„Keine Formel 1 mehr in Deutschland?“

Unter diesem Titel sollte beim SWR eigentlich aktuell ein Video-Beitrag zu finden sein, den man wohl der „Landesschau aktuell“ (19:45 Uhr) entnommen hat. Man findet ihn aber auch nicht anderswo. Bei einer entsprechenden Suche kommt die öffentlich-rechtliche Meldung: „Seite nicht gefunden – Fehler 404“. - Ich war durch Leser noch am Abend des 14. März aufmerksam gemacht worden und wollte nun heute – nach der Formel 1-Übertragung des ersten Formel 1-Laufs in Australien durch RTL – mir mal anschauen, was Pietro Nuvoloni als Vertreter der Insolvenz-Sachwalter (der SWR spricht da gerne von Insolvenz-Sanierern) so im Detail gesagt hat. - Der Beitrag ist nicht zu finden. - Inzwischen habe ich von weiteren Lesern erfahren, dass es den Beitrag in der „Landesschau aktuell“ am Samstag tatsächlich gegeben hat. Danach erfolgte Pietro Nuvolonis Auftritt als Experte (jeder der zum Thema Nürburgring etwas sagt, wird vom SWR gerne als Experte vorgestellt!) was er so zu sagen hatte. - In einem babyblauen Pullover. - Er soll darauf hingewiesen haben, dass alles sehr gut läuft, man eigentlich die Formel 1 nicht braucht und dass man Ende August erstmals ein WEC-Langstreckenrennen nach Deutschland – und dann an den Nürburgring – bringt. Die Formel 1 scheinen die „neuen Herren am Ring“ schon abgehakt zu haben. Was auch realistisch ist. - Die Eifel-Region wird’s merken! - Man sollte aber einen „Großen Preis von Deutschland“ auf einer deutschen Rennstrecke (in Hockenheim) erst ab Ende der nächsten Woche als unwahrscheinlich bezeichnen. Motor-KRITIK will nachstehend gerne erklären warum.

„Keine Formel 1 mehr in Deutschland?“

Seinen neuen Vertrag mit Mercedes-AMG, für die Zeit ab 2016, handelt Lewis Hamilton persönlich mit „Toto“ Wolff (und Niki Lauda) aus. Er verzichtet auf ein eigenes Management, hat das bestehende aufgelöst. Hamilton möchte beweisen, dass er mehr kann als nur gut autofahren.

Seine Verhandlungspartner können das nur bestätigen. Sie haben Lewis bisher nicht zum Einlenken auf ihren „Werkskurs“ bewegen können. Im Gegenteil: Lewis Hamilton beweist den Herren, wer hier den Kurs bestimmt. Als seine Verhandlungspartner sich ein wenig störrisch zeigten, hat Hamilton erst mal eine kleine Warnleuchte eingeschaltet:

  • Er hat auf seine Start-Nummer 1 als Weltmeister des Jahres 2014 verzichtet.

Er fährt gerne mit seiner bisherigen Start-Nummer 44 auch in der 2015er Saison. Intern ist man bei Mercedes – gerade in Marketing und Werbung – entsetzt. Man muss nun weltweit auf die schönen Fotos eines Mercedes mit der plakativen 1 verzichten. Dabei glaubt man doch auf den Stuttgarter Etagen, dass gerade die 1 versinnbildlicht, was die Serienfahrzeuge sein sollen. - Und vom Preis her auch sind: Premium!

Wäre man rechtzeitig zu einem Vertragsabschluss gekommen, hätte sich Lewis Hamilton sicherlich breit schlagen lassen... - So zeigte er in Australien nur ein breites Lächeln. Und da nicht nur nach einem gewonnenen Qualifying, sondern auch nach seinem ersten Rennsieg in der neuen Saison.

Von nun an kann's für Mercedes-AMG nur noch teurer werden. Und so macht Lewis Hamilton aus „Toto“ Wolff langsam einen toten Wolf.

Auch Nico Rosberg wird Hamilton und seine komplexe Art als Rennfahrer akzeptieren müssen. Das Ergebnis des ersten Rennens hat gezeigt, wer „der Herr im Haus ist“. Beide, sowohl Hamilton als auch Rosberg interessiert auch nicht, ob es ein Rennen am Nürburgring geben wird.

