Gespeichert von wh am
Natürlich habe ich auch „Die Glocke“ auswendig lernen müssen. Darum weiß ich auch, dass der Titel zu dieser Geschichte in dem Schiller-Gedicht nicht so vorkommt. Der Titel oben ist eine moderne Anpassung, orientiert sich mehr an der aktuellen Situation… - Hier zögere ich schon, denn ich wollte schon „in der Welt“ schreiben. Aber als Motor-Journalist steht mir das nicht zu. Darum möchte ich den Titel nur auf den deutschen Motorsport und dort speziell auf den Breitensport beziehen. Diese Sparte könnte – wenn sie sprechen könnte – mit Fug und Recht von sich sagen: „Gestern stand ich noch am Abgrund. Heute bin ich schon einen Schritt weiter!“ - Einer der Geschäftsführer der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG hat sich nämlich aktuell zur Zukunft der NLS-Langstreckenserie geäußert. Dabei wurde – wie hier in Motor-KRITIK schon vor Wochen geschrieben – klar ausgesprochen, dass die NES im Jahre 2025 keine Rennen ausschreiben wird. - Wie passend! - Wenn man nun noch ein paar Hintergründe kennt – aber auch sonst ein wenig vom Motorsport aus eigenem, jahrzehntelangem Erleben versteht – dann weiß man, wie kenntnisreich die Geschäftsführung von Nürburgring Holding und deren Pächterfirma ist. - Natürlich wusste man das auch schon vorher, aber nun bekommt man einen neuen Beweis geliefert. - Das Chaos im deutschen Motorsport wird immer größer! - Aber lassen wir hier mal „Frankfurt“ außen vor! - Und je größer und bedeutender die Organisationen sind, die im Motorsport eine Rolle spielen, desto größer sind die Fehler in ihren Auswirkungen.
So schaut es aus: Oh holder Friede, süße Einfalt!
Die Pächterfirma des Nürburgrings hat den hier folgenden Satz, hochfein formuliert, in den Lauftext ihrer Meldung vom 30. August verpackt. Ich möchte ihn an den Anfang dieser Geschichte stellen, weil das eigentlich – wenn man über die Vorgeschichte informiert ist – „nur“ als einen neuen Beweis dafür empfinden kann, dass die Führungspersönlichkeiten an der Rennstrecke Nürburgring eigentlich vom Motorsport und denen, die ihn ausüben, nur wenig verstehen, auch noch nicht einmal den Versuch gemacht haben, das zu tun:
„Die Nürburgring Endurance Serie (NES) hat im Sinne des Langstrecken-Motorsports und der Teams die Entscheidung getroffen, von der Option, im Jahr 2025 Rennen durchzuführen, keinen Gebrauch zu machen.“
Man hatte versucht eine „eigene Politik“ durchzusetzen und ist gescheitert. Der russische Besitzer des Nürburgrings hat das – so meint er – auf sehr elegante Art getan. Das macht sein Versagen noch eindrucksvoller.
- Und was wird nun aus all den „Verführten“ bzw. schlecht Angeleiteten?
Zunächst hatte der russische Vordenker einige willige Akteure auf den Plan gerufen. So haben sich dann ein wegen „überragender Leistungen“ aus dem VLN-Verbund entfernter Geschäftsführer, ein Team-Manager, der gerne „auf der richtigen Seite sein wollte“ und ein – „damals nur als Manager der AvD Wirtschafts GmbH tätiger Manager, der aktuell nun auch noch zusätzlich als Präsident des AvD fungiert, offiziell zusammen gefunden, um den „Stein der Weisen“ in Sachen „Breiten-Motorsport“ mit einer zusätzlichen, neuen Langstreckenserie anzuleiern. - Das alles war recht holperig im Herbst 2023!
- Man musste den Eindruck gewinnen: Der AvD will nun dem ADAC einmal zeigen wie’s geht!
Verstanden hat man diese „ersten Eindruck“ erst in seiner ganzen „Unverständlichkeit“, als dann der Käufer des Nürburgrings mit seiner „Holding“ am 1. März 2024 den Kreis der Gesellschafter der „NES“-GmbH nicht nur erweiterte, sondern auch mit einem Anteil von 51 Prozent zum bedeutendsten und einflussreichsten Gesellschafter wurde.
- Es war wohl angedacht, den ADAC mit seinen Regional- und Ortsklubs, als veranstaltungsstärkste Kraft zumindest am Nürburgring zu schwächen. - Schon diese Idee zeugt von der Unkenntnis der Ausgangslage im deutschen Motorsport.
Seine Mit-Gesellschafter hat der sich stark fühlende Besitzer des Nürburgrings damit beruhigt, indem er ihnen versprach, für die nächsten zehn Veranstaltungsjahre bei evtl. auftretenden Verlusten dafür gerade zu stehen.
