NLS 2: Hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen…

Die Gebrüder Grimm würden sich wundern. In 2021 braucht man in der Eifel – „hinter den Bergen“ – weniger als sieben Zwerge. Blickt man in die Ausschreibung für die NLS-Läufe 2021 – die auch für die NLS 2 gilt, (lt. einem der Chef-Claqueure, der „Saisonstart, keine Schneeballschlacht!“) braucht es nur fünf davon, die scheinbar harmonisch zusammen arbeiten und tagesaktuelle Hemmnisse nicht zur Kenntnis nehmen bzw. sie so beurteilen, dass sie von den Widrigkeiten des realen Lebens nicht betroffen werden. Da macht einer die „NLS“ zu einer Profiveranstaltung, der andere hat längst eine Zweitage-Veranstaltung daraus gemacht (So kann man die Ausfallversicherung sparen!), ein weiterer hat rechtzeitig die Teilnehmer an der Veranstaltung informiert, wie man „rechtsgültig“ übernachten kann, ohne sich aufgrund der aktuellen Corona-Situation und den notwendigen Beschränkungen strafbar zu machen. Kein Journalist, kein Fotograf kommt ins Fahrerlager. (Das wäre schlimmer als Corona!) Da müssen die Teilnehmer schon Donnerstags anreisen und einen gültigen Corona-Test vorweisen, wenn sie – Teamchefs, Fahrer und Monteure – ins Fahrerlager wollen. Ein PCR-Test darf nicht älter als 48h, ein Antigen-Test nicht älter als 24h sein. Wenn man erstmals – am Donnerstag – als Teilnehmer ins Fahrerlager will. Am Freitag und Samstag, wenn der Test nicht mehr gilt, schaut man nicht mehr hin. - Hauptsache, man bleibt unter sich. Zu diesem Rennen waren auch nur um 1.500 Leute im Fahrerlager. Am Renn-Samstag dann alle mit ungültigem PCR-Test. Die durften auch als „Profis“ alle in Hotels und Gästehäusern übernachten. Der Geschäftsführer der „VLN VV“ hatte schon vor Wochen eine „Gebrauchsanweisung“ verschickt, wie man sich auf die richtige Art vor Strafen geschickt schützt und so Corona-Schutzmaßnahmen umgeht. - Ja, ja, ...

NLS 2: Hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen...

...da ging es am Freitag und Samstag wieder „profisportlich“ rund. Denn eigentlich hätte man nach der neuesten Allgemeinverfügung für den Kreis Ahrweiler (die finden meine Leser als pdf-Datei im Anhang) am Nürburgring, wenn dort tatsächlich Amateure am Start gewesen wären… -

Auch in der Mainzer Staatskanzlei war man über das, was am vergangenen Samstag – gestern - am Nürburgring lief, nicht so ganz glücklich. Ein Fahrer, der sich nichts zu schulde kommen lassen wollte, hatte vorher dort angefragt, ob er denn vielleicht… -

Die Staatskanzlei hatte ihm dazu unter anderem erklärt, was unter einem „Profi“ zu verstehen sei. - Zitat:

„Bei der Nürburgring Langstrecken-Serie handelt es sich für die Personen, die mit der eigenen Sportausübung überwiegend ihren Lebensunterhalt bestreiten, um Profisport in diesem Sinne.“

Die Veranstaltung, so erfuhr dieser Fahrer, der daran interessiert war, am NLS-Lauf 2 teilzunehmen, sei korrekt dem Profisport zugeordnet worden und könne mit einem genehmigten Hygienekonzept stattfinden. Allerdings dürften an dieser Veranstaltung keine Amateure beteiligt sein. Das sei zwar für die NLS 1 lokal durch Ziffer 5 einer Allgemeinverfügung vom 18. März (veranlasst von einem Ex-Aufsichtsratsmitglied der in Insolvenz gegangenen Nürburgring GmbH) möglich gewesen.

  • Aber diese „Begründung“ könne durch die Staatskanzlei nicht bestätigt werden, weil dafür die Rechtsgrundlage aktuell nicht mehr gegeben sei.

