SWR4 „Klartext“: Unterwegs im Regierungsauftrag?

Mega-Einkaufszentren, Windkraft, Bilanz der EnBW, Fussball und Gewalt, Mittelrheintal. - SWR4 hat bei Google Spuren hinterlassen. Warum also nicht mal Nürburgring? SWR4 will „klare Positionen, gute Argumente und Durchblick verschaffen“. „Uns liegt nichts an Gefasel“, sagt man. Was dann aber in Nürburg unter dem Obertitel „Wie geht es weiter“ geboten wurde, war ein Stück Volksverdummung. Empfehlung von Motor-KRITIK: Man hört die Aufzeichnung (heute Freitag, 26.4., von 19:05 bis 21:00 Uhr, auf der Frequenz Koblenz 107,4) am besten über einen „Volksempfänger“, dessen (technisch beschnittene) Frequenzen gut ins (thematisch beschnittene) Hör-Bild passen. - Man musste sich beim Erleben der Aufzeichnung am Donnerstagabend (25.4.) fragen:

SWR4 „Klartext“: Unterwegs im Regierungsauftrag?

Gleich zu Anfang hat der Insolvenz-Geschäftsführer der Nürburgring GmbH festgestellt, dass nicht etwa der Aufsichtsrat, sondern der im Insolvenzverfahren so wichtige Gläubigerausschuss in einer Marathonsitzung zu dem einstimmigen Beschluss gekommen ist, den Verkauf des Nürburgrings zum 15. Mai 2013 auszuschreiben.

Jetzt wissen alle ganz genau, wer denn – einstimmig! - die Verantwortung für den Verkauf des Nürburgrings zu übernehmen hat. - Gut gemacht, Herr Professor Doktor Doktor.

Es wurde auch klar gemacht, dass man diese Podiumsdiskussion nicht mit Blick auf die Vergangenheit, sondern mit Blick – voraus – auf die Zukunft führt. Denn, so wurde immer wieder betont, nun sind die (unsinnigen) Bauwerke einmal vorhanden und nun muss man sie nutzen.

Man lässt das Chaos hinter sich und hat vor sich – den Abgrund.

Da man sich eine Meinung nur durch das Sammeln von Informationen zum Thema bilden kann, solche Hintergrund-Informationen aber an diesem SWR-Abend von den fürs Podium Auserwählten nicht gegeben werden konnten, möchte ich mit den folgenden Zeilen für meine Leser ein paar Lücken füllen, mich also weniger damit beschäftigen, dass z.B. einem Otto Flimm inzwischen klar geworden ist, dass er in dem ganzen Desaster inzwischen eine Alibi-Funktion übernommen hat.

Ich habe das vorhergesagt. Otto Flimm hat es durch seine aktuellen Aussagen bestätigt. Er machte bei der Darstellung der Situation, in die er durch das „clevere“ Verhalten von Politikern gebracht wurde, geradezu einen verzweifelten Eindruck, zumal er sich gegen das souverän auftretende Moderatoren-Team nicht durchsetzen konnte, das die souverän gemachten Aussagen eines Professor Doktor Doktor favorisierte, der immer wieder als der Sanierungs-Spezialist, Insolvenz-Geschäftsführer, als das Neutrum vorgestellt vorgestellt wurde, das immer das Beste für Alle will. Tatsächlich ist das der Mann, der die Vorgaben der Landesregierung (bei der Entscheidungsfindung noch unter Leitung von Kurt Beck) elegant umzusetzen versucht. Und die Vorgabe heißt kurz und knapp:

Entledigen Sie die Landesregierung von der öffentlichen Belastung durch das Thema Nürburgring.
Oder anders:
Der Nürburgring muss in andere Hände. Niemals mehr soll der Nürburgring-Skandal in Verbindung mit Fehlleistungen und Versagen der Landesregierung Rheinland-Pfalz gebracht werden können.
Und machen Sie deutlich:
Die Schuld an der Insolvenz der landeseigenen Nürburgring GmbH trägt die EU in Brüssel.

Bevor ich meine Anmerkungen mache, möchte ich hier ein paar optische Eindrücke on der Veranstaltung einklinken. Ich war wirklich da. Der Besuch hat meinen Blutdruck deutlich ansteigen lassen. Nich nur ich habe es nicht fassen können, wer und was da alles welche Meinung vertrat.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die auf dem Insolvenz-Geschäftsführer lastende Aufgabenstellung durch die Landesregierung erfüllte der Herr Professor Doktor Doktor - auch mit Hilfe z.B. des SWR - an diesem Donnerstagabend sehr gut. Wenn man heute Abend – also am Freitag - in die Aufzeichnung des SWR4 herein hört, sollte man folgende Fakten kennen, die ich hier – weil sie zum größten Teil auch bei den Zuhörern und Diskutanten als Information fehlten – nachstehend einmal an- und aufführe:

Der Insolvenzgeschäftsführer Prof. Dr. Dr. Schmidt wurde nicht vom Insolvenzgericht, sondern von den Eignern der als insolvent verkündeten Nürburgring GmbH bestimmt.

