SWR stolpert über „Tod & Teufel“

Am 25. April gibt es sowohl in Adenau als auch in Nürburg „Theatervorstellungen“. Zu beiden Veranstaltungen werden keine Eintrittspreise verlangt. Einmal zeigt die Theater-AG des „Erich-Klausener“-Gymnasiums Adenau in der „Hocheifelhalle“ ab 19 Uhr eine moderne Version des „Jedermann“, der SWR macht in der „Graf-Ulrich“-Halle in Nürburg – zur gleichen Zeit - den Versuch, ein noch aktuelleres Theaterstück, „Nürburgring 2009“, unter Mithilfe einer Reihe von Amateuren zu inszenieren. Die Texte müssen hier teilweise improvisiert werden. Allerdings darf erwartet werden, dass sich die bei der Planung bereits „gesetzten“ Hauptdarsteller an die im Drehbuch vorgegebene Rahmenhandlung halten. - Wer den Hintergrund nicht kennt, wird die Abläufe – hier wie da – als normal empfinden. Sie sind so normal wie ein Krokodil im Rhein.

SWR stolpert über „Tod & Teufel“

Am 17. April gab es gegen Mittag eine Einladung des SWR an eine bestimmte Gruppe, die sich gegen den Verkauf der Rennstrecken am Nürburgring wehrt. Mit sachlichen, guten Argumenten.

Der SWR – genau: SWR4 - wollte in einer Podiumsdiskussion in seiner Reihe „Klartext“ eine Antwort auf die Frage finden:

„Kriegt der Nürburgring noch die Kurve?“

So schrieb jedenfalls die Redakteurin, die die Organisation der Veranstaltung übernommen hatte. Veranstaltungsort sollte Adenau und dort genau die „Hocheifelhalle“ sein. Auf dem Podium galten nach Darstellung der SWR-Mitarbeiterin, Sabine Stöhr, als „gesetzt“:

Prof. Dr. Dr. Schmidt, der Insolvenzgeschäftsführer und der Verbandsbürgermeister von Adenau Romes (CDU).

Nun versuchte man diese Top-Besetzung mit dem Vorsitzenden von „JA zum Nürburgring“ aufzufüllen.

Das alles wirkte zwar nicht von den Abläufen her professionell, aber... - Der Termin war mit dem 25. April, 19 Uhr angegeben. - Dumm nur, dass es Leute gibt, die um die Aktivitäten der Jugendlichen im „Erich-Klausener“-Gymnasium in Adenau wissen.

Auf den Internetseiten dort war spätestens seit dem 8. April öffentlich, dass die Theater-AG der Schule sowohl am 25. als auch am 26. April eben genau in dieser „Hocheifelhalle“, exakt um 19 Uhr eine Theateraufführung angemeldet hatten. Dazu gab es auch eine plakathafte Darstellung:

 

Da kommt man dann ins Grübeln. Spätestens am 18. April, einen Tag nach der „Einladung“ wurde dann der Hintergrund deutlicher: Die Organisatorin der SWR-Veranstaltung, Sabine Stöhr, war am Nürburgring, um den „Eingeladenen“ dann mitzuteilen, dass man leider die „Hocheifelhalle“ nicht nutzen könne und der SWR deshalb die Veranstaltung ins Pressezentrum des Nürburgrings verlegen würde.

Wusste man das wirklich erst ab dem 18. April? - Hatte sich der SWR bei der Planung der Veranstaltung wirklich nicht zunächst um einen Veranstaltungsort bemüht, sondern „ins Blaue“ geplant? - Kaum anzunehmen, bei einer Redakteurin, die sich in der „Betreuung“ von Podiumsdiskussionen auskennt, die für die SWR-Sendung „SWR4 KLARTEXT“ nicht zum ersten Mal eine Veranstaltung ausrichtet.

Als die Dame dann am Nachmittag des 18. April wie selbstverständlich die Verlegung der Podiumsdiskussion ins Pressezentrum des Nürburgring verkündete, da war auch dem letzten Bürger in der Eifel klar, was hier für ein Spiel gespielt wurde. Und auch Otto Flimm ließ dann, nachdem er noch einmal die Meinung anderer Interessierter eingeholt hatte, dem SWR mitteilen:

Er nimmt an der Veranstaltung im Pressezentrum des Nürburgrings nicht teil, sondern nur dann, wenn sie an einem neutralen Ort erfolgt.