Da hat sich dann der Fahrer für eine Nicht-Teilnahme entschlossen. Aber es gibt nicht nur Amateure, die solch einen NLS-Lauf veranstalten, sondern auch solche, die am NLS-Lauf Nr. 2 teilgenommen haben. Sie haben damit gegen bestehende Bestimmungen verstoßen und könnten darum rechtlich belangt werden. - Wenn jemand „im öffentlichen Interesse“ handeln würde.

Den gibt es in Rheinland-Pfalz nach § 36 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) schon seit Jahrzehnten, aber… - „hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen“ ist eben manches anders.

Darum war interessant festzustellen, wie viele der beim 2. NLS-Lauf startenden Fahrer sich als „Profis“ empfinden. Was lt. Darstellung der Landregierung von Rheinland-Pfalz wirklich als „Profis“ im Motorsport verstanden werden kann, ist meiner obigen Darstellung klar zu entnehmen.

Wie im übrigen auch die Hygienevorschriften eingehalten werden sollen, nach der nicht nur das Maskentragen zur Pflicht gehört, sondern auch die Mindestabstände zwischen den arbeitenden Personen eingehalten werden müssen, - Was nicht nur während des Rennens nicht möglich ist, wo lt. Hygiene-Konzept maximal 7 Leute bei Boxenstopps am Fahrzeug arbeiten dürfen.

  • Da versteht man doch, dass keine Fotografen ins Fahrerlager und an die Boxen dürfen!

Es waren am Samstag z.B. in 8 von 30 belegten Boxen je 6 Wettbewerbsfahrzeuge untergebracht. Wozu auch die entsprechende A nzahl Monteure und Servicepersonal gehört! Da kann man sich das Gedränge vorstellen, da die Nürburgring-Boxen Innenabmessungen von 18,4 x 7.0 Meter aufweisen.

Während sich in Radio und Fernsehen die Meldungen über eine überdurchschnittliche schnelle Ausbreitung der Corona-Pandemie überschlagen – man zieht die „Notbremse“ (!) - gab es am Nürburgring an diesem Wochenende die heile Welt. Auch bei Regional-Sendern oder Zeitungen war „Corona am Nürburgring“ schon in den Tagen zuvor kein Thema. Man war zwar auf der Suche nach Schuldigen für die derzeitig krasse Corona-Situation, versuchte die aber im direkten Umfeld der Politik und deren falsche Entscheidungen zu finden.

Warum sollte man eventuelle Anzeigen-Kunden verärgern? - Irgendwie muss der Rubel doch rollen! - Und ein wenig Risiko gibt’s doch überall?

Dabei hätte man nur einmal in Richtung Nürburgring schauen und in die neueste – ab Samstag, 0.00 Uhr, geltende Allgemeinverfügung des Landkreises Ahrweiler begreifen müssen, die auch für den Nürburgring Gültigkeit hat. Dort gibt es auch einen Abschnitt, der die Ausübung von Amateursport klar beschneidet.

Aber der fand am Nürburgring – lt. Kreisverwaltung Ahrweiler - auch nicht statt. Hier in Motor-KRITIK hatte ich schon am 11. April darauf hingewiesen, dass das Ordnungsamt des Kreises Ahrweiler Gästehäuser und Hotels informiert hatte, dass selbst eine reine Amateur-Veranstaltung wie die RCN als Profi-Veranstaltung eingestuft ist! Der RCN-Veranstalter stellt seine Veranstaltungen im Internet allerdings so vor:

„Rundstrecken Challenge Nürburgring e.V. bietet für alle Motorsportinteressierte ein attraktives Programm für den Einstieg in den Motorsport.“

Ein gutes Argument - für Dumme - könnte also sein:

  • Wenn doch schon die RCN Profisport ist, dann ist die NLS erst recht Profisport!

Wie die Staatskanzlei es aktuell noch einmal dem verantwortungsbewussten, aber an einer  Renn-Teilnahme interessierten Fahrer bestätigte, ist die NLS auch als „Profisport“ eingestuft. - Von den Zwergen hinter den Bergen! - Es gibt eben überall einfallsreiche Märchenerzähler und Amateure!

Auch bei NLS-Lauf 2 am Samstag waren allerdings schon einige – wenn auch wenige – Profis unterwegs, die ihren Lebensunterhalt überwiegend durch ihren Einsatz als Fahrer, evtl. sogar mit einem Werksvertrag bestreiten. - Aber die waren in der Minderzahl!

