Wintermärchen: Ein Twingo und die sieben Zwerge!

Es ist ein deutsches Wintermärchen, obwohl darin ein französisches Automobil die Hauptrolle spielt. Eigentlich spielt darin auch Schneewittchen eine Rolle, aber … - dazu mehr am Ende der Geschichte.  Eigentlich ist auch schwer vorstellbar… - Aber wie gesagt: Es ist ein Wintermärchen. - Ein deutsches Wintermärchen, das ich hier meinen Lesern zur Weihnachtszeit niederschreibe. Charakteristisch für Märchen ist das Erscheinen von Tieren, Hexen, Zauberern. In diesem Fall ist es aber ein Märchen aus 2019. Da spielt ein Renault Twingo der neuesten Bauart die Hauptrolle. Was der in Zwiegesprächen mit seinem Tester deutlich werden lässt, klingt z.T. sehr märchenhaft.  Aber es ist Realität. Manchmal ist die Realität eben märchenhafter als jedes Märchen. - Das wird in diesem Beispiel auch besonders deutlich, wenn die Realität als besondert bescheuert empfunden werden muss. - Damit das folgende Märchen nicht zur Satire wird, habe ich zu bestimmten Feststellungen Fotos eingefügt, Fotos die beweisen, dass auch die Realität märchenhaft sein kann. - Natürlich ist ein Tiefgaragen-Dialog erfunden, aber ihm liegt eine reale Feststellung zugrunde. - Ich möchte meine Leser nicht länger mit einem zu langen, rätselhaften Vorspann langweilen und beginne mit dem deutschen…

Wintermärchen: Ein Twingo und die sieben Zwerge!

Es begab sich zu einer Zeit da die Nächte lang, dunkel, die Tage kurz sind und nicht so richtig hell werden, dass Motor-KRITIK einen Testwagen erhielt. Er trug die Bezeichnung Renault Twingo SCe 75 und das polizeiliche Kennzeichen die Buchstaben/Zahlen-Kombination K-PR 7434.

Er war schon fast in 10.000 Kilometern von anderen Fachleuten auf Herz und Nieren geprüft und gemessen worden. Dadurch hatte er nicht gelitten, sondern sein strahlendes, weißes, symphatisches  Aussehen behalten. Ein angenehm kleines Automobil, das wenig Verkehrsraum in Anspruch nimmt und von den Insidern der Branche als Kleinstwagen empfunden wird.

Mit Abmessungen von 3.615 mm Länge, 1.646 mm Breite und 1.541 mm Länge könnte man ihn auch so empfinden, obwohl man nach dem Einsteigen feststellen muss, dass man als  normaler Mensch auch kaum größere Abmessungen braucht. Schließlich kann man seine Beine ausstrecken, sitzt bequem, in richtigem Abstand zum Lenkrad. - Was will man mehr? - Alles andere wäre Verschwendung von Verkehrsraum.

Das Innere ist klar und übersichtlich, es dürften noch ein paar Schalter weniger sein, weil man vom Nutzer schon eine gewisse Beteiligung erwarten darf. Selbst in solchen „Billig“-Automobilen – der Testwagen kostet ohne Überführungs- und Zulassungskosten (einschl. der Kosten für unnötiges Zubehör) exakt 14.060 Euro – wird heute vom Käufer ein gewisser Komfort erwartet, wie von der Industrie – und den Behörden – den Interessenten auch zu ihrer Sicherheit verkauft wird, der einem aber kaum beim guten Autofahren hilft oder zu einem besseren  Autofahrer macht..

Beim Starten meldet sich der Twingo mit einem frischen „Hello“. Mich überrascht das. Ich hätte ein „salut“ erwartet, aber dieses Automobil soll wohl ein Weltauto sein. Gleichzeitig leuchten rings um die Geschwindigkeitsanzeige die Zeichen auf, die bei einem späteren Aufleuchten – während der Fahrt – auf einen Defekt hinweisen sollen. Es ist ein Kontroll-Aufleuchten, das darauf hinweist, dass man sich auf die Funktion der Anzeigen – im Falle eines Falles – verlassen kann.

