Und die Öffentlichkeit hat ein Recht auf klare Darstellung. Auch von Details. Darum kann sich der Rechnungshof nicht unbedingt immer bemühen. Darum sollte es Journalisten geben, die einen kritischen Blick auf die jeweilige Szene werfen und informieren. Sachlich und informativ. Wenn man so einige 'Sachen', Vorkommnisse zusammenfasst, ergibt sich oft schon ein bezeichnendes Bild. - Ich zeichne mal eins. Mit festen klaren Strichen“ und titelte dann: „'Grüne Hölle'das ist wie Tic Tac Toe und schwarzer Schimmel“ - Das war 2011. - Da war Schimmel nur der Teil eines Titels in Motor-KRITIK.

In 2013 ist Schimmel ein Argument

Irgendwelche Verantwortlichen scheinen die Motor-KRITIK-Geschichte in 2011 nicht gelesen zu haben. Als Politiker muss man eben nach vorne blicken, darf sich bei Umsetzung seiner Visionen durch einen Blick zurück nicht ablenken lassen. Man muss alles Negative – wie z.B. Motor-KRITIK - ausblenden.

So dauerte es dann bis Anfang 2012, als ich dann am 13. Februar von „Lewentz, der 'Schimmel'-Reiter“ berichten konnte. - Nun, es gab Leser, die das begriffen haben; andere haben es mit einer Handbewegung abgetan. - Wer hat auch schon mehr als eine Ahnung davon, wie gefährlich Schimmel für Gäste sein kann?

Am 6. Juni 2012, also ziemlich genau vor einem Jahr, habe ich dann – mit Fotos – über die erste „Beseitigung“ von Schimmelpilz in der „Grüne Hölle“ berichtet. Titel:

IST-Zustand: 'Grüne Hölle' mit Schimmelpilz

Schaue ich in die aktuellen Verkaufs-Unterlagen, die von der KPMG auf Wunsch allen möglichen Interessenten zugestellt werden, dann ist da nirgendwo von Schimmel die Rede, von „Baumängeln“ schon. (Die aber natürlich beseitigt werden.)

Aber wir wurden nun aktuell nach dem Auftritt des Herrn Insolvenz-Sachwalter und Rechtsanwalt Jens Lieser als Zeuge gestern (17. Juni) vor dem Koblenzer Landgericht informiert, dass der Schimmel sogar schon im letzten Jahr zu einer Niedrigbewertung (Abwertung?) im Gutachten eines Immobilien-Spezialisten – wie die „Rhein-Zeitung“ heute berichtet – geführt hat.

Danach soll das Projekt Nürburgring insgesamt nur einen Marktwert von 77 Millionen Euro haben.

Aber der Insolvenz-Sachwalter tröstete vor Gericht Richter und Öffentlichkeit. Die „Rhein-Zeitung“ schreibt:

„Außerdem werde das Dorf 'Grüne Hölle', das vom Schimmel befallen war, inzwischen saniert“.

Als wenn das so einfach wäre. - Und billig schon garnicht.

Ich habe vor Wochen die Öffentlichkeit informiert, dass nach meinen Recherchen die Kosten dafür bei um 700.000 Euro liegen werden, dass der Insolvenz-Geschäftsführer (der Kollege von Herrn RA Jens Lieser) aber davon ausgeht, dass man diese Kosten den Baufirmen unter der Bezeichnung „Baumängel“ dann auf's Auge drücken kann.

Österreichische Firmen haben die „Grüne Hölle“ (überwiegend) erstellt , gut 45 Millionen € Umsatz von der Eifel ins schöne Land Tirol geholt und sind auch jetzt mit der Beseitigung von Schimmel, der sich im „Eifel-Dorf“ überall breit macht, beschäftigt.

Als ich am 27. April 2010 von den CDU-Politikern Michael Baldauf und Alexander Licht in Mainz gefragt wurde, was ich denn mit dem Dorf „Grüne Hölle“ machen würde, da habe ich – obwohl ich mit der Frage überrascht wurde, nach kurzem Überlegen geantwortet: „Abreißen!“ - Diese Lösung – wäre sie „damals“ sofort umgesetzt worden – hätte sich wohl als die beste und billigste (!) Langzeitlösung erwiesen.

Denn ich habe z.B. zum auftretenden Schimmel in der „Grüne Hölle“ immer wieder darauf hinweisen müssen, dass das Dorf nach m.M. auf einem Feuchtgebiet mit unzureichender Isolation zum Boden hin errichtet wurde.

Außerdem wurden die Arbeiten unter Zeitdruck durchgeführt, unter Wetterbedingungen, bei denen man solche Leichtbauten nicht erstellt. Handwerker haben kopfschüttelnd ihre Arbeiten ausgeführt, sich z.T. auch unterschreiben lassen, dass sie gegen all ihre Überzeugung und Erfahrung an den Projekten weitergearbeitet haben. - Was sie jetzt wahrscheinlich noch nicht einmal vor Regressansprüchen der jetzigen Insolvenz-Sachwalter schützen wird. - Sage ich.