Selbst in der Ausschreibung zur Nordschleifen-Langstrecken-Serie 2021, kurz „NLS“ genannt, wird die Serie von ihren Veranstaltern so dargestellt und ist auch so vom DMSB genehmigt:

„Die Nürburgring Langstrecken-Serie (ehemals VLN) ist die größte und populärste Breitensport-Rennserie weltweit, und wird seit 1977 auf der legendären Nürburgring-Nordschleife ausgetragen. Vom seriennahen Kleinwagen bis zum ausgewachsenen Rennfahrzeug treten die unterschiedlichsten Fahrzeuge in verschiedenen Klassen gegeneinander an.“

Dass eine „Breitensport-Serie“ eine reine Profi-Serie ist, würde eigentlich schon zu den sieben (?) Weltwundern gehören. Das weiß man natürlich auch bei der Landesregierung in Mainz und hat gegen Schluss der aktuellen Informationen zu NLS-Lauf Nr. 2, dem nachfragenden Fahrer dann auch abschließend einfühlsam geschrieben:

„Wahrscheinlich ist dies für Sie nicht zufriedenstellend. Es tut mir leid, dass ich Ihnen keine weitergehende Antwort geben kann.
Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute, vor allem Gesundheit.“

Dieser zweite Lauf ist ohne diesen Fahrer über die Nordschleifen-Bühne gegangen! - Dieser Fahrer hatte die Politiker in Mainz richtig verstanden! - Es war ein Rennen, das von wenigen Profis dominiert wurde. Nur die ersten 12 Profi-Teams beendeten das Rennen nach 29 Runden á rd. 25 Kilometer. Die Amateure beendeten das Rennen in Wertung mit einem Rückstand von bis zu 11 Runden!

Das Rennen wurde von Fahrzeugmodellen geradezu dominiert, die eigentlich aufgrund ihrer Drehmomentschwäche kaum eine Siegchance hätten. Aber die „BoP“ machte es möglich! - Darum mussten auch die eigentlich besten GT3-Fahrzeuge bei diesem Rennen hinterher fahren.

  • Sport, Spiel, Spannung? - Oder Betrug am Zuschauer?

Beim nächsten Rennen wird das dann vielleicht ein anderes Fabrikat dominieren! - Es wird nämlich eine neue „BoP“ geben!

Ein nicht unbekannter Fahrer mit viel Praxiserfahrung stellte mir gegenüber fest, dass es inzwischen fast so ist, dass man die zukünftigen Sieger lange vor dem Rennen am Biertisch bestimmen kann!

Es gab auch – ganz profimäßig – mehr Pokale als es Klassen gab.  Denn Amateure, die für ihren Einsatz pro Rennen viel Geld zahlen, brauchen auch solches Blech als Beweis dafür,  dass ihr  Einsatz „richtig war“! - Es starteten in 14 von 25 Klassen auch weniger als 5 Fahrzeuge. Wenn man genau hinschaut, gab es auch mehr als eine Klasse, in der die Starter – wenn sie denn ankamen – auch schon Klassensieger waren: Sie starteten alleine, ohne jede Konkurrenz.

  • Es war eben alles wie hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen!

Einfach märchenhaft! - Nur, dass es dieses Mal kein Märchen war! - Hier waren „Profis“ am Werk! - Sagt die Landesregierung! - Und die muss es wissen!

Weil man in Mainz auch nichts vom Motorsport versteht? - Verstehen will?

Verstehen muss?

MK/Wilhelm Hahne

PS: Am Rande der Nordschleife gab es nicht nur akkreditierte Fotografen – die nicht ins Fahrerlager durften! - sondern auch lizenzierte Video-Filmer. Für 250 Euro Lizenzgebühren durften die sogar Unfälle filmen! - Aber nur, wenn es keine Verletzten gegeben hat! - Voraussetzung war allerdings auch, dass sie vorher eine Lizenz für das Filmen bei „Touristenfahrten“ gelöst hatten. - Damit man die „Amateure“, die es offenbar nur am Rande der Rennstrecke – offiziell nicht auf der Rennstrecke – gibt, auch wirklich profihaft unter Kontrolle hat! - Eigentlich war die Gegend um die Nürburgring-Nordschleife – wie man in alten Büchern nachlesen kann - immer schon das „Sibirien Preußens“!

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