Und dann startet der Motor mit einem leichten Knurren und geht mit einem „rauchigen“ Ton in den Leerlauf über. Ich erinnere mich dabei an eine Fernseh-Serie früherer Jahre, wo es oft hieß: „Hey Fury, hast du Lust auf einen kleinen Ausritt?“ - Ich warte nicht auf eine Antwort, sondern nehme Fahrt auf.

Das erste Hochschalten in den fünften Gang auf der Landstraße vermittelt in Verbindung mit der Motor-Charakteristik nicht den besten Eindruck. - Man entschuldigt das mit: Na ja, der Motor ist noch kalt. Aber der Motor bleibt auch in warmen Zustand ein wenig unwillig. Beim Beschleunigen hat man beim Tritt auf das Gaspedal den Eindruck, man tritt auf ein Kopfkissen: Man spürt zwar einen Widerstand, aber „Fury“ scheint nicht zu gehorchen. Es geht nur zäh vorwärts.

Dann begreift man, dass auch die Getriebeübersetzung nicht so richtig zur Motor-Charakteristik passt. Man scheint das auch bei Renault zu wissen, denn wenn die Landstraßengeschwindigkeit unter 70 km/h absinkt, erfolgt am Rand der Geschwindigkeitsanzeige die Aufforderung, doch – bitte – zurück zu schalten.

Mit anderen „Kleinstwagen“ mit Dreizylindermotoren japanischer Provenienz ist das anders! - Beim Studium der technischen Daten stoße ich darauf, dass diese Fahrzeuge auch um rd. 100 Kilogramm leichter sind. - Mit einem „alten“ Citroen C1 (68 PS) rolle ich mit 50 km/h im fünften Gang durch die Dörfer und kann danach – immer noch im 5 Gang – weich und den Motor nicht quälend -  beschleunigen. Jetzt im offiziell 73 PS-starken Twingo geht das nicht.

Das Fahren im Twingo wirkt nervös, zumal auch noch – durch die Heckmotoranordnung – Seitenwind auf den Geradeauslauf deutlich Einfluss nehmen kann. Das Fahren im Twingo ist irgendwie anstrengender. - Andere kleine Dreizylinder fahren sich entspannter!

Auch verbrauchsgünstiger, wie ich feststellen konnte. Der Kleine scheint F1-Gene mitbekommen zu haben. Wenn man sich im oberen Drehzahlbereich bewegt, geht‘s besser. Da das Fahrwerk straff ausgelegt und der Twingo keinesfalls eine Heckschleuder ist, hätte eine schnelle Runde Nordschleife mit diesem Fahrzeug sicherlich Spaß gemacht. - Hinten hat er übrigens eine besondere Art einer Starrachse, eine spur- und sturzkonstante De-Dion-Hinterachse, die von allem entlastet ist, was eine normale Starrachse sonst „zu massig“ werden lässt. Und sie arbeitet mit Schraubenfedern. Aber zu dieser Jahreszeit gibt es dort  keinen Touristenverkehr mehr. - Schade!

Verbrauchsmäßig habe ich mich zwischen 5,66 und 6,48 l/100 km bewegt, weil die Motorauslegung in Verbindung mit der Getriebeübersetzung leider nicht zu einem Fahrzeug passt, das man allgemein der Kategorie Stadtauto zuordnet. Ich bin sowohl E5, wie auch E10 gefahren und kann mit den möglichen Fahrleistungen durchaus zufrieden sein. - Allerdings geht das zu Lasten des Verbrauchs.

Hier habe ich mal die Daten für eine schnelle Fahrt nach Luxemburg mit dem „Kleinen“ festgehalten. Im gefahrenen Durchschnitt sind zwei Tankvorgänge enthalten. Die erreichte – und per GPS ermittelte Höchstgeschwindigkeit – wurde natürlich auf einem kräftigen Gefällstück erreicht. - Aber immerhin!

