„Hoch“-Zeit im Ring-Tief

„Kennen Sie die Zusammensetzung der Kommission, die am 11. April in Brüssel aufläuft“, wurde ich von einer Kollegin gestern Nachmittag gefragt. - Ich musste passen, konnte mir aber vorstellen, dass z.B. der Nürburgring als „Chefsache“ betrachtet und behandelt wird und da... - na ja, aber mindestens ein Herr Lewentz würde die Reise nach Brüssel antreten. - Aber es kam alles noch schlimmer.

„Hoch“-Zeit im Ring-Tief

Wenn Deutschland ein Teil von Europa ist, dann ist der Ansprechpartner der Brüsseler EU-Spitze in jedem Fall die Bundesregierung. Was sich auch in den Anfragen aus Brüssel in der Vergangenheit zeigte, die alle – zwar die Landesregierung in Mainz betreffend – über Berlin liefen.

Wenn also eine Delegation unter Leitung eines Landespolitikers in Sachen Nürburgring bei der EU in Brüssel aufkreuzt, dann können die ihre Wünsche und Vorschläge nur auf der „Arbeitsebene“ einbringen. Folglich hat man sich wohl in Mainz entschlossen, keine politischen Spitzenkräfte zu diesem „Besuch“ auf die Reise zu schicken, sondern den Ersatz von zweiten Kräften. „Spitze“ wäre in diesem Fall Malu Dreyer gewesen, die „zweite Kraft“ Jacqueline Kraege, die Chefin der Staatskanzlei, deren „Ersatz“ war dann automatisch Clemens Hoch, deren Stellvertreter.

Clemens Hoch reist also am 11 April in Vertretung zweier Damen - seiner Chefs - nach Brüssel. Damit hat auch die „politische Spitze“ die Verantwortung auf einen – wie man in der Eifel sagt - „zum Mann herangereiften Jüngling“ (Hoch ist 35) übertragen, dem es als gewieften Rechtsanwalt schon gelingen sollte, seinen „Anhang“, Vertreter von „JA zum Nürburgring, der Gewerkschaft „ver.di“, Vertreter des Nürburgrings-Betriebsrats und der Kommunen (!) dann später bei einer deutlich werdenden Entscheidung (die nach „Drehbuch“ erfolgen wird) die Schuld – und Verantwortung dafür - in die Schuhe zu schieben.

Clemens Hoch ist das, was ich als „Allzweckwaffe“ bezeichnen würde. So wie der als Rechtsanwalt (selbstständig seit 2006) jedes Argument findet, das das „Verbrechen“ seiner Mandanten erklärt, so wird ihm auch im Fall Nürburgring und der EU etwas Passendes einfallen.

Clemens Hoch ist nicht einfallslos. Ich möchte nachfolgend einmal ein paar Aussagen aus seiner Arbeit als (SPD-)Politiker im Land Rheinland-Pfalz zitieren:

Am 26. November 2009 vertrat er die Meinung zum Thema „Nürburgring 2009“:

„Wir wissen heute Details, die die Landesregierung damals nicht wusste und nicht wissen konnte. Nach heutigen Erkenntnissen über den kriminellen Hintergrund der an der Finanzierung beteiligten Personen hätte man mit diesen Personen nicht zusammenarbeiten dürfen und die Landesregierung hätte dies auch nicht getan. Nachher ist man natürlich immer klüger. Diese aktuellen Informationen stammen aber aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die auf Initiative der Landesregierung erst nach dem Scheitern der Finanzierung eingeleitet worden sind. Das sind Informationen, an die man auf rechtlich zulässige Weise im September 2008 und März 2009 gar nicht gelangen konnte. Klar ist, dass sich ein Weg der rechtswidrigen Informationserlangung nicht mit unserem Rechtsstaat verträgt. Das sind – wie wir seit gestern wissen – Methoden, die allenfalls die CDU anwenden würde.“

Da hatte er wahrscheinlich noch nichts von der Hausdurchsuchung bei mir gehört (die am 9. Juni 2009 vorgenommen wurde), bei der es wohl – wie meine Kollegen meinen – im Wesentlichen darum ging, Informationen über meine Informanten zu erhalten. Nach meiner Kenntnis war aber dabei die CDU nicht eingeschaltet. Aber der Justizminister der SPD-Regierung war schon vor der Hausdurchsuchung informiert, der dann danach auch in seinen Äußerungen zum Fall „Hahne“ gegenüber seinen Kollegen schon mal sparsam mit der Wahrheit umgegangen ist.

Am 4. Dezember 2009 äußerte Clemens Hoch seine „Expertenmeinung“ zum Thema Nürburgring so:

„Nur im Rahmen eines – jetzt von der Landesregierung für den Nürburgring 2009 - auf den Weg gebrachten schlüssigen Gesamtkonzepts mit innovativen modernen Einrichtungen und unter Ausnutzung aller Synergieeffekte besteht die Chance, dass ein solcher Freizeitpark zu einem Erfolg wird.

Die Managementstrukturen am Nürburgring sind mit dem neuen von der Landesregierung vorgestellten Geschäftkonzept erheblich verbessert und professionalisiert worden. Dies schafft die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Projekts Nürburgring 2009. Es war richtig, in diesem Zusammenhang Dr. Kafitz von seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer der Nürburgring GmbH freizustellen. Es wäre aber falsch, Dr. Kafitz alleine daran zu messen und darüber dessen Verdienste für den Nürburgring zu vergessen“.

