Fehlgeburt: „Daimlers Wiedergeburt“ nur in „mm“?

Die Geschichte in der Dezember-Ausgabe von „manager magazin“ muss auf alle, die nur diese Geschichte lesen und nicht die Entwicklung eines ehemalig bedeutenden Automobilherstellers hautnah über Jahrzehnte mit verfolgt verfolgt haben, eigentlich glücklich stimmen. Folgt man dieser Darstellung, dann ist ein Ola Källenius nicht nur „die kühle  (nordische) Welle“, sondern der Mann, der mit „porentief klarer Analyse und … Konsequenz“ die Firma zu neuen Höhenflügen führt.

Ola Källenius trimmt die Firma – wie man lesen kann – zusammen mit Finanzvorstand Harald Wilhelm auf Profit. - Dem ist nicht zu widersprechen. Unwidersprochen muss auch die Darstellung hingenommen werden, dass Källenius im Jahre 2019 eine „Großbaustelle“ übernommen hatte. Wenn der CEO bei Daimler aktuell sagt:

„Auf dem Weg in eine ökologischere Zukunft erlaubt uns der Finanzmarkt nicht, dass unsere Ergebnisse drastisch zurück fallen. Wir müssen gute Ergebnisse liefern, um die Transformation zu finanzieren.“

...so ist das durchaus richtig, aber zeigt auch, dass dieser neue Mann an der Spitze eines bedeutenden Automobilkonzerns die Ausrichtung „seiner“ Firma konsequent auf eine positive Beurteilung durch die Finanzmärkte ausrichtet.

Wie wäre es, wenn er sich um die Beseitigung der aktuellen Qualitätsprobleme bei vielen Mercedes-Modellen bemühen würde, so wie „damals“ Prof. Niefer, als der die Qualitätsprobleme – allerdings nur - bei der E-Klasse in den Griff zu bekommen suchte – und das auch schaffte.

  • Oder um es anders zu argumentieren: Der Konzern, gleich ob nun geteilt oder als Ganzes, lebt von der Kundenzufriedenheit!

Ich halte persönlich wenig von Führungspersönlichkeiten, die als erste Amtshandlung Verantwortung delegieren, die – eigentlich mit „Verbrennern“ unterwegs - bei Fahrten zu Gegnern dieser Motorenart, dann mit einem E-Automobil anreisen, die in Krisenzeiten eine Dividenden-Erhöhung vornehmen, um die Aktionäre zu begeistern, die sich gerne „auf kritische Gespräche einlassen“, ganz nach dem Motto einiger Politiker:

„Ich umarme meine Gegner, damit sie sich nicht wehren können!“

Aus oberflächlicher Sicht von Finanzexperten eine gute Art, aber nicht gut, wenn man daran denkt, dass der Erfolg eines Automobilherstellers darauf beruht, zufriedene Käufer ihrer Produkte zu haben.

  • Nach einer grob überschlägigen Addition aller Rückrufe von Mercedes-Automobilen im Jahre 2021 (bis Ende November!), muss ich für Motor-KRITIK feststellen, dass die Zahl der Rückrufe des Daimler-Konzerns mit gut 3,4 Millionen Fahrzeugen bisher deutlich die Produktionszahlen des Jahres 2020 übertroffen hat – und das sind immerhin rd. 2,5 Millionen!

Natürlich kenne ich die (dumme!) Argumentation von Marketingleuten, die Rückrufaktionen als wichtigen Teil eines „Kundenbindungs-Managements“ empfinden.

Ola Källenius macht auch einen Fehler, wenn er die Bedeutung der Marke dadurch schädigt, dass er in Zukunft mehr und mehr – wie mal bei den Lebensmittel-Billig-Discountern üblich – Eigenmarken bei anderen Markenfirmen fertigen lässt. Aktuelles Beispiel ist der Mercedes Citan, der ein reines Renault-Produkt ist, bisher 4,3 Millionen mal vom Band gelaufen. - Ja, dieser „Mercedes“ hat auch einen Renault-Motor! - Der Mercedes Citan ist damit praktisch ein „Schwestermodell“ des Renault Kangoo, wird auch komplett in Frankreich (Maubeuge) gefertigt – und ist so auch „Van of the Year 2022“! - Weil der Renault Kangoo es gerade geworden ist!

Alle Mercedes-Vierzylinder-Motoren werden in Zukunft von der Geely Holding Group (China) angeliefert werden. Das macht sie auch dann nicht zu Mercedes-Motoren, wenn sie in diesem Konzern evtl. eine Hybrid-Anpassung erfahren.

Dass der E-Smart nun komplett in China gefertigt wird, macht sich sicherlich von der Kostenseite her gut, aber wird nicht unbedingt dem Mercedes-Kunden gefallen. Ola Källenius sollte in diesem Fall vielleicht besser die Erfahrung der Lebensmittel-Billig-Discounter nutzen, die inzwischen mehr und mehr Markenprodukte anbieten. - Warum wohl?

Den Aktionären wird es gleich sein, womit „ihre Firma“ viel Geld verdient; wenn nur die Dividende stimmt! - Aber es wäre falsch, die Geschäftspolitik eines renommierten Automobilherstellers (seit 1886 Benz und Daimler; ab 1902 mit dem Markennamen Mercedes) an der alten ehemaligen – und nicht funktionierenden -  Geschäftspolitik von Billig-Discountern auszurichten!

Ola Källenius ist ein geschickter CEO, schiebt bei der ersten Bilanz geschickt alles Negative in die Taschen seines Vorgängers, spricht gerne von „Transformation“ und verspricht auf der Weltklimakonferenz in Glasgow für „seinen Konzern“ – und das exklusiv (!) - bis 2040 den Verkauf von Automobilen mit Verbrennungsmotor zu stoppen!

Toll, Herr Källenius! - Zu diesem Zeitpunkt – 2040 – wird Sie nur noch die Firmenrente interessieren. Sie werden sich dann – 71 Jahre alt – in Rente befinden. Dann wird die in 2021  gemachte – öffentlich hochgelobte – Zusage, eine „pfiffige“ – scheinbar taktisch kluge - Zusage „von gestern“ sein.

Wichtig ist dann vielleicht nur noch die Urkunde von „manager magazin“ an der Wand, die Ola Källenius bestätigt, mal „Manager des Jahres“ gewesen zu sein.

MK/Wilhelm Hahne

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