Aber es kam noch schlimmer. Zum ersten Mal hat ein Rennstreckenbesitzer über seine Pächterfirma vom der VLN, als Veranstalter der NLS, für die Gesamtkosten der Streckenmiete in 2024 eine Vorauszahlung in voller Höhe verlangt. - Sonst würde es keine Termine geben!
- Man wollte die VLN mit ihrer NLS, von der sich der Russe getrennt hatte, wohl „in die Knie zwingen“!
Das war sozusagen eine „unterstützende Maßnahme“, weil man davon ausging, dass die VLN diesen Betrag nicht aufbringen könne.
Damit hat man dann selbst die „ruhigsten Seelen“ im deutschen Langstreckensport sozusagen auf „hundertachtzig“ gebracht. - Und dabei – welch Zufall – genau das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich erreichen wollte.
Die VLN hat die Vorauszahlungen in Form einer Bürgschaft aufbringen können, die dann die Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG sofort zu Beginn der Saison gezogen hat!
Damit hat man dann praktisch die selbst gestrickte „NES“ beerdigen können. Aber erst jetzt, exakt am 30. August 2024 hat man dazu ein elegantes Schlusswort zu sprechen versucht! - Aber es bleibt mehr als „nur Asche“ zurück!
Die überwiegende Anzahl der an Langstrecken-Rennen interessierten Teams waren auch nicht mehr an der „NES“ interessiert! - The party was over!
- Damit ich richtig verstanden werde: Вечеринка закончилась!
Damit sind wir dann praktisch schon in der Saison 2025, die, so weit es die NLS betrifft, sich dann in einer Presseveröffentlichung der Pächterfirma des Nürburgrings vom Freitag, dem 30. August 2024 so liest:
„Nürburgring und VLN einigen sich auf Vertrag für 2025:
Vorläufige Termine für Nürburgring Langstrecken-Serie festgelegt“
Weiter heißt es in der Erklärung durch einen der Geschäftsführer:
„Mit der frühzeitigen Einigung können sich nun die VLN als Ausrichter der Nürburgring Langstrecken-Serie sowie die teilnehmenden Teams bestmöglich auf die Herausforderungen der kommenden Saison vorbereiten.“
Was lernen wir daraus? - Genauso stellt sich „Klein-Fritzchen“ die Vorbereitung eines Rennteams auf eine neue Renn-Saison vor!
Dass da auch die Klasseneinteilung und andere Reglementierungen oder Forderungen – wie z.B. die nach welchem Nenngeld, in welcher Höhe – eine Rolle spielen, das scheint für Unwissende unwesentlich!
- Ein „wissender“ Geschäftsführer einer Nürburgring GmbH & Co. KG wird man nicht durch den Besitz einer Fußball-Schiedsrichterlizenz!
Wann aber die VLN-Organisation die neue Ausschreibung präsentiert, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Unbekannt ist damit auch, was sich gegenüber 2024 in der Saison 2025 ändern wird!
- Eigentlich müsste sich gewaltig etwas ändern, wenn nicht – auch diese Langstreckenserie – „langsam den Bach runter gehen soll“!
Aber dabei hilft in jedem Fall der russische Rennstreckenbesitzer, der auch in diesem Jahr von dem Veranstalter der NLS-Serie wieder eine Vorauszahlung verlangt – und wohl auch bekommen hat! - Das schafft aber neue Abhängigkeiten, die eigentlich nicht in die geplante Geschäftspolitik des russischen Rennstreckenbesitzers passen.
Immerhin steht zum jetzigen Zeitpunkt schon fest:
- Es wird in der Saison 2025 an 8 Veranstaltungsterminen insgesamt 9 Langstreckenrennen geben. Die genauen – vorläufigen – Renntermine sollen im Laufe dieser 36. Kalenderwoche des Jahres 2024 veröffentlicht werden.
Man erhält eine Vorstellung von den Vorstellungen der Verantwortlichen am Nürburgring, wenn man in deren offizieller Veröffentlichung liest:
„Fans können sich dann auf alle Termine rund um den Mix aus Motorsport, Musik und Sport in der Grünen Hölle freuen.“
Ob sich auch die an Langstreckenrennen interessierten Teams freuen können, die eigentlich bei 8 Renn-Wochenenden eine Hauptrolle spielen, erfahren wir leider erst später.
Aber das interessiert „die oben am Ring“ nicht unbedingt. Weil sie doch schon die Vorauszahlungen in Euro sicher haben. - Nur darauf kommt es an!
- Und natürlich auf die „Touristenfahrten“! - Die aber eigentlich eine „normale“ Rennserie als „Vorlage“ brauchen!
Oh holder Friede, süße Einfalt!
MK/Wilhelm Hahne
PS: Das von mir „verfälschte“ Zitat aus „Die Glocke“ von Friedrich Schiller wird so richtig geschrieben: „Holder Friede, süße Eintracht, weilet, weilet; freundlich über dieser Stadt!“ - Damit war „damals“ – 1799 - aber auch nicht Nürburg gemeint!