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Motor-KRITIK hatte über den Termin (28. Juni) informiert und natürlich auch danach zur Sache recherchiert. Es geht um den Auftritt der Insolvenz-Spezialisten Lieser und Schmidt vor den Kreistagsabgeordneten in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Da waren 46 Kreistagsabgeordnete schon erstaunt, als sie am Vortag des Treffens jeweils die Kopie eines Schreibens an den Landrat Dr. Jürgen Pföhler, per E-mail zugesendet erhielten. Die Insolvenz-Sachwalter wollten die schriftlich vorab gestellten Fragen auch schriftlich vorab beantworten. Wobei auffiel, dass man sich ausgerechnet einige Antworten auf Fragen der CDU-Fraktion für den persönlichen Auftritt im Kreistag aufgespart hatte. - Wollte die CDU nicht die Antworten auf die vorab gestellten Fragen „Schwarz auf Weiß“ haben? - Vielleicht gab es ja eine Absprache zwischen der Insolvenz- und Kreistagsspitze. - Offiziell gab es jedenfalls ein Schreiben an den Herrn Landrat (CDU). - Und für die Kreistagsabgeordneten aller Fraktionen Kopien.
Ein Brief und 46 Kopien
Erste Feststellung beim Lesen einer der Kopien: Der Insolvenz-Sachwalter hat für die insolvente GmbH einen neuen Briefbogen erstellen lassen. Links gibt’s die Markette von Lieser, Rechtsanwälte, rechts die Silhouette der kombinierten Rennstrecken mit dem Schriftzug Nürburgring. Darunter – mit etwas Abstand: „Nürburgring GmbH Mitglied der Association Internationale des Circuits Permanents“.
Wenn man einmal überlegt, dass diese GmbH seit dem 14. November 2012 im Handelsregister als insolvent gemeldet wurde, staunt man doch über deren Mitgliedschaft im Juni 2013. - Toller Verein!
Wie früher ist als Adresse der insolventen GmbH die „Otto-Flimm-Straße“ angegeben.
Unter der im Brief angegebenen Internetadresse ist dann inzwischen die Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH „verantwortlich für den Inhalt“. Auch mit der Anschrift „Otto-Flimm-Straße“. Auf der Internet-Kontaktseite findet man für die gleiche Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH aber die Anschrift „Boulevard 1“. - Na ja – irgendetwas muss ja den „Boulevard“ mit Leben füllen.
Vorweg weisen die „Unterzeichner“ darauf hin:
„Bei einem Insolvenzverfahren handelt es sich um ein nichtöffentliches Verfahren.“
Ich habe dann mal im Internet nachgeschaut und weiß nun nicht so recht wem ich glauben darf. Denn auf meinem Bildschirm erscheint die Auskunft:
„Ist ein Insolvenzverfahren öffentlich?
Ja, es handelt sich um ein öffentliches Gerichtsverfahren. Alle Beschlüsse des Insolvenzgerichts werden zudem veröffentlicht unter www.insolvenzbekanntmachungen.de. Außerdem erfolgen Einträge im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts Ihres Wohnorts, in der Schufa und sonstigen Auskunftsdiensten.“
Na ja, ein Professor mit zwei Doktor-Titeln sollte es eigentlich besser wissen. Der andere Sachwalter auch. Aber die haben die Aussagen in „ihrem Schreiben“ auch nicht unterzeichnet. - Es fehlen die Unterschriften. Folglich könnte man sie auch nicht für irrtümlich erfolgte Falschaussagen zur Rechenschaft zu ziehen. Sie sind eben keine „Unterzeichner“.
In dem 46-Kopien-Schreiben an den Herrn Landrat Dr. Jürgen Pföhler werden insgesamt vier Fragengruppen beantwortet. Spezielle Fragen kamen von der CDU-, der SPD- und der FWG-Fraktion, die sich auch alle bei der Erstellung von „Allgemeine Fragen“ beteiligten.
Die für die Kreistagsabgeordneten wichtigste Frage kam von der FWG-Fraktion und betraf die Stammeinlage des Kreises von 2.000.000,-- Euro bei der Nürburgring. Sie wäre nur zu retten, wenn die GmbH entschuldet weiter bestehen würde.“ - Aber man ist weit davon entfernt solche Träume zu hegen und fragt realistisch:
„Hat der Kreis für seinen Anteil von 2,0 Mill. € in diesem Fall ein Klagerecht gegen das Land, weil die Insolvenz der GmbH schuldhaft durch das Land verursacht wurde?“
Da antworten die Insolvenz-Sachwalter natürlich sehr vorsichtig und versuchen verständlich zu machen:
„Die Prüfung, ob der Landkreis einen Anspruch gegen das Land auf Schadenersatz hat, fällt nicht in den Aufgaben- bzw. Zuständigkeitsbereich der Unterzeichner.“
Wie bereits erwähnt: Die Herren haben nicht unterzeichnet.