Und die, die nun am Nürburgring das Sagen haben – oder die im SWR darüber dozieren – die haben eigentlich noch gar nicht begriffen, dass Nürburgring nicht gleich Nürburgring ist. Der Nürburgring GP-Kurs ist kurz und langweilig, die Nürburgring-Nordschleife ist lang und kurzweilig. Der Mythos Nürburgring geht ausschließlich von der Nordschleife aus. So empfinden das übrigens nicht nur die Fahrer, sondern auch die Zuschauer.

Das Sicherheitskonzept für den Grand-Prix-Kurs, 1984 fertig gestellt, hatte man bei Porsche entwickeln lassen. Es ist – verglichen mit der Nordschleife – ein reizloser Kurs. Selbst mit einem normalen Serienwagen auf beiden Strecken unterwegs, wird einem auffallen, dass einem auf dem Grand-Prix-Kurs nur das Auto leid tun kann. Was auf der Nordschleife fahrwerkmäßig wunderbar funktioniert, zeigt auf dem Grand-Prix-Kurs nur eines deutlich: Untersteuern.

Und Zuschauer sind auf dem Grand-Prix-Kurs gut beraten, ein Fernglas mitzunehmen.

Den Bauherrn damals war nach der Fertigstellung des Kurses klar, welche Fehler sie gemacht hatten. Sie waren um kleine Korrekturen bemüht, haben aber den grundlegenden Fehler natürlich nicht ausbügeln können.

Auch Nico Rosberg würde – wenn man das Interview aus dem „magazin“ der „Frankfurter Allgemeine“ von Samstag liest wahrscheinlich den Spruch auf einem Aufkleber aus dem Nürburgring-Angebot anders texten als das bisher geschah.

„Lieber Nürburgring als Ehering“

ist da zu lesen; während Nico Rosberg gegenüber der FAZ bekennt:

„Der wichtigste Schmuck ist mein Ehering“.

Jetzt, nach dem ersten Doppelsieg von Mercedes in der neuen Saison, mit dem man auch Vettel auf Ferrari mit einem eigentlich guten 3. Platz, aber das mit gut 33 sec Rückstand (auf 58 Runden) relativ „alt aussehen“ ließ, wird sich keiner aus dem jetzt schon wieder deutlich in der WM-Wertung führenden Werksteam für ein Rennen am Nürburgring interessieren.

Aber Hockenheim könnte die Mercedes-Oberen jetzt veranlassen, weil kein Zweifel daran bestehen kann, dass man mit einer hohen Gewissheit auch im Juli einen Mercedes-Sieg in Hockenheim vorhersagen kann, noch mal einen Blick in die Kasse zu werfen. Wenn man weiß, was z.B. eine Fernsehwerbung kostet. - Aber in der vor uns liegenden Woche müsste es spätestens – und defintiv - zu einer Einigung unter allen Beteiligten kommen.

Mercedes könnte auch mit seinen vielen tausend Mitarbeitern schon eine gewisse Zuschauerzahl fast garantieren, denn wer von der Mercedes-Mitarbeitern würde nicht gerne die Formel 1-Fahrzeuge seiner Firma siegen sehen.

Mercedes selbst könnte das Grand-Prix-Umfeld in Hockenheim auch für dann – wegen der geringeren Anreisekosten – günstige Marketing-Aktionen in der Händler- und Kundschaft nutzen.

In Melbourne wurden heute die Weichen gestellt. Nun kommt es darauf an, dass auch Bernie Ecclestone den Bogen nicht überspannt. - Eigentlich stehen jetzt für Hockenheim die Signale auf „Grün“.

Das Hotel- und Gaststätten-Gewerbe hat derweil in der Eifel-Region um den Nürburgring längst ausgerechnet, was der Verlust des Formel 1-Rennens und der durch kurzsichtiges Verhalten angerichtete Fast-Totalschaden in Sachen „Rock am Ring“ kostet.

Die „Experten“ des neuen Betreibers können das eigentlich gar nicht fassen:

„Und ich dachte, die „Rock am Ring“-Besucher reisen alle mit Zelt an.“

Das sind die gleichen Leute, die von Gewinnen in 2014 nach „Ebitda“ sprechen. Und damit den Eindruck zu erwecken versuchen... - Das ist leider nicht so: Auch 2014 wird der „Gewinn“ rot schimmern, wenn man „normal“ bilanziert.

Und der FIA WEC-Lauf Ende August kann nicht ansatzweise die Lücke ausfüllen, die durch das Fehlen des Formel 1-Rennens in der Eifel gerissen wird.

Wobei die Art der geplanten „sportlichen Ausrichtung“ dieses WEC-Laufes noch eine eigene Geschichte wert ist.

MK/Wilhelm Hahne
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