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Als ich vor Tagen sehr vorsichtig die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland im Kalenderjahr 2019 hier auf diesen Internetseiten noch schätzen musste, da habe ich – vorsichtig – von 3.100 geschrieben. Heute hat nun das Statistische Bundesamt die amtlichen – vorläufigen – Zahlen bekannt gegeben. - Kaum waren die veröffentlicht, da gab es erste Kommentare von der Deutsche Verkehrswacht (DVW), der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) meldet sich zu Wort, es gab auch sofort eine Stellungnahme der GRÜNE Landtagsfraktion von Rheinland-Pfalz zur Entwicklung in diesem Bundesland – und auch die Meinung des TÜV-Verbands (VdTÜV) durfte nicht fehlen. - Ich finde die Sichtweise der Organisationen schon interessant und möchte meine Leser darüber – ausschnittweise – informieren.
Statistikzahlen: Jeder argumentiert auf seine Art!
Da ist auf der Internetseite des Amtes als objektive Darstellung – und Basis für die folgenden Kommentare - zu lesen:
„27. Februar 2020
6,6 % weniger Verkehrstote im Jahr 2019
Im Jahr 2019 sind in Deutschland 3 059 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen weiter mitteilt, waren das 216 Todesopfer oder 6,6 % weniger als im Jahr 2018 (3 275 Todesopfer). Damit erreichte die Zahl der Verkehrstoten den niedrigsten Stand seit Beginn der Statistik vor mehr als 60 Jahren. Auch die Zahl der Verletzten ging 2019 gegenüber dem Vorjahr zurück, und zwar um 3,0 % auf rund 384 000 Personen.“
Man hat gleichzeitig eine Grafik veröffentlicht, aus der sich die Unfallentwicklung – bezogen auf die Zahl der Unfalltoten – über ein paar Jahrzehnte klar ablesen lässt. Trotz gestiegenem Verkehrsaufkommen ist die Entwicklung positiv.
Sofort nach dieser Veröffentlichung sind den Journalisten erste offizielle Stellungnahmen und Kommentare auf die Computer zugestellt worden Ich möchte hier ein paar Ausschnitte ohne jeden weiteren Kommentar veröffentlichen:
„Die Deutsche Verkehrswacht (DVW) reagierte zufrieden ohne zu entwarnen, wie ihr Präsident Prof. Kurt Bodewig deutlich machte: „Noch nie mussten so wenige Menschen im Straßenverkehr Ihr Leben lassen. Das ist erfreulich und zeigt, wie wichtig eine gute Präventionsarbeit ist. Auch