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Aktuell hat sich auch die „Wirtschaftswoche“ noch einmal mit den Problemen um den Verkauf des Nürburgrings beschäftigt, denen vorher gerade durch ein „Nachjustieren“ eines Zahlungstermins durch den Insolvenz-Sachwalter Jens Lieser „die Krone aufgesetzt wurde“. In der „wiwo“-Geschichte werden auch Beschwerden erwähnt, die inzwischen der EU-Kommission unter Leitung des Herrn Joaquin Almunia vorliegen. Es kann sein, dass die „Wirtschaftswoche“ anders gewichtet als Motor-KRITIK, aber uns sind mehr als vier Einsprüche (Beschwerden?) bekannt. Motor-KRITIK möchte sich hier einmal mit dem letzten hier bekannt gewordenen Einspruch eines von der KPMG im Bietverfahren um den Nürburgring zugelassenen Bieters beispielhaft beschäftigen und nennt nachstehend Details aus dessen Argumentation und belegt sie - auch beispielhaft - mit Fotos aus den Originaldokumenten. Der Leser kann sich so selbst ein Urteil bilden, was aufgrund der „Geheimniskrämerei“ von KPMG, Insolvenz-Sachwalter und Landesregierung (als 90-Prozent-Besitzer) leider sonst nicht möglich ist.
An die EU: „Einspruch, Euer Ehren!“
Als die Entscheidung in Mainz für eine Insolvenz der Nürburgring GmbH gefallen war, galt es – exakt nach Drehbuch – ein Szenario für die Öffentlichkeit aufzubauen, das die Provinz-Politiker entlastete. Man ließ Kurt Beck mit dem Finger in Richtung Brüssel zeigen. Wenn die EU... -
Nein, wenn die Politiker in Mainz nicht jahrelang nach dem Motto verfahren hätten, „Wir machen's einfach“, dann wäre auch ein Eingreifen der Europäischen Kommission nicht notwendig gewesen. Wenn man wenigstens miteinander gesprochen hätte, Mainz mit Brüssel. Nein, man stellte deutsches Selbstbewusstein dar. - Und Kurt Beck gab sich als König.
Ein Motor-KRITIK-Leser versuchte das Phänomen Kurt Beck in einem Leserbrief mal so zu erklären:
„ Kurt Beck ist nun mal kein Geschäftsmann, sondern nur ein Elektriker. Wenn die Sicherungen durchknallen schraubt er dickere rein. Wenn dann der ganze Verteilerkasten abraucht, zieht er Überbrückungen kreuz und quer. Solange, bis die ganze Bude abbrennt.“
Das ist zwar eine subjektive Darstellung, kommt aber – wenn man die Auswirkungen betrachtet – der Realität sehr nahe.
Da ist ein Insolvenz-Sachwalter wie Jens Lieser aus Koblenz von anderer Art. Er schraubt schon vorher die richtigen Sicherungen rein, die er aber kaum belastet, weil er den Strom über andere „Drähte“ leitet.
So hat er tatsächlich schon am 29. April 2013, den Chef der Wettbewerbs-Kommission in Brüssel um eine Risikoeinschätzung beim Verkauf des Nürburgrings unter bestimmten Bedingungen gebeten. Im „Windschatten“ der Antwort des Joaquin Almunia hat er dann versucht die Idealvorstellungen der Landesregierung, des bisherigen Besitzers und Betreiber des Nürburgring umzusetzen.
Motor-KRITIK möchte hier nicht auf die Details in diesem Schreiben eingehen, sondern nur darauf hinweisen, dass der Herr Insolvenz-Sachwalter gegenüber Brüssel niemals eindeutig dargestellt hat, dass man als Bieter für den Kauf von Vermögenswerten der Nürburgring GmbH (oder einer seiner – auch – insolventen „Töchter“) nur dann eine Chance hat akzeptiert zu werden, wenn man auf alles, auf das Gesamtpaket bietet.
Lesen Sie bitte, was Joaquin Almunia dem Insolvenz-Sachwalter am 23. Mai 2013 antwortete, mit einem Brief, dessen „EINGANG“ in der Kanzlei Lieser (s.o.) mit dem Datum 4. Juni 2013 gestempelt wurde:
Damit Sie, liebe Leser auch davon überzeugt sein können, dass hier nicht ein Text erfunden wurde, füge ich noch die Unterschrift unter diesem Brief an:
Dieser Brief kann in der Kanzlei des Insolvenz-Sachwalters in Koblenz in ganzer Länge eingesehen werden. - Wenn man Sie lässt!
