Über Freunde und Ehrenmänner

Wer hat schon Freunde? - Nun, der Nürburgring. Unter den Gründern des Vereins mit dem tollen Namen „Freunde des Nürburgrings“ waren Ehrenmänner. Wie man jetzt erfährt. Obwohl die heute keine Rolle mehr in der Organisation spielen. Sie haben – schon des tollen Titel des Vereins wegen – aber für Verwirrung gesorgt. Bei der Gründung. Die Idee dazu kam von Hendrik Hering. Damals noch Minister. Er war der Mann der immer wieder einen „Neuanfang“ verkündete. Und dazu mit irren Aktionen die Voraussetzungen schuf. „Ich bin Jurist!“, war sein Schlachtruf. Einer seiner „Neuanfänge“ sollte dann durch die Vereinsgründung gestützt werden. Hendrik Hering hatte bei der Umsetzung seiner Idee die Unterstützung seiner Freunde. Trotzdem lief es zu Anfang nicht so, wie sich das die Herren in Mainz vorgestellt hatten. Erst jetzt, nachdem man einen cleveren und erfahrenen Geschäftsmann an die Spitze des Vereins gehievt hat, geht es voran. Wobei (zumindest mir) nicht klar ist, ob hier nicht mit gezinkten Karten gearbeitet wird, wenn man jemand an die Spitze dieses Vereins stellt, der eigentlich niemandem mehr etwas beweisen muss. Der aber an der Spitze dieses Vereins den Mainzer Politikern beweisen kann, dass er jemand ist, weil er überall in der richtigen Art und Weise Lücken zu füllen vermag. - Oder der zufällige Beobachter ist nur naiv, weil er nicht in den Zusammenhängen denken kann, die auch den Verein „Freunde des Nürburgrings“ im richtigen Licht erscheinen lässt.

Über Freunde und Ehrenmänner

Hendrik Hering war nicht nur einmal der Wirtschaftsminister des Landes Rheinland-Pfalz, der im Dezember 2010 den Neustart am Nürburgring in harten Verhandlungen - „Ich bin Jurist!“ - mit verantwortete. Er verantwortete aber auch das, was man heute als „begleitende Maßnahme“ empfinden könnte: Die Gründung eines Vereins mit dem überzeugenden Namen „Freunde des Nürburgrings“.

Hendrik Hering hatte dazu „Freunde“ in die Arena gebeten, zu denen er gute Kontakte pflegt und von denen er wusste, dass sie gut vernetzt waren. So hat er dann Hans-Peter Schössler, den Chef von Lotto Rheinland-Pfalz, einer Gesellschaft an der das Land zu 51 Prozent beteiligt ist, zum Gründer bestimmt. Und Schössler hat mit zu der weiteren Zusammenstellung von Gründungsmitgliedern beigetragen.

So war dann z.B. in einer Nürburgring-Veröffentlichung Anfang 2011 folgende Darstellung zu lesen:

„Der Nürburgring hat viele Fans, Unterstützer und Freunde. Der Erfolg der legendären Motorsportstätte liegt ihnen am Herzen und sie alle möchten ihren Beitrag dazu leisten. Einer von ihnen ist Hans-Peter Schössler, Geschäftsführer der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH. Zusammen mit weiteren Persönlichkeiten aus Sport, Politik, Wirtschaft und der Region hat er im Dezember 2010 den Verein „Freunde des Nürburgrings“ gegründet. Ziel des Vereins ist es, den Nürburgring als weltweit beachteten Motorsport-, Kultur-, Tagungs- und Veranstaltungsort zu etablieren und neue Möglichkeiten für seine Vermarktung zu erschließen. Vereinsvorsitzender ist Fred Pretz, Präsident des Sportbundes Rheinland. Stellvertretend übernehmen dieses Amt Dr. Achim Schloemer, Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH und Dieter Enders, Vorstand beziehungsweise Vorsitzender des ADAC Mittelrhein e. V.. Weitere Gründungsmitglieder und Unterstützer sind der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering, der Radsportweltmeister von 1966 Rudi Altig, Sportreporterlegende Fritz Danco und der Fußballweltmeister von 1954 Horst Eckel. Sie alle rufen mit dem Verein „Freunde des Nürburgrings“ dazu auf, im gemeinsamen Handeln die geschaffenen Infrastrukturen mit Leben zu füllen und die Vision vom Nürburgring als erste Adresse für Veranstaltungen, Events und Motorsport in Deutschland und darüber hinaus umzusetzen.“