In der Stadt macht der Twingo wegen seines besonders kleinen Wendkreises von nur 8,6 Metern beim Wenden und Einparken wenig Mühe. Die französischen Konstrukteure mussten – weil der Twingo schon wegen des Heckmotors dann auch ein Automobil mit Heckantrieb ist – den Lenkeinschlag vorne nicht begrenzen, weil dort die Antriebswellen fehlen. - Es ist eben von Vorteil, wenn Lenkung und Antrieb auf unterschiedlichen Achsen erfolgen.

Der Twingo ist irgendwie schon ein besonderes Automobil. Richtig klein, benötigt wenig Verkehrsfläche. Das dachte ich so, während in auf Parkdeck D auf meine Frau wartete, die bei unserer Rückkehr ins Tiefgaragen-Parkhaus noch ein paar Kleinigkeiten „oben“ mitnehmen wollte.  

Auch zum Einkaufen ist der Twingo gut geeignet. Der Heckmotor macht das Be- und Entladen eigentlich sehr angenehm, da man nichts „herunter laden“ oder „heraus heben“ muss. Alles erfolgt in „Traghöhe“. Und der Platz reicht für einen normalen Einkauf für einen Zwei- oder Drei-Personen-Haushalt.

Ich habe dann mal – weil Zeit war – die Sonnenblende auf der Fahrerseite herunter geklappt, den darin steckenden Fahrzeugschein heraus genommen, um mich auch mal mit den offiziellen Daten zu beschäftigen, die nicht immer unbedingt den Prospektdaten entsprechen.

Beim Lesen muss ich wohl in eine Trance verfallen sein, die ihren Grund in genau diesem Fahrzeugschein hatte.

Damit meine Leser verstehen, was mich tief, tief  beeindruckt hat, zeige ich mal ein Foto dieser amtlichen Unterlage. Ich war sozusagen in einen Tagtraum verfallen und hatte folgende Vorstellung vor meinen geschlossenen Augen:

Da tritt eine Fee in twingo-weißem Gewand an die Fahrertür und sagt:

„Ich bin Schneewittchen. Würdest du dich bitte auf den Beifahrersitz setzen, dann fahre ich jetzt mal zur Nürburg, wo ich mit den sieben Zwergen verabredet bin. - Allerdings wirst du dort aussteigen und warten müssen, weil ich mit den sieben Zwergen eine kleine Eifelrundfahrt machen wollte. - Du hast doch sicherlich Verständnis dafür, weil dieser Twingo – wie du sicherlich weißt – nur für acht Personen zugelassen ist.“

Das mit der Sieben-Zwerge-Tour von Schneewittchen habe ich mir sehr gut vorstellen können, denn ich kenne die Gegend um die Nürburg sehr genau und weiß, dass man dort nicht nur auf matschigen Feldwegen, guten Asphalt-, sondern auch auf etwas abgelegenen Rollbahnen unterwegs sein kann, die sicherlich auch in einem solchen Fall von einer Fee auf der Fahrt zu den sieben Zwergen genutzt werden könnte.

Da war ich schon froh, dass dann meine Frau kam, die glaubte, dass ich eingeschlafen sei. - Auf dem Beifahrersitz. - Ich habe ihr widersprochen und ihr zu erklären versucht, dass ich vielleicht gerade ein wenig von einem kleinen Renault geträumt habe, der sich mir gerade so dargestellt hatte:

  • Der neueste Renault-Kleinwagen -  Twingo - ist schon in seiner Basis eigentlich ein Riesen-Großraum-Taxi mit Formel 1-Genen im 998ccm-Dreizylindermotor!

Meine Frau hat mich verstört angeblickt, weil sie mich wohl  für ein wenig verstört hielt. Da habe ich ihr dann mal den Fahrzeugschein des Twingo-Testwagens unter die Augen gehalten.