Hier muss man vielleicht einfügen, dass Clemens Hoch als Obmann der SPD des Untersuchungsausschusses „Nürburgring GmbH“ durchaus über das verfügte, was man gemeinhin als „Herrschaftswissen“ bezeichnet.

Aber die Leistungen eines Dr. Kafitz z.B. haben vielleicht die Ansprüche des Herrn Hoch hoch zufrieden stellen können, aber nicht die der Staatsanwaltschaft in Koblenz. Darum muss Herr Dr. Kafitz auch heute – und in den nächsten Monaten - in regelmäßigen Abständen als Angeklagter vor dem Landgericht Koblenz erscheinen.

Clemens Hoch hatte immer eine besondere Einstellung zu dem Projekt „Nürburgring 2009“. Sie war (ist) zwar immer ein wenig realitätsfern, ist aber immer zitierfähig, weil sie ja einem studierten Kopf entspringt. So äußerte er im Mai 2010 folgende Meinung zu der gerade erfolgten Übernahme durch die privaten Betreiber Richter/Lindner in folgender Form:

„Die schwierige Phase der vergangenen zwei Jahre ist vorbei. Die Fehler die gemacht wurden, sind durch Wirtschaftsminister Hendrik Hering korrigiert worden. Nur ein Fazit lässt sich wirklich seriös feststellen:

Das Land Rheinland-Pfalz hat sich um die touristische Entwicklung der Region auch mit dem Nürburgring verdient gemacht. Ein ähnliches Beispiel für eine Weiterentwicklung der Region gibt es in ganz Deutschland nicht.“

Wer sich nicht mehr an Hendrik Hering erinnert: Das war einmal ein Wirtschaftsminister in Rheinland-Pfalz, der als studierter Jurist den Pachtvertrag zu verantworten hat, der für die Nürburgring GmbH (und die Landesregierung) katastrophale Auswirkungen hatte. - Aber man kann es drehen und wenden wie man will. Clemens Hoch hat recht, wenn er zum Ergebnis sagte:

„Ein ähnliches Beispiel für eine Weiterentwicklung der Region gibt es in ganz Deutschland nicht.“

Bei dieser Aussage stand Clemens Hoch aber vielleicht auch noch unter dem Eindruck einer Aussage des Herrn Kai Richter vor dem Untersuchungsausschuss Nürburgring, die von SPD-Hoch am 19. April 2010 so geschildert wurde:

„Eines hat der Zeuge Richter allerdings überzeugend dargelegt: Die Erlebniswelt Nürburgring ist auf einem Erfolg versprechenden Weg.“

Wer zwischen dieser Darstellung und der Realität unterscheiden kann, und die „Persönlichkeit“ des Herrn Clemens Hoch nun begriffen hat, der wird sich nicht wundern, wenn die Reise nach Brüssel für Herrn Hoch, die Landesregierung und die SPD zu einem großen Erfolg wird.

Herr Hoch hat aktuell aber noch einen anderen Erfolg zu verzeichnen: Der ADAC hat wegen des Verhaltens von Herrn Staatskanzlei-Vize Clemens Hoch gerade die noch laufenden Gespräche mit der Staatskanzlei in Mainz zum Thema Nürburgring abgebrochen.

Das nur, um das Bild von Herrn Clemens Hoch abzurunden. Ein Mann für alle Fälle – wenn es ihn denn auf der politischen Karriereleiter weiter nach oben bringt.

Wir leben darum in einer „Hoch“-Zeit im Ring-Tief. - Aber alles verläuft nach Drehbuch. Wobei man berücksichtigen muss, dass beim Drehen nicht Szene nach Szene lt. Drehbuch erfolgt, sondern dass man jeweils das dreht, wozu das Umfeld geeignet ist. Später wird dann „geschnitten“, neu zusammengefügt und es ergibt sich ein Bild, wie es der Zuschauer dann im Kino (oder Fernsehen) in logischer Folge – und leicht verdaulich – vorgesetzt bekommt.

Brüssel kontaktet im Normalfall mit Berlin. - Mit wem kontaktet Hoch in Brüssel?

Clemens Hoch kommt aus Andernach, ist dort geboren. - Aber es gibt dort noch ein großes Reservoir von Nachwuchspolitikern.

Das nur als Erinnerung für die SPD, wenn Clemens Hoch mal nicht tief genug nachgreifen sollte. - In Brüssel.

MK/Wilhelm Hahne

 

Tags: 

Durchschnitt: 4.8 (bei 21 Bewertungen)

Kategorie: 

+ Hinweis für Leser – nicht nur an einem Abonnement Interessierte! +

 

Lieber Leser,

 

Motor-KRITIK ist vollkommen werbefrei, aber – darum – auch ein wenig abhängig von seinen Lesern. - Oder anders: Von Einnahmen. - Nicht alle Leser mögen sich gleich für ein Abo entscheiden.

Wenn Sie ab und an mal auf diesen Seiten vorbei schauen und Ihnen der hier gebotene investigative Journalismus gefällt, dann machen sie doch einfach ihre Zustimmung durch eine kleine Spende deutlich. - Auch kleine Beträge können – per Saldo – eine große Hilfe und Unterstützung sein!

Meine Kontendaten – auch wenn Sie Abonnent werden wollen - finden Sie HIER.

 

Danke!