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Für Viele – auch viele Kollegen – ist es eine Überraschung. Ferdinand Piech, der Aufsichtsratsvorsitzende des VW-Konzerns ist überraschend zurückgetreten, hat seine bisher eingenommene Position auf dieser Ebene zur Verfügung gestellt. Man sollte nämlich nicht vergessen, dass er auch zu den Eignern dieses Konzerns gehört. Darum wird auch – nach seinem Rücktritt – sein persönliches Interesse an der Zukunft des Konzerns nicht geringer sein. Trotzdem hat er etwas getan, was den Wert des Konzern deutlich mindert. Denn wer lenkt jetzt jenen „Industrietanker“, dessen Größe – und Masse! - von einem Kapitän eine große Voraussicht erfordert. Selbst ein schnell eingeleitetes Bremsmanöver wird wegen der „Masse“ so ein Schiff noch „kilometerweit“ weiterfahren lassen. Darum wird der aktuelle Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden aktuell nicht mehr auslösen, als den Verkauf von VW-Aktien einiger besorgter Aktionäre. - Und es wird viele Sprüche und Erklärungen geben von der Art, dass sie nirgendwem nutzen oder schaden. Vor allen Dingen denen nicht, die sie aussprechen. - Über die Zeit betrachtet – man darf eben den Vergleich mit einem Tanker nicht aus dem Auge verlieren – stellen sich die aktuellen Abläufe aber so dar:
Rücktritt Piech: VW ist der Verlierer!
Ferdinand Piech genießt die Achtung aller Leute mit Erfahrung im Automobilgeschäft. Er ist kein Mann dessen Auftreten dadurch einschüchtert, dass er dafür bekannt ist, dass er ausrasten kann, herum schreit, Mitarbeiter nieder knüppelt.
Insofern hat Ferdinand Piech auch das, was z.B. bei ich einem Herrn Winterkorn vermisse: Führungsqualitäten.
Ferdinand Piech ist vielleicht deshalb in einem bestimmten Umfeld deshalb gefürchtet, weil man nicht weiß, was er weiß. - Er weiß oft sehr viel mehr, als seinem aktuellen Gegenüber gut tut. Piech ist nicht nur ein guter Beobachter, sondern auch ein guter Techniker und Kaufmann. Er ist nicht unbedingt der Taktiker, der seine Pläne langfristig anlegt.
Das war in seinen jungen Jahren noch ein wenig anders. Da hatte er oftmals Zeit. Sehr viel Zeit. Und er hat über diese Zeit – Einflüsse hin, Einflüsse her – niemals sein Ziel aus dem Auge verloren. Nicht alles ist ihm immer so gelungen, wie er es einmal geplant hatte. Mir fällt dazu seine etwas unglückliche Doktor-Arbeit ein.
Aber das waren nur Randerscheinungen, die seine Bedeutung in der Branche nicht gemindert haben. Ferdinand Piech ist eine Persönlichkeit. Andere werden – trotz vieler Titel – niemals zu einer werden.
Entlarvend für sein berufliches Umfeld in den letzten Jahren ist deren Verhalten „dem Chef“ Ferdinand Piech gegenüber. Man mochte ihn zwar nicht, weil er in seinen Forderungen unerbittlich war, aber man hat ihm keine eigene Meinung – und Leistung! - gegenüber gesetzt, sondern hat sich selbst zum Erfüllungsgehilfen degradiert.
Da saßen z.B. in der Audi-Zeit eines Ferdinand Piech dann leitende Persönlichkeit abends zur späten Zeit lesend – oder dösend – deshalb noch in ihrem Büro, weil sie wussten, dass dieser Herr Piech von ihnen erwartete, jederzeit für ihn zu sprechen zu sein, so lange er im Hause war.
Wenn Ferdinand Piech's schwarzer Audi dann – endlich! - das Werksgelände verließ, wie man aus dem Fenster beobachten konnte, dann gingen in einigen Büros der „Führungskräfte“ dann umgehend die Lichter aus. - Man konnte – endlich! - „Dienstschluss“ machen.
Was war denn Martin Winterkorn anders als ein Befehlsempfänger und Erfüllungsgehilfe eines Ferdinand Piech? Im Verlauf der Jahre der „Befehlsumsetzung“ - einer erfolgreichen! - hatte sich wohl in Winterkorn eine Veränderung vollzogen: Er war selbstsicherer geworden, hat sich selbst für eine Führungskraft gehalten.
Sein Auftreten hat sich aber intern deutlich von dem eines Ferdinand Piech unterschieden. Winterkorn hat schon seine Mitarbeiter mal lautstark zusammengestaucht. Er war nicht immer leise. Dafür war seine Kritik nicht immer sachbezogen, wurde aber vom Umfeld akzeptiert, weil er schließlich seiner Position nach der „Chef“ war.
Wenn Winterkorn – vor Jahren – z.B. in der Startaufstellung zum 24-Stunden-Rennen von Le Mans die Audi-Techniker fragte, ob sie nach einem Differentialschaden eines der Einsatzfahrzeuge am Vortag denn auch das Differential des zweiten Audi untersucht hätten, dann wartete ein Herr Winterkorn nach einem NEIN keine weitere Erklärung ab, sondern wies lautstark an, diese Untersuchung sofort und umgehend vorzunehmen.