Der Text ist original, wurde von mir nur umgesetzt und an Stellen die Aufmerksamkeit erfordern, angefettet.

Hendrik Hering hat „ein Händchen“ bei der Zusammenstellung der „Freunde“ bewiesen, weil er darauf setzen konnte, dass die eine Unmenge weiterer „Freunde“ generieren würden. „Um die geschaffenen Infrastrukturen mit Leben zu erfüllen.“

Nun entnehme ich aktuell der „Rhein-Zeitung“, dass es sich beim offiziellen Gründer des Hering-Vereins, Hans-Peter Schössler, um einen Ehrenmann handelt. Das hat der Chef von Saar-Toto, Peter Jacoby, gesagt. Und der muss das wissen.

Hans-Peter Schössler hat als Chef von Lotto Rheinland-Pfalz entschieden, einen nicht abgeholten Gewinn von 1 Million Euro nicht wie vorgeschrieben an den Deutschen Lottoblock abzuführen, sondern „vor Ort“ - nämlich in Rheinland-Pfalz – für eine Lotto-Extraauslosung zu verwenden. Getreu dem Motto der Landesregierung: Wir machen es einfach.

Offenbar war auch der Aufsichtsrat der Koblenzer Gesellschaft (mit 51 Prozent Landesbeteiligung) nicht informiert. Aber dessen Vorsitzender war jetzt geradezu empört, dass einer der Mitgeschäftsführer dieses kleine Abweichen von Verträgen so lange Jahre mit sich herumgetragen hatte (es geschah im Jahre 2009), um es jetzt öffentlich zu machen. Er hat ihn sofort freigestellt. - Ist doch klar.

Der Aufsichtsratsvorsitzende weiß schließlich was sich gehört. Schließlich dient er als Finanzstaatssekretär der aktuellen Landesregierung in Rheinland-Pfalz. - Er ist quasi umgeben von Ehrenmännern.

Der Chef von Saar-Lotto, Peter Jacoby, derzeit auch die Spitze des Deutschen Lottoblocks darstellend, vermutet, dass Hans-Peter Schössler „vermutlich aus einem rheinland-pfälzisch gesteuerten Motiv heraus“ gehandelt hat. Und immerhin hat Schössler bei der Staatsanwaltschaft Koblenz Selbstanzeige erstattet. Man darf gespannt sein, ob dort Selbstanzeigen in diesem Fall genauso behandelt werden wie die von Steuersündern.

Und Schössler hat sich auch nicht persönlich bereichert. Er hat nur an Rheinland-Pfalz gedacht. Wie Kurt Beck im Fall „Nürburgring 2009“. - Oder evtl. ein Bankräuber an seine Familie. - Und wenn's dann daneben geht, dann entschuldigt man sich artig. Eventuell auch zweimal. - Der eine geht dann zu Boheringer. Der andere ins Gefängnis.

Wenn man einmal die Namen im Aufsichtsrat von Lotto Rheinland-Pfalz durchgeht, dann findet man dort auch den Mann, der der erste Vereinsvorsitzende von „Freunde des Nürburgrings“ war: Fred Pretz, der auch als Präsident des Sportbund Rheinland bekannt ist. Wegen Überlastung hatte er darum beim Verein „Freunde des Nürburgrings“ dem Unternehmer Manfred Sattler Platz gemacht, der nun nicht nur diesen Verein, sondern auch ein Software-Unternehmen erfolgreich führt, Präsident der Industrie und Handelskammer Koblenz ist und – Bürgermeister. Und natürlich ist er Rennfahrer und begeisterter Motorsportler. Und schwärmt vom Nürburgring. - Da ist Sattler dann auch aus der Sicht von Hendrik Hering der richtige Mann an der Spitze „seines“ Vereins.