Dazu gabe es auch einen Vorschlag, der der SWR-Redakteurin am 18. April um 19 Uhr zuging. Ich muss – bevor ich den Text des E-mails einkopiere – vielleicht noch erwähnen: Eine Kopie ging auch an die Deutsche Redaktion von Radio Vatikan in Rom:

„Sehr geehrte Frau Stoehr,

vielen Dank für Ihre Hilfe, einen neutralen Ort für Ihre geplante Podiumsdiskussion am 25.4. zu finden.

Wie ich Ihnen schon sagte:

wenn man wissen will, ob der Nürburgring noch die Kurve bekommt, geht man mit denen, die ihn aus der Kurve herausholen könnten, nicht an die Start - und Ziel Gerade.

Diesen oder andere Fehler machten in den letzten acht Jahren nur überzahlte PR-Söldner oder deren Auftraggeber, die für uns Bürger, Firmen oder geladene Redaktionen eine Krisen-Schmunzette inszenierten. Mit bekanntem Status.

Zu ihrer Planung:

Die Hocheifelhalle war seit Monaten von der Theater AG für des Erich-Klausener Gymnasiums belegt, somit grundsätzlich nicht verfügbar.

Das Nürburgring Pressezentrum werden die Kollegen von "Ja zum Nürburgring" nicht akzeptieren.

Aber die Nürburger Graf -Ulrich-Halle ist frei für Sie. Bürgermeister Schüssler hat sie extra für Ihre geplante Unternehmung reserviert.

Vielleicht werden ja die Gebete der Eifeler erhört, die wie ich auch nicht glauben, dass die Hölle grün ist.

Also, viel Erfolg.

Ihr

Ossi Kragl
__________________________________

OK SPEED MARKETING GmbH & Co. KG“

Das war deutlich. Und genau so deutlich fiel die Absage des Otto Flimm aus. Denn Frau Stöhr, die am Nürburgring praktisch „vor Ort“ war, hatte das Angebot, die „Graf-Ulrich“-Halle zu nutzen, nicht etwa direkt abgesagt, sondern zugesagt „mal eben“ vorbeizukommen, um sich ein Bild zu machen, war aber dann nicht erschienen. - Diese „Verschiebung“ stand offenbar nicht in ihrem Drehbuch.

Auch am 19. April lief dann Einiges aus dem Ruder:

Da gab es ab 9 Uhr in Koblenz eine Sitzung des Gläubigerausschusses, bei dem die Insolvenz-Sachwalter die Möglichkeiten einer 3:2-Abstimmung zu ihren Gunsten nutzen wollten. Scheinbar eine reine Formsache. Doch dann hätte es zwar ein 3:2-Ergebnis bei der Abstimmung geben können, aber nicht zugunsten der Planung lt. Drehbuch der Landesregierung.

Also gab es nach langem, langem Plaver – weil doch gegenüber der Öffentlichkeit „das Gesicht gewahrt werden musste“ – dann eine einstimmige Entscheidung des Gläubiger-Ausschusses, der sich für eine Verschiebung der Ausschreibung des Verkauf vom Nürburgring für den 15. Mai 2013 aussprach.

Auch die CDU-Fraktion in Mainz hat das nicht richtig durchschaut, wenn deren Sprecher, Alexander Licht, am Abend des 19. April verkündet:

„Der Gläubigerausschuss beim insolventen Nürburgring hat nunmehr den Ball der Entscheidung wieder der Landesregierung zugespielt.“

Und er verweist auf den Antrag der CDU-Fraktion in der nächsten Woche im Plenum, indem man die Landesregierung auffordert,

„umgehend alle gesetzlichen wie rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, wie ein öffentliches dauerhaftes Zugangsrecht... bla-bla-bla...“

Es ist schade, dass ich mich auch mit einer Geschichte nicht verständlich machen konnte („Fragen Sie Herrn Prof. Dr. Reitzle“), in der ich versucht habe zu verdeutlichen, dass es sich bei der öffentlichen Darstellung um eine Vermischung von Fakten handelt, die man eigentlich trennen muss:

1) Das Insolvenzverfahren
2) Das Beihilfeverfahren

Die EU-Kommission hat bis heute keinerlei konkrete Forderungen erhoben. Wenn, dann könnte sie diese Forderungen nur an die Landesregierung von Rheinland-Pfalz richten. Die hat – evtl. - eine verbotene Beihilfe geleistet. - Was hat die insolvente Nürburgring GmbH damit zu tun?

Das Insolvenzverfahren ist vom Beihilfeverfahren als vollkommen unabhängig zu betrachten. Dass die Insolvenz-“Abwickler“ ihre Arbeit kurzfristig abschließen wollen, ergibt sich daraus, dass ihr Zeitaufwand mit um 5.000.000 Euro dann auch besser bezahlt ist.