Und ich habe sie auf diesen besonderen Ausschnitt hingewiesen, der – weil Kennzeichen und Fahrzeugtyp klar zu erkennen sind – gleichzeitig deutlich macht, was in Abkürzungen dann dort so als amtliche Feststellung zu lesen ist:

„FZ.Z.PERS.BEF.B. 8 SPL.“ = Fahrzeug zur Personenbeförderung 8 Sitzplätze

Auf der Rückfahrt in unser kleines Eifeldorf haben wir die B 258 benutzt, eine richtige Bundesstraße, auf der der Twingo als angenehm klein empfunden wurde. - Und ich habe mir vorstellen können, dass  – nicht weit entfernt – gerade Schneewittchen mit den sieben Zwergen auf einer speziellen, endlos wirkenden Rollbahn auf dem Weg ins amtliche Nirrwarna ist.

MK/Wilhelm Hahne

PS: Bei Renault ist man übrigens – nach Rückfrage - der festen Meinung, dass der neue Twingo 4 Sitzplätze hat!

PPS vom 28.12.2019: Meine Ergänzung dieser Geschichte - mit Aufklärung und Korrektur - erfolgt unter "Aktuell" zu diesem Zeitpunkt so:
"Motor-KRITIK-Leser wissen mehr! - In meiner Twingo-Geschichte (s.u.) gab es eine falsche Darstellung von mir. Im Fahrzeugschein folgt unter 5.1 eine 004 (= 4 Personen). Die andere von mir zitierte Stelle bedeutet in besser verständlicher (als der amtlichen) Darstellung: Personenbeförderung = Fahrzeugklasse = Fahrer + 8 Personen, gem. alter Klasse 3. - Ich habe es nicht gewusst! - Entschuldigung! - Motor-KRITIK-Leser wissen es nun alle! - W.H." - Ergänzung in 2020: Die Renault-Meinung war also richtig!

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1 Kommentar

Sonntagserlebnis Twingo

Am heutigen Sonntag habe ich, als ich das Haus verließ, gesehen, dass eine Nachbarin an ihrem Twingo oben beschriebenen Modells einen "Platten" hatte. "Ja", sagte sie, die Reifendruckwarnung habe sie gestern Abend alarmiert, und sie wolle zur Tankstelle fahren und Luftdruck auffüllen. Da der Reifen aber mittlerweile ganz platt war, riet ich ihr davon ab, und bot ihr an, den Reifen zu wechseln. Und jetzt kommts: zum verabredeten Zeitpunkt erzählte sie mir, dass in dem Fahrzeug kein Ersatzreifen mehr ist, und ein Automobilclub, in dem sie glücklicher Weise ist, käme morgen, um DAS AUTO ABZUHOLEN, UND ZUM HÄNDLER ZU FAHREN, wo der Reifen dann gewechselt werden könne! Was ein Wahnsinn: da muss ein komlettes Auto einmal quer durch eine deutsche Großstadt transportiert werden, um einen Reifen zu wechseln! Ich wollte es erst gar nicht glauben! Ganz nach dem Motto: Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg zum Propheten. Also wird jetzt ein ganzer Berg KFZ zum heilsbringenden Instandsetzer befördert! Ein Ersatzrad wiegt vielleicht 20kg, was einen Mehrverbrauch von vielleicht 0,2l/100km ausmacht. Ein Reifenpannenset wiegt ein Zehntel dessen. Oben besagter Automobilclub schreibt dazu in einem Test:"Generelle Erkenntnis: Der Kostenvorteil (geringeres Gewicht gegenüber vollwertigem Ersatzrad spart Kraftstoff) wird durch die teils geringe Haltbarkeit der Dichtmittel und die nicht immer billige Ersatzbeschaffung größtenteils zunichte gemacht." Und ob man sich mit diesen "Dichtmitteln" die Elektronik der Reifenluftdrucküberwachung "zerschießt", und diese dann aufwendig und teuer ausgetauscht werden muss??? Schöne neue (Auto)Welt... In diesem Sinne: eine (Reifen)pannenfreie Zeit, und schönen Sonntag noch, Uwe

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