Bei der Beantwortung der ersten „Allgemeinen Frage“ ist interessant, dass hier – wie auch schon in anderen Fällen vorher – wieder deutlich die Verantwortung für irgendwelche wichtigen Entscheidungen in Richtung Gläubigerausschuss verschoben wird. So ist zu lesen:
„Dieser entscheidet im Ergebnis, ob und mit wem ein Vertrag zustande kommt.“
Dass eine andere Frage mit einem richtigen Datum dann mit einem falschen Datum beantwortet wird, hat sicherlich seinen Grund darin, dass die Herren vielleicht „nach Diktat verreist“ waren und deshalb auch nicht als „Unterzeichner“ auftreten. - Na ja, Fehler kommen überall vor.
Dann gibt es in der Antwort auf die Frage 6 eine interessante Feststellung der Insolvenz-Sachwalter:
„Die ursprünglich im Betriebspachtvertrag mit der NAG angedachte Mindestpacht von 15 Mio. €/Jahr ab dem Pachtjahr 2013/14 kann mit der heute am Ring vorhandenen Infrastruktur nicht erwirtschaftet werden.“
Nur als kleine Anmerkung: Diese Aussage wurde am 27. Juni 2013 schriftlich gemacht. Mögliche Kaufinteressenten mögen sie mit den „Voraus-Rechnungen“ der KPMG im Verkaufs-Prospekt bitte abgleichen.
Auch in dem Brief an den Herrn Landrat (mit 46 Kopien) kommt zum Ausdruck, dass die Insolvenz-Sachwalter – ohne dass dazu eine Verpflichtung bestand – sich in Gesprächen mit der EU sozusagen abgesichert haben, obwohl ein Bietverfahren, aus einer Insolvenz resultierend, nicht mit der EU abgestimmt werden müsste.
Die Insolvenz ist Realität, es kann aber keine „beihilferechtlichen Vorgaben“ aus Brüssel geben, da das laufende Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Und die Nürburgring GmbH kann nichts mehr zurückzahlen, da sie insolvent ist.
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat ihr so lange „Beihilfen“ gewährt, bis dass die GmbH nach wiederholten „Neuanfängen“ (Minister Hering hat das immer so „verkauft“) an den „Beihilfen“ erstickt ist. Auch dank der hervorragenden Verträge, die Herr Hering - „Ich bin Jurist!“ - als hervorragend empfand.
Die Kreistagsabgeordneten haben auch nach den „2200 Baumängeln“ gefragt und u.a. folgende Antwort erhalten:
„Insbesondere wurde die 'Grüne Hölle' umfangreich saniert, die nun zur Formel 1 wieder vollständig geöffnet sein wird.“
Motor-KRITIK hat darüber berichtet. Der hier genannten Zahl von 700.000 Euro für die Beseitigung der Schäden wurde nicht widersprochen. - Allein diese Summe steht in keiner Relation zu dem Verkaufswert dieses „Silhouetten-Dorfes“. - Und wie lange wird man nun ohne Schimmel bleiben?
Die Insolvenz-Sachwalter haben auch nicht versäumt darauf hinzuweisen:
„Die Unterzeichner haben Schadenersatzklage gegen Kai Richter vor dem Landgericht Düsseldorf eingereicht. Da es sich um ein laufendes Gerichtsverfahren handelt, wird zu den Einzelheiten keine Stellung bezogen.“
Es geht hier wohl um „Vorteilsnahme“ beim Bau des Feriendorfes, in der eine Firma Richter & König bei dem An- und Verkauf von Grundstücken – und deren Entwicklung zu Bauland – eingeschaltet war. Nur: Diese Firma gibt es schon lange nicht mehr in der ursprünglichen Form. - Inzwischen ist es eine GmbH. - Als Richter noch der Darsteller eines Investors war, da hat man nichts unternommen, obwohl alle Fakten bekannt waren. - Warum wohl?
Natürlich gab es auch Fragen zu dem neuen Gesetz, das den Zugang zur den Rennstrecken – auch nach dem Verkauf – sicherstellen soll. Die Meinung der Insolvenz-Spezialisten dazu:
„Die Unterzeichner gehen davon aus, dass ein Gesetz, soweit es den bisherigen Stand festschreibt, keinen negativen Einfluss auf das Verfahren hat. Ob sich eine entsprechende Regelung auf den Bieterkreis auswirkt kann schwer abgeschätzt werden.“
Die Fragen der CDU wurden nicht alle schriftlich beantwortet. Aber die letzt dieser Reihe, als Nr. 7 markiert, dann schon. Hier wurde nach der Zukunft des „Eifeldorfs“ gefragt, womit – wie sich auch der Fragestellung ergibt – offensichtlich die „Grüne Hölle“ gemeint war. - Die Antwort u.a.:
„In welcher Form das Eifeldorf in Zukunft betrieben wird, wird ein Investor entscheiden.“
Das betrifft wohl auch die Zukunft des Nürburgrings überhaupt. Daran ändert auch kein neues Gesetz etwas, über das noch zu sprechen sein wird, wenn es endgültig verabschiedet ist.
Ein Gesetz mit Alibi-Charakter; ein wenig weltfremd, nur als Vorlage für politische Kabarettisten besonders geeignet.
Aber wer kann darüber noch lachen?
MK/Wilhelm Hahne
PS: Weil es meine Leser genau wissen wollen: Der Brief der Insolvenzverwalter an den Herrn Landrat des Landkreises Bad Neuenahr-Ahrweiler hat einen Umfang von 12 DIN-A4-Seiten.