„Wie hätten Sie's denn gerne?“

Wer am Ostermontag abends in der „Pistenklause“ in Nürburg saß, der konnte sich in England wähnen. Für Dienstag und Mittwoch (2. und 3. April) hatte ein englischer Veranstalter am Nürburgring seine „Trackdays“ angemeldet. Auf der Nordschleife. Da reist man natürlich am Tag vorher an. Vom Wetter her musste ein Fahren möglich sein. Natürlich lagen in den Auslaufzonen noch Eisbrocken. Von „Schneeresten“ zu sprechen wäre ein Beschönigen gewesen. Aber so ist das nun mal im Winter in der Eifel. Die Engländer hätte es auch nicht gestört. Sie störte es auch nicht, wenn die Bedienung in der „Pistenklause“ bei der Bestellung von Rumpsteak oder Filet fragte:

„Wie hätten Sie's denn gerne?“

Vor der Tür der „Pistenklause“ war alles zugeparkt. Alle dort stehenden Fahrzeuge – auch die auf dem Parkplatz schräg gegenüber – trugen ein englisches Kennzeichen. Aber auch ohne Kennzeichen war z.T. auszumachen, dass die Fahrzeugbesitzer keinen deutschen Pass trugen. Oder können Sie sich vorstellen, dass ein deutscher Käufer einen Audi A5 z.B. in einem grellen Gelb bestellt?

Am nächsten Tag war man dann doch erstaunt, dass die Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH den Engländern nahe legen musste, doch an diesem Tag den Grand-Prix-Kurs zu befahren. Erst am Mittwoch könne man die Nordschleife nutzen und dann – zum Ausgleich zu der Abweichung von der vertraglichen Vereinbarung am Dienstag – würde man auch die VLN-Version des Kurses, also die Nordschleife plus der kleinen Anbindung über den GP-Kurs zur Verfügung stellen.

Was war passiert? - In der Woche vor Ostern war die erste Industriewoche des Jahres gewesen. Nicht alle Firmen waren angereist. Manche hatten schon aufgrund der ungewissen Wetterverhältnisse abgesagt. Aber z.B. BMW war mit -zig Testwagen erscheinen. Aber die Strecke, die Nordschleife, war nicht wie gewohnt nutzbar. Überall standen Warnständer herum, die dann oft ein Befahren der rechten Fahrspur garnicht zuließen.

Da gab es dann schon unangenehme Gespräche. Oder anders: Beim Industriepool war man sauer. Als man Freitagmittag einpackte, fiel dann auch noch neuer Schnee.

Die Warnbalken auf der Strecke waren nicht aus Übermut aufgestellt, sondern darum, weil die Strecke z.T. aufgerissen, aufgebrochen wirkte und das auch gerade da, wo man vor dem ersten von der VLN vorgesehenen Testtermin gerade noch Ausbesserungsarbeiten vorgenommen hatte. Danach hatte man aber – auch um ein paar Touristen Fahrvergnügen bereiten zu können – die Strecke mit Salz bestreut. Das Befahren hatte dann für den Rest gesorgt: Wasser war in die Fahrbahn eingedrungen, gefroren, die Fahrbahn war rissig geworden, dann später an einigen Stellen geradezu abgesackt.

So hatte man denn für Dienstag nach Ostern die Asphalt-Spezialisten mit ihren riesigen Maschinen neu bestellen müssen. Morgens um 4 Uhr reisten die schon an, damit dann – vielleicht – die Engländer am nächsten Tag wieder auf der Strecke fahren konnten. Die folgenden Fotos zeigen eine Baustelle am Dienstagnachmittag im Bereich „Hatzenbach“:

 

 

 

 

So war dann die Strecke am Mittwoch nach rd. zwölfstündiger Arbeit wieder einsatzbereit und hätte eigentlich – so meinen einige Ahnungslose – auch am kommenden Samstag (6. April) von der VLN als Ersatztermin für die schon mal ausgefallenen Testfahrten genutzt werden können.

Aber VLN-Teams, die ihren regelmäßigen Einsatz zu den 10 geplanten Läufen ernst nehmen und auch beim 24-Stunden-Rennen dabei sein wollen, die haben natürlich ihre Tests längst auf anderen Rennstrecken gemacht und wären bestimmt nicht zum Ersatztermin erschienen. Was nämlich nirgendwo steht und was die Verantwortlichen der Nürburgring Betriebsgesellschaft vermeiden zu erwähnen:

Das Asphaltband der Nordschleife ist ringsherum stark gesalzt worden. Noch während der Industriewochen vor Ostern wurde nachgesalzen.

Und wer fährt mit einem Rennfahrzeug mit seinen empfindlichen Fahrwerkgelenken schon gerne über eine gesalzene Straße? Man müsste danach ja wesentliche und teure Fahrwerkteile erneuern.

So betrachtet ist die Absage der VLN zu den Testfahrten am Wochenende des 6. April nur zu verständlich und ganz im Interesse der Rennfahrzeugbesitzer.

Was leider als Argument zu der Absage nicht zum Ausdruck kommt:

„Ich habe mich zusammen mit Fahrersprecher Johannes Scheid erneut vom Zustand der Rennstrecke überzeugt“, sagt VLN-Rennleiter Peter Bröcher (Olpe). „Dabei haben wir festgestellt, dass in zum Teil sehr schnellen Passagen noch erhebliche Schneemengen neben der Rennstrecke vorhanden sind. Auch die Wettervorhersage verspricht bis zum Wochenende keine maßgebliche Besserung. Die vorhergesagten Maximaltemperaturen sind weit vom zweistelligen Bereich entfernt. Für die beiden Veranstaltungstage sind Temperaturen um den Gefrierpunkt und zum Teil sogar erneut leichter Schneefall vorhergesagt. Unter diesen Voraussetzungen können wir die Sicherheit unserer Teilnehmer nicht gewährleisten.“

Man wollte sich wohl nicht durch eine klare mund umfassende Argumentation bei den Verantwortlichen der aktuellen Betreibergesellschaft, einer „Tochter“ der insolventen Nürburgring GmbH, unbeliebt machen. Denn dort waren die entscheidenden Fehler gemacht worden, die zu den jetzigen Absagen führten.

  • Überhastete Reparatur der Asphaltdecke bei zu kühlen Temperaturen.
  • Salzen der Strecke, um ein paar Euro bei Touristenfahrten zu kassieren.
  • Eine Strecke wie die Nordschleife sollte man über den Winter ruhen lassen.

Nun hofft man auf steigende Temperaturen und darauf, dass nun die folgenden Test- und Renntermine der VLN auch durchgeführt werden können:

Ausgefallen bis jetzt:

16. März   Test- und Einstellfahrten
23. März   ADAC-Westfalenfahrt
  6. April   Test- und Einstellfahrten

Nächster Renntermin:

13. April   38. DMV 4-Stunden-Rennen

Dann wird sicherlich auch etwas zu dem für die VLN 2013 gültigen – vom ADAC Gau Nordrhein aufgedrängten - Reglement zu sagen sein.

MK/Wilhelm Hahne


 

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