Es ist auch schön, ein paar Frauen im Aufsichtsrat von Lotto Rheinland-Pfalz zu finden. Unter anderem ist das die Präsidentin desLandesportbundes Karin Augustin. Nicht nur sie, sondern auch andere im Aufsichtsrat haben ein großes Interesse daran, dass möglichst viel Geld im Land bleibt. Frau Augustin erhält z.B. auch aus den Kassen der Lottogesellschaft via Innenministerium inzwischen mehr als 10 Millionen Euro pro Jahr als Zuschuss für ihren Verband.

Früher waren einmal die Zuschüsse abhängig von den „Erfolgen“ der Koblenzer bei der „Odset“-Wette gewesen. Frau Augustin hatte schon vor Jahren durchgesetzt, dass man jährlich eine feste Summe – unabhängig von „Odset“ - zugewiesen bekommt, damit die Einnahmesituation für den Landesportbund sicher, verlässlich und damit schon im Vorfeld kalkulierbar ist. Da hat die Dame noch mit Innenminister Bruch verhandelt. Heute würden ihre solche Verhandlungen noch leichter fallen, da auch der im Innenministerium für den Sport verantwortliche Staatssekretär Jürgen Häfner mit ihr im Aufsichtsrat in Koblenz sitzt, außerdem ist sie mit dem aktuellen Innenminister verschwägert und im Übrigen eine Schwester von Ex-Minister Hendrik Hering.

Alles ist in idealer Weise miteinander vernetzt. Da wird es dann wohl auch mit der Staatsanwaltschaft in Koblenz keine Probleme geben. Dort äußert sich – man könnte das auch deuten – nicht der Leitende Oberstaatsanwalt zum „Fall Schössler“, sondern sein Stellvertreter, Oberstaatsanwalt Hans Peter Gandner.

Hans-Peter Schössler, um den sich der momentane Ärger aufgebaut hat, wurde übrigens vor wenigen Monaten zum Hauptgeschäftsführer ernannt. Das nicht etwa als besondere Auszeichnung, sondern zur Dämpfung seines Ärgers darüber gedacht, dass sein Vertrag nicht wie von ihm verlangt und erwartet, um fünf Jahre verlängert wurde, sondern (aus Altersgründen) nur um zwei Jahre.

Nicht nur in solchen Details unterscheiden sich die Fakten von der verbreiteten öffentlichen Darstellung. Man darf gespannt sein, wie dieser Fall des Vereinsgründers „Freunde des Nürburgrings“ endet.

Dieser Verein feierte gerade beim vorletzten VLN-Lauf jetzt im Oktober den „Jahresausklang“ im Hotel „Grüne Hölle“. Mit zwei DJ's, Sekt, tollem Buffet und informativen Reden. Dabei hat der derzeitige Geschäftsführer der neu gegründeten Nürburgring Betriebsgesellschft m.b.H. zugesagt, dass auch die Insolvenzverwalter alles tun, „um im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Region rund um den Nürburgring zu retten“. - Wie man einer Veröffentlichung des Vereins entnehmen kann. -

Es waren 70 Mitglieder von „zurzeit etwa 350“ erschienen, die auch gerne vom aktuellen Vereinsvorsitzenden, Manfred Sattler, hörten, was der so alles im Interesse des Nürburgrings getan hatte. - Alles wird gut!

Jetzt muss man nur noch die von den Mainzer Visionären geschaffenen Strukturen mit Leben füllen. - Mehr nicht!

MK/Wilhelm Hahne

Zum Abschluss noch ein Spruch der LSB-Präsidentin Karin Augustin (natürlich aus dem Zusammenhang gerissen) für's Gästebuch von Lotto Rheinland-Pfalz:

„Ihr habt bewiesen, dass man alles erreichen kann, wenn man alles gibt.“

 

 

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