(Das bestimmt das neue Insolvenzrecht so. Das Insolvenzgericht hat keinen Einfluss darauf, wenn der Gläubigerausschuss einer solchen „Berufung“ einstimmig zustimmt. - Verstehen Sie nun den „Wert“ eines optimal zusammengestellten Gläubigerausschusses?)

Eigner der Nürburgring GmbH ist zu mehr als 90 Prozent (nachdem der Landkreis Ahrweiler weitere Kapitalerhöhungen nicht mehr mittragen wollte) das Land Rheinland-Pfalz. - Darum ist die Aufgabe des Insolvenzverwalters auch klar. Der Landesfürst, Kurt Beck, hat sie ihm übertragen. Und er wird sie erfüllen. Auftragsgemäß. Für ein paar Millionen Euro. Möglichst schnell. - Wer anders denkt oder hofft, glaubt auch an Wunder.

Zur Bekanntgabe der Insolvenz musste Kurt Beck in langen Gesprächen überredet werden, der eigentlich – und er empfand das für sich persönlich sehr wichtig – nicht bereit war für die Nürburgring GmbH eine Insolvenz zu verkünden.

Er hat sich von der Ideenkette, die von seinen Beratern der Insolvenzverkündung logisch folgend entwickelt wurde, dann aber überzeugen lassen. Es lagen also alle weiter zu erfolgenden Weiterungen als komplettes Paket vor, das von einer Anwalts-Sozietät entwickelt wurde, die nach einer Ausschreibung unter drei Bewerbern von der Staatskanzlei ausgewählt wurde.

Bitte erinnern Sie sich: Die Verkündung der Insolvenz lag zeitlich klar vor einer Absage aus Brüssel, nach der jede weitere Hilfeleistung an die Nürburgring GmbH durch das Land zu unterbleiben hatte. Man hat praktisch die Insolvenz ausgerufen, um sich vom Projekt Nürburgring zu trennen.

Was das noch nicht abgeschlossene Beihilfeverfahren, das verspätet bei der EU angelaufen ist, nun mit dem Insolvenzverfahren zu tun hat, hat mir noch niemand überzeugend erklären können. Die Insolvenz stellt eine Zäsur dar. Bis zu diesem Punkt – aber auch noch bis heute noch nicht – ist eine definitive Forderung der EU an die Bundesregierung erfolgt. Denn nur die kann für die europäische Kommission Gesprächspartner sein.

Das Land Rheinland-Pfalz muss sicherlich für die Fehler gerade stehen, die es gemacht hat. Aber die Nürburgring GmbH hat diese Fehler nicht zu verantworten. Erst recht nicht nach Eintritt der Insolvenz. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, klare Schuldzuweisungen „nach draußen“ darstellen zu können:

Die EU trägt Schuld daran, dass man mit der Nürburgring GmbH in die Insolvenz gehen musste.
Der Gläubigerausschuss hat einstimmig für den Verkauf des Nürburgrings gestimmt.

Und der Prof. Dr. Dr. Schmidt erfüllt nun die Auflagen. - Mehr nicht. -

Die Weichen sind also auf kluges taktisches Anraten der o.g. Anwalt-Sozietät klar gestellt. So ist man auch schnell zu einem „Vergleich“ mit Richter/Lindner gekommen. Wo aber auch Lücken gelassen wurden, die man derzeit noch nicht so recht werten kann.

Da ist z.B. das Thema Formel 1, das gestern Abend in der Diskussion von Michael Billen (CDU) angesprochen wurde, der sich noch einmal bestätigen ließ, dass das Land bei der diesjährigen Veranstaltung kein Geld dazu tut.

Meine Frage wäre da:

Wer tut denn Geld dazu? 
Wo kommt das Geld her? -

Denn ich sehe bisher aus meiner Sicht eine Finanzierungslücke von 2 – 2,5 Millionen Euro. - Das wird doch nicht etwas der AvD...? - Mit einem Knall in dieser Sache ist also noch zu rechnen.

Natürlich lässt ein Formel 1-Rennen am Nürburgring das ganze bisher nach draußen gedrungene Fiasko ein wenig besser erscheinen. Es gibt immerhin ein Formel 1-Rennen am Nürburgring. Der Insolvenz-Geschäftsführer hat es gestern noch mal betont. - Es macht alles besser, schöner, heller.