Das geschah. Und dieser zweite Audi war dann gerade noch rechtzeitig vor dem Start wieder zurück in der Aufstellung. Ergebnis der Untersuchung: Es war alles in Ordnung. - Das wussten die Audi-Techniker aber schon vorher, weil sie das aus dem aufgetretenen Schaden beim ersten Audi ableiten konnten. - Aber gesagt hat das Winterkorn niemand. - Weil man sich nicht traute. Viele haben Angst vor ihm. - Keinen Respekt!
So hat Winterkorn als Führungskraft im Umgang mit seinen Mitarbeitern oft versagt. Argumente wurden nicht akzeptiert, als Gegen-Argumente auch gar nicht von Herrn Winterkorn erwartet. - Er war der Chef!
Ferdinand Piech war – und ist – anders. Er konnte auch, was eine Reihe Leuten ihm nicht zutrauen, schon mal über sich selber lachen. Aber eigentlich hat er sich mehr über die „Manager“ in seinem Umfeld amüsiert, die immer wieder erst seine Reaktionen auf bestimmte Ereignisse abwarteten, bevor sie selber eine Reaktion zeigten. - Natürlich dann ganz von der Art bestimmt, die auch Ferdinand Piech gezeigt hatte.
Wenn jetzt aus dem VW-Umfeld – vor allen Dingen aus dem VW-Aufsichtsrat – Stimmen zu hören sind, die die Verdienste eines Ferdinand Piech loben, aber auch deutlich werden lassen, wie sehr sie einen Martin Winterkorn schätzen, dann kommt damit auch ein wenig von der Erleichterung rüber, die die „Niederlage“ - wie man jetzt sagt – eines Ferdinand Piech bei ihnen ausgelöst hat.
Da glauben sich nun ein ehemaliger Gewerkschafts- oder ein Partei-Funktionär in einer besseren Ausgangsposition. Schon das zeigt, dass sie vorher ihre Position niemals richtig begriffen hatten. Ferdinand Piech war nicht nur irgendwann einmal Vorstandsvorsitzender bei VW, er kennt aus der gleichen Position auch Audi durch und durch. Wenn jemand die Bedeutung von Porsche richtig einschätzen kann, dann Ferdinand Piech. - Und so nebenbei ist er noch Großaktionär der Porsche Automobil Holding SE. - Zufällig hält die auch die Mehrheit der Stimmrechte bei der Volkswagen AG.
Bei SPIEGELonline ist man aktuell der Meinung, dass sich Ferdinand Piech mit seinem Rücktritt von der Position des Aufsichtsratsvorsitzenden „gewissermaßen selbst guillotiniert“ habe. Ich sehe das anders: VW sieht sich nun eines Kopfes beraubt, der den Volkswagen-Konzern zu der Bedeutung geführt hat, den er heute in der Welt genießt.
Ferdinand Piech wollte mit seiner Entscheidung gegen Winterkorn – die aus meiner Sicht durchaus seine Berechtigung hatte – noch einmal grundsätzlich die Weichen für eine glückliche Fahrt des Konzerns in die Zukunft stellen.
Das ist ihm – wie man auch den vielen Kommentaren entnehmen kann, die in ihrem vorsichtigen Hin und Her wie Stücke Treibholz im Mainstream wirken - deshalb nicht gelungen, weil selbst ein Umfeld, dass von der jetzt getroffenen Entscheidung des Herrn Piech tief betroffen sein wird, die Langzeitwirkung nicht begreift, die für den VW-Konzern davon ausgeht.
Martin Winterkorn kann – schon aus Altersgründen – den Konzern nicht in die Zukunft führen. Auch die Herren Ex-Gewerkschaftsführer Huber oder Niedersachsens Ministerpräsident Weil können das als Aufsichtsratsmitglieder nicht.
Typisch für die moderne Art, Wahrheiten zu verschleiern, ihnen die Schärfe zu nehmen, ist die Erklärung des Dr. Wolfgang Porsche, Aufsichtsratsvorsitzender der Porsche Automobil Holding SE, Stuttgart, die aktuell von der Presseabteilung verbreitet wird:
„Wir haben volles Vertrauen in die Unternehmensführung der Volkswagen AG und bedauern die Entwicklung der letzten Tage.
Wir danken Ferdinand Piëch für die Jahrzehnte seines außergewöhnlichen und höchst erfolgreichen Einsatzes für den Volkswagen Konzern. Wir werden weiterhin mit großer Loyalität unsere Verantwortung als Großaktionär für den Volkswagen Konzern und seine 600.000 Mitarbeiter wahrnehmen.“
Das ist die Art, mit der man selbst die, die man ein Leben lang nicht ausstehen konnte, dann in Grabreden – oder Todesanzeigen – mit ihren ganz besonderen Leistungen und Eigenschaften zu würdigen versucht.
Der „Industrietanker“ Volkswagen-Konzern läuft ab diesem Wochenende ohne jeden Piech-Vortrieb sicherlich noch eine Weile weiter. Auf der „Brücke“ des Konzerns wird man sogar erleichtert sein. Aber wer kann für die Zukunft des Konzerns zum eigentlichen Motor werden?
Man darf gespannt sein, wie die jetzige Situation, deren Wirkung über die Aktionärs-Hauptversammlung am 5. Mai 2015 hinausreicht, von den Aktienbesitzern und den Börsen dieser Welt empfunden wird.
Eines steht aber fest: Die Konkurrenz wird sich die Hände reiben!
1 Kommentar
Guter Kommentar
Gespeichert von jochen_seelig_a... am