In dem Schreiben wird betont, dass dass Bieterverfahren
„diskriminierungsfrei, transparent und bedingungsfrei“
durchzuführen ist. - Und dann kam die KPMG in Frankfurt mit einem „Teaser“ und einer „Vertraulichkeitsvereinbarung“ ins Spiel.
Aus dem aktuellen Einspruch eines der Bieter in Brüssel zu diesem Thema:
„Ferner erhebe ich Einspruch dagegen, ausgerechnet der Fa. KPMG den Auftrag über die Durchführung des Bietverfahrens um die Vermögenswerte der Eigentümergesellschaften des Nürburgrings weiter zu überlassen. Der Auftragswert an die Fa. KPMG liegt mit Sicherheit oberhalb der Schwellenwerte nach den Vergabebestimmungen der EU. Der Auftrag hätte daher nicht freihändig an KPMG erteilt werden dürfen, sondern hätte in einem offenen VOL Verfahren ausgeschrieben werden müssen.“
Ich mache mit nachstehemden Foto gerne deutlich, dass ich auch im Besitz des Schreibens an den Chef der EU-Wettbewerbs-Kommission bin:
Ich möchte meine Leser nicht mit den vielen Hinweisen auf die z.T. unglaublich weltfremden Klauseln und Haftungsbeschränkungen der eigentlich Verantwortlichen in diesem Verfahren langweilen, sondern lasse hier eine Folge von Fotos folgen, die einen Eindruck davon vermitteln können, was der Schreiber des aktuellen Einspruchs in Brüssel so formuliert:
„Die Vergabestelle setzt also schon am Anfang des Verfahrens die Bedingungen so, dass sie nach eigenem Ermessen Bieter zulassen oder ablehnen kann.“
Interessant ist, was im aktuellen Schreiben des Beschwerdeführers an die EU in Brüssel zum Thema ADAC zu lesen ist:
„Ferner erhebe ich erneut Einspruch dagegen, den ADAC als Bieter zuzulassen. Bereits am 23.02.2014 habe ich die Fa. KPMG aufgefordert, den ADAC vom Bieterverfahren auszuschließen, weil dieser Verein, bzw. dessen Tochtergesellschaften, letztlich aus Mitgliedsbeiträgen finanziert werden und der Erwerb einer Rennstrecke bzw. die Konkurrenz zur freien Wirtschaft mit der Vereinssatzung nicht zu vereinbaren ist. Das hat die Fa. KPMG dann auch eingesehen und kurz darauf den ADAC ausgeschlossen.“
Ich füge hier einmal den entsprechenden Ausschnitt aus dem Brief als Foto ein:
Interessant – und richtig – ist übrigens auch die Auffassung des Schreibers, die er in folgendem Absatz so darstellt:
„Immerhin geht es hier nicht um den Verkauf eines üblichen Gewerbeobjekts, sondern um Volksvermögen im Wert von ca. 500 Mio € Investitionskosten und weiteren ca. 500 Mio € Altbestand, immerhin die beiden bekanntesten Rennstrecken Europas. Darüber zu entscheiden sollte man nach meiner Ansicht keinen Privatleuten überlassen, die keine Möglichkeit auslassen, jegliche Verantwortung von sich zu schieben.
Ich sehe das als eine hoheitliche Aufgabe an. Diese im Sinne der Steuerzahler verantwortlich umzusetzen, sehe ich als die ureigenste Aufgabe der Landesregierung an. Wenn diese das nicht leisten kann, sollte man das nicht an Unternehmen deligieren, die nach eigenem Bekunden selbst keine Verantwortung übernehmen wollen oder können.“
Auch hier habe ich ein Foto von der entsprechenden Passage aus dem mir aktuell bekannt gewordenen „Beschwerdebrief“ eingefügt.
Dieser Brief, mit einem Umfang von fünf DIN-A 4-Seiten, endet mit der Passage:
„Aus den vorgenannten Gründen bitte ich Sie das Vergabeverfahren ganz einzustellen oder zumindest dafür Sorge zu tragen, dass anstelle der freihändigen Verpachtung auf unbestimmte Zeit ein nach EU-Standards diskriminierungsfreies, transparentes und bedingungsfreies Verkaufsverfahren durchgesetzt wird.
Andernfalls bitte ich höflich um Mitteilung der Gründe.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.