Die Vorstandsvorsitzenden der – auch für den Motorsport – bedeutenden Hersteller der Automobilindustrie haben in letzter Zeit sehr deutlich gemacht, dass es ihnen nicht auf die verkauften Stückzahlen, sondern auf die Rendite pro Stück ankommt. Die immer weiter wachsenden Gewinne resultieren auch nicht aus dem Verkauf von Kleinwagen, die eigentlich die Masse der Zulassungen bestimmen könnten, wenn man den Einsatzzweck der Fahrzeuge in den Vordergrund stellt.
So ist es auch im Motorsport. Es kommt nicht mehr auf die Zahl der Teilnehmer an, sondern was – per Saldo – nach einer Veranstaltung übrig bleibt. So ist im Verlaufe von 50 Veranstaltungen die Zahl der Teilnehmer beim 24h-Rennen deutlich gesunken und die Höhe der Nenngelder deutlich gestiegen.
Außerdem hat man inzwischen dem 24h-Rennen noch eine Veranstaltung vorgeordnet: Die „ADAC 24h Qualifiers“. Die findet in den nächsten Tagen – vom 6. - 8. Mai statt. Es sind um 90 Fahrzeuge gemeldet. Meine Vorhersage fürs eigentliche 24h-Rennen: Es werden gut 100 Fahrzeuge am Start sein.
Um 10 Teams werden so eine Menge Geld sparen, denn man darf nicht nur das Nenngeld, sondern muss die Gesamtkosten sehen. Addiert man nur das Nenngeld für das 24h-Rennen, so kommt man beim eigentlichen Rennen – und angenommenen 100 Startern – schon auf einen Betrag von um 650.000 Euro!
Interessant ist, dass darin auch schon ein „Energiekostenanteil“ enthalten ist. Aber interessant werden für die teilnehmenden Teams die wirklichen Energiekosten, die Kosten fürs Benzin sein, die nach den Kalkulationen des Nürburgring-Besitzers um drei Euro pro Liter betragen dürften.
Rund ein Drittel der insgesamt startenden Fahrzeuge dürfte durch die GT3-Kategorie gestellt werden. Die dienen auch als Lockmittel für Zuschauer. - Qualität statt Quantität!
Man erinnere sich noch an die Zeit, als Peter Geishecker dem ADAC Nordrhein die Marketingrechte an der Veranstaltung abgekauft hatte und er – auch vom DMSB ungebremst – klar über 200 Fahrzeuge starten ließ. Starten durfte alles! - Entsprechend der erfolgten Ausfälle, kamen dann erst die „Mitgestarteten“ auf den Bildschirmen dazu. - Ordnung muss sein!
Auch der Charakter des 24h-Rennens hat sich über die Zeit geändert. Er wird deutlich von den Marketingabteilungen der Industrie bestimmt, die nur einen Erfolg beim 24h-Rennen vermarkten kann. Entsprechend wird im Vorfeld taktiert. Da die „BoP“ (Balance of Performance) eigentlich über Sieg und Niederlage entscheidet, arbeitet man auch im Vorfeld mit Täuschungsmanövern.
Der Veranstalter droht zwar mit einer immer neu korrigierten „BoP“ bis kurz vor dem Start, aber ich erinnere mich noch an eine Veranstaltung, wo eine gut gemachte Täuschung zwar den Fachleuten im Qualifying auffiel, aber man – Anweisung „von oben“ – nicht eingreifen durfte. - Die Macht des Marketings? - Oder die Ohnmacht der Funktionäre?
Auch in diesem Jahr wird es kaum anders sein. Das 24h-Stunden-Rennen ist längst keine rein sportliche Veranstaltung mehr. Das wissen die Gesamtsieger am besten, die – so sie noch leben – vom Veranstalter zu dieser 50. Veranstaltung – und einer entsprechenden Feier – eingeladen wurden. - Sie können vergleichen!
Auch die am 24h-Rennen interessierten Zuschauer – aus welchen Gründen auch immer - sollten sich darauf einrichten, dass dieses Mal der über die Jahre entstandene „Wildwuchs“ im Zuschauerunmfeld stark beschnitten wird. Weil das viele nicht interessieren wird, möchte ich hier die „Park- und Bedarfscampingplatzordnung“ (Stand: Februar 2022) hier nicht anhängen, sondern darf auf die Nürburgring-Internetseiten verweisen.
Eigentlich sollte man nur noch in Begleitung eines Rechtsanwalts anreisen, denn das Thema „Hausrecht“ ist in diesem Fall (!) nicht ganz einfach und es wird wohl davon ausgegangen, dass die Zuschauer davon auch nichts verstehen.
Schade, dass eine ehemals rein auf den Sport ausgerichtete Veranstaltung, inzwischen zu einem „Geschäftsmodell“ verkommen ist. Darüber mögen dann die ehemaligen Gesamtsieger beim 24h-Rennen beim Festbankett und einem – hoffentlich – guten Wein diskutieren. - Es betrifft sie auch nicht mehr!
The Show must go on! - Wir erleben Glamour und perfekte Illusion!
Ist stelle für Motor-KRITIK fest: The party is over!
MK/Wilhelm Hahne