Und bitte nicht vergessen: Die Landesregierung will sich – koste es was es wolle – konsequent vom Nürburgring, den man als „Klotz am Bein“ empfindet, trennen. - Und wenn man es als Interessent geschickt anstellt, bekommt man den Flughafen Hahn noch als Zugabe dazu.

Ich habe in meinen letzten Geschichten (und nicht nur erst da) Vorschläge für eine vernünftige Lösung der Probleme am Nürburgring gemacht, die aber nicht erwünscht sind. Darum muss auch die Öffentlichkeit – z.B. mit einer SWR-Podiumsdiskussion - auf eine „andere Realität“ eingestimmt werden.

Wenn man z.B. die Einstellung eines als SWR4-Moderator angekündigten Heinrich Schöneseifen zum Thema Nürburgring kennt, wenn man weiß, dass der Moderator Thomas Meyer auch (neben Sabine Stöhr) Mitglied der Landespressekonferenz in Mainz ist (und damit der Politik sehr nahe), der weiß schon vor der Veranstaltung, in welche Richtung die Reise geht. (Auch weil man die „Stimmung“ beim SWR Mainz kennt.)

Andrea Thelen vom Gewerbeverein Adenau passt da auch ins Bild - und aufs Podium. Man muss nun ihre Arbeit vorher z.B. im Fall des „Wildes Schwein“ kennen.

Oder Verbandsbürgermeister Romes (der bereits angekündigt hat, dass er nicht wiedergewählt werden möchte) hinterlässt dann Adenau als eine Stadt ohne Frei- und Hallenbad, ohne Bahnhof, ohne Geburtenstation im Krankenhaus, mit ungezählten Leerständen auf der Hauptgeschäftsstraße. Er ist „dafür“ oder „dagegen“. - Wie hätten Sie's denn gern? - Er ist eben ein Politiker. - Und der wusste schon immer, was dem Nürburgring gut tut. - Warum wusste er es nicht von Adenau?

Der SWR hat übrigens das Thema der Veranstaltung – nun in der „Graf-Ulrich“-Halle in Nürburg – geändert:

„Nürburgring – Wie geht es weiter?“

Und was man mit der Podiumsdiskussion will, hat man im Internet auch klar formuliert:

„Wir wollen mit SWR Klartext klare Positionen, gute Argumente und Durchblick verschaffen. Uns liegt nichts an Gefasel und Schönfärberei, wie das leider oft in Talkshows passiert.“

Lassen wir uns also überraschen. - Zufall ist, dass die Theater-AG in Adenau zum gleichen Zeitpunkt Folgendes auf der Bühne darstellt:

„Im Mittelpunkt steht ein Manager, der jeder von uns sein könnte. Seine Tragik liegt darin, nicht gleichzeitig beruflich erfolgreich und moralisch gut sein zu können.“

Sie können als Fan von gutem Theater sowohl nach Adenau als auch nach Nürburg gehen. In Adenau ist das Ende des Stücks vorgegeben, in Nürburg wird man jedenfalls versuchen, das „Stück“ einem bestimmten Ende zuzuführen. - Entscheiden Sie selber, ob die „moralisch Guten“ auf der Bühne sitzen. - Für Spannung ist so und so gesorgt. (Wenn Sie Donnerstag nach Nürburg gehen, können Sie Freitag immer noch in Adenau dabei sein.)

Die Gewähr dafür bietet eigentlich schon die Organisatorin Sabine Stöhr in Nürburg, die bereits „Perversion“, einen Roman von Juri Andruchowytsch erfolgreich übersetzte. Sie spricht Deutsch, Englisch, Russisch, Niederländisch und Tschechisch. Außerdem erinnert sie sich gerne an die Spurensuche nach dem Rheinkrokodil im Sommer 2001 in Eltville.

Da wird sie demnächst sicherlich genauso von ihren Erlebnissen rund um die Podiumsdiskussion in Nürburg schwärmen. Dabei schien doch alles so einfach. Leider wird sie dort auf Leute treffen, die sie eigentlich nicht treffen wollte.

Sie summt nicht nur gerne „Lass mich in Dein Leben“ von Helene Fischer mit, sondern würde sie auch gerne einmal treffen. - Und nun trifft sie auf Otto Flimm.

Für „Unentschiedene“: Gehen Sie nach Nürburg. Dort ist der Ausgang ungewiss und der Weg dahin spannend. In Adenau kennen zumindest die Schauspieler schon das Ende des Stücks.

Davon träumen die „Schauspieler“ in Nürburg! - Und die Politiker in Mainz!

MK/Wilhelm Hahne

 

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