Der Herr Professor ist eben derzeit stark mit dem „Schönmachen der Braut“ beschäftigt. Da soll demnächst die Achterbahn funktionieren, sollen – entsprechend der gutachterlichen Bewertung – die Schimmel-Schäden in der „Grüne Hölle“ beseitigt sein. Ich hörte von einem Aufwand von um 700.000 Euro, der natürlich in keinem Verhältnis zum möglichen Verkauferlös steht. - Wenn denn jemand überhaupt am Kauf dieser „Kirmesmeile“ interessiert ist.

Nach meiner Einschätzung wird der Schimmel wiederkommen. Die Häuser, offenbar mit schlecht isolierter Bodenplatte, stehen in einem Feuchtgebiet. Im Vorratskeller des „Eifel-Stadl“ ist der Schimmelbefall so stark, dass man die bisherige Bierzapfanlage aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nutzen konnte. So hat man einfach – Geld spielt bei einer Firma in Insolvenz offenbar keine Rolle – eine neue Anlage (nun nicht aus dem Keller betrieben) installiert.

Der Herr Prof. Dr. Dr. scheint bei erfahrenen Rosstäuschern in die Lehre gegangen zu sein. Da muss jede Äußerung vermieden werden, die zu einer Minderung des möglichen Kaufpreises führen könnte. Also erinnert die derzeitige Regierungs-Koalition (SPD/Grüne) daran, dass die Gespräche zum Thema „Öffentliches Zugangsrecht“, bzw. die Herausnahme der Rennstrecke aus der Verkaufsausschreibung vertraulich geführt werden sollten.

Auch gestern wurde immer wieder betont, dass die Gespräche mit Brüssel vertraulich behandelt werden müssen. Politiker haben offenbar immer etwas zu verbergen.

Da passt es nicht ganz ins geplante Konzept, wenn jetzt gerade heute Eveline Lemke mit ihrem Landeskartellamt sozusagen gesetzlich den Zugang zur Nürburgring-Nordschleife regelt. Aus ihrer Presse-Mitteilung:

„Die Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH (NBG) hat sich gegenüber der Landeskartellbehörde für die Rennsaison 2013 verpflichtet, insgesamt fünf Unternehmen zu ermöglichen, so genannte Ringtaxifahrten auf der Nordschleife anzubieten. Dies teilte Wirtschaftsministerin Lemke heute in Mainz mit. Lemke: 'Dies ist ein erster Schritt zur Marktöffnung für Unternehmen, die motorsportliche Dienstleistungen während der Touristenfahrzeiten auf der Nordschleife anbieten wollen.'“

Ein möglicher Käufer muss auch sicherlich in die vorhandenen Verträge mit Rennveranstaltern einsteigen, unabhängig davon, ob die nun in sein angedachtes Konzept passen. Er muss auch die langfristig angelegten Mietverträge akzeptieren, unabhängig davon, ob er eigentlich den Wohn-/Lager-Raum für den „Eigenbedarf“ benötigt.

Und was soll er mit mehr als 200 Mitarbeitern? - Zum Betrieb der Rennstrecke? - Damit die den sonst leeren „Boulevard“ bevölkern?

Es gibt auch noch einen wichtigen anderen „Haken“. Aber den möchte ich dann in einer ausführlichen später erscheinenden Geschichte darstellen. Sie wird weder den Verkäufern, noch den möglichen Käufern es Nürburgrings gefallen.

Lassen Sie mich zum wiederholten Male die Frage stellen:

Warum muss der Nürburgring eigentlich verkauft werden?

Und:

Steht eigentlich der mögliche Verkaufserlös in Relation zu den Ansprüchen aller Gläubiger?

Aber schalten Sie zunächst mal heute am Abend das Radio ein und erleben das „Reizklima“ des Donnerstagabend, dem sich um 600 Teilnehmer (von mir geschätzt) freiwillig aussetzten.

Übrigens erlebte ich zum ersten Mal, dass die Kosten für einen Aufkleber (drei Euro) klar höher waren als das Essen (Würstchen zwei Euro) und das Trinken (Bier zwei Euro).

Eigentlich war dieses „Rahmenprogramm“ (von „JA zum Nürburgring“ initiert) auch vom SWR unerwünscht, wie sicherlich auch der Eindruck von der „Klartext“-Veranstaltung, der bei den aufmerksamen Zuhören zurückbleiben musste.

Was war das eigentlich für eine Art von Veranstaltung? - Im Internet fand ich dazu eine Szene passend beschrieben, wo einer der Teilnehmer an dieser SWR4-Veranstaltung dann die Frage stellte:

„..was ist das eigentlich, wenn der Moderator bei weggehaltenem Mikrofon zum "Doubledoc" sagt: 'Thomas, sag' du doch mal was dazu'.“

MK/Wilhelm Hahne

 

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