Wenn ich einmal an kommende Gerichtsverfahren denke, die nicht ausbleiben werden, so wird der Richter dann den Handwerkern die Frage stellen: „Sind Sie Fachmann?“ - Die Handwerker werden das bestätigen. Und der Richter wird befinden: „Dann hätten Sie die Arbeiten nicht durchführen dürfen.“ - Da helfen dann auch keine schriftlichen Vorlagen, nachdem man nur „auf Druck des Bauherrn“ weitergebaut hätte. - Dr. Kafitz war kein Fachmann. - So einfach ist das. Dass der beratungsresistent war, das zählt nicht.

Ich habe in meinem Buch (2010) zu Dr. Kafitz geschrieben:

„Für die Stammmannschaft seiner Firma, z.T. seit Jahrzehnten und in der zweiten Generation vor Ort, war Dr. Kafitz schnell zum 'Dr. Kann-nix' geworden. Im Tagesgeschäft ist es ihm nicht gelungen, sein schauspielerisches Talent erfolgreich einzusetzen.“

Wir wissen seit gestern, das „Jones Lang LaSalle“ den Verkaufswert der Nürburgring-Gesamtanlage im Hinblick auf den jetzt laufenden Verkaufsprozess mit 77 Millionen geschätzt haben. Und man kann den aktuellen KPMG-Verkaufsunterlagen entnehmen (Seite 24) , dass der

„Wiederbeschaffungswert der Infrastruktur (ohne Marken und andere IP-Rechte) … einen Betrag von € 700 Mio. unter Berücksichtigung der heute zu erwartenden Kosten für die Errichtung der Nordschleife (analog der Kosten eines Kilometers Autobahn), der indexierten Kosten für die Grand-Prix-Strecke und des Projekts 'Nürburgring 2009'“ erreicht.

Meine Frage nach dem Sinn des Verkaufs, der nach meiner Positiv-Schätzung maximal 120 Millionen einbringen kann, habe ich mehrfach – auch auf einer öffentlichen Veranstaltung – gestellt, ohne darauf bis heute eine überzeugende Antwort zu erhalten. Außer: „Mainz will das Ding vom Hals haben!“

Und wenn die Insolvenz-Sachwalter bei – wie sie verkünden - „mehr als 100 Interessenten“ für das Projekt den Anschein zu erwecken suchen, dass man sich um das „Projekt Nürburgring“ reißt, dann möchte ich einmal aus der „Financial Times“ (inzwischen in Deutschland eingestellt!) vom 7. September 2010 zum Thema „Insolvenz“ folgende Sätze zitieren:

„Strategie Viele Insolvenzverwalter schimpfen zwar auf die Medien, nutzen sie aber gleichwohl gern für ihre Zwecke. Ob Sanierungsverfahren überhaupt öffentlich sind, ist juristisch aber nicht geklärt.
Schachzug Um ein Pleiteunternehmen für mögliche Investoren attraktiv zu machen, wenden viele Verwalter einen Trick an: Sie lancieren die Zahl aller Interessenten in den Medien. Was aussieht wie ein beginnender Bieterkampf, ist in Wahrheit nur heiße Luft. Denn bei einem Großteil der angeblichen Interessenten handelt es sich um Wettbewerber, die die Gelegenheit nutzen, einen Blick in die Bücher der Konkurrenz zu werfen.“

Da helfen auch keine „Vertraulichkeitserklärungen“. Man sammelt schließlich die Informationen nicht für andere, sondern für die eigene Firma, zur Umsetzung von Ideen für das eigene Geschäft.

Wobei – und ich möchte das fast „nebenbei“ anmerken – die von der KPMG den möglichen Interessenten akutell vorgelegte „Vertraulichkeitserklärung“ nicht nur vom Seitenumfang her eine Besonderheit darstellt, sondern auch in Details.

Motor-KRITIK kommt zu gegebener Zeit darauf zurück.

Dass RA Jens Lieser, einer der Insolvenz-Sachwalter, gestern vor dem Landgericht als Zeuge, auch vor einer Überschätzung der vor uns liegenden Formel 1-Veranstaltung warnte, hat schon seinen besonderen Reiz. Die „Rhein-Zeitung“ schreibt:

„Bei Nachfragen zum wahren Wert bei erfolgreichen Formel 1-Rennen in Serie warnte Lieser vor übertriebenen Hoffnungen. Diese Rennen, die in die Region großen Umsatz bringen und volkswirtschaftlich wichtig sind, sind betriebswirtschaftlich defizitär.“

Möglichen Kauf-Interessenten wird in allen Darstellungen ein anderer Eindruck vermittelt. Da stellt dann z.B. der „40. Große Preis von Deutschland“ so eine Art „Sahnebonbon“ dar, mit der man der Bedeutung des Projekt Nürburgring erst richtig Glanz verleiht.

Wie schön, dass es so viele Gutachten, Businesspläne, Wertgutachten und Beurteilungen gibt, die man immer - im richtigen Moment - aus dem Koffer holen kann. Bisher war die Realität oft ein wenig anders. Nicht nur bei den Zuschauerzahlen, sondern auch bei den Zahlen in Euro.

Sonnen wir uns also in „EBITA-Margen“ der KPMG-Darstellung oder staunen über das „Transaktions-EBITDA“ (Seiten 22 und 23).

Gestern wurden wir vor dem Landgericht Koblenz, von einem Stück Realität eingeholt, das der Insolvenz-Sachwalter Jens Lieser vermittelte.

Wie hätten Sie's denn gern?

MK/Wilhelm Hahne

NACHTRAG vom 19. Juni 2013 – 9:30 Uhr

Ein Leser macht mich darauf aufmerksam, dass es in meiner obigen Geschichte zu einer – aus seiner Sicht - irrigen Einschätzung der Situation kommt. Mein Leser schreibt:

„...die Baufirmen gewährleisten bei einem normalen VOB Vertrag 4 Jahre ab Datum der Abnahme, die dürften bei den meisten Gewerken herum sein.

§ 13 Abs. 4 VOB/B

Ferner liegt nach der Abnahme die Beweislast beim Bauherrn.

Hat der Bauunternehmer bei geforderter, unsachgemäßer Ausführung seine Bedenken kundgetan und diese wurden vom Auftraggeber hingenommen, ist er für die Folgen nicht mehr verantwortlich. Er kann die Arbeiten deswegen also nicht gegen die Anweisung des Bauherrn einstellen oder nach eigenen Vorstellungen anders ausführen.

§ 4 Abs. 3 VOB/B

Insofern ist bei den Baufirmen wahrscheinlich nichts zu holen wenn es so ist, wie Sie schreiben. Selbst wenn keine Bedenken angemeldet wurden oder gepfuscht wurde, ist eine 100 %ige Schadensregulierung zulasten der Baufirmen meiner Erfahrung nach schwer durchsetzbar - zumal nach so langer Zeit.

Die Gerichte sind im Zweifel auch eher dem mittelständischen Handwerk gewogen. (Anmerkung: Motor-KRITIK hatte ein informelles Gespräch mit einem Richter, der mit diesem Fall aber niemals befasst sein wird.)

Es kommt immer auf den Einzelfall an, aber hier wird der Bauherr wahrscheinlich auf dem Schaden zum größten Teil sitzen bleiben.“

Mein Leser meint zum Thema Schimmel-Bildung:

„Eine ausufernde Schimmelbildung entsteht nicht über Nacht. Dazu muß es schon einige Wochen lang feucht sein. Der Bauherr hätte seinerseits unverzüglich etwas unternehmen müssen, um den Schaden gering zu halten. Das hat er wohl nicht so ganz hinbekommen. Falls es ihn überhaupt interessiert hat.

Die Ursache der Feuchtigkeit ist meiner Einschätzung nach nicht aufsteigende Bodenfeuchte, sondern ein Fehler bei den Rohrverbindungen der wasserführenden Leitungen. (Beweisen kann ich das von hier aus nicht, das Schadensbild legt das aber nahe.)
...
Wasserschäden bei einer Konstruktion wie den Bauten der "Grünen Hölle" zu beseitigen ist auch nicht so aufwändig, wie es in der Presse dargestellt wird - wenn man es richtig macht. Die Dekontamination der Schimmelpilzsporen schon eher - da wird heute sehr viel Aufhebens drum gemacht. Weil sich daran gut verdienen läßt. …“

Und er schließt seine Informationen an mich – die ich hier wiedergebe, da sie sicherlich von allgemeinem Interesse sind - mit der Frage:

Gibt es schon eine Anzeige wegen Untreue gegen die Insolvenzverwalter, weil die mit meinem Steuergeld KPMG einen lukrativen Auftrag außer Konkurrenz zugschanzt haben?

Übrigens: Ich habe auch andere Leser-Anfragen wegen - aus ihrer Sicht - mögliche Untreue-Verfahren erhalten. Es rumort allerorten. Die Unmut richtet sich nicht nur gegen die verantwortlichen Politiker, sondern auch gegen die Insolvenz-Sachwalter. - Beim Projekt Nürburgring scheint nun eine Grenze überschritten.

Wilhelm Hahne
 

 

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1 Kommentar

Vorschlag

<p> Das Land k&ouml;nnte doch Richter 80 Mio. leihen. Dann kann er den Ring kaufen ... und hat noch 3 Mio f&uuml;r &#39;ne neue Yacht &uuml;brig :-)</p> <p> Und in der Presse spricht man immer von &quot;Insolvenz-Profis&quot;. Sch&ouml;ner Profi - hat mal gerade den Wert von tats&auml;chlich verbauten 700 Mio auf 10% &quot;runter gehandelt&quot;.</p> <p> Die &quot;Verarsche&quot; geht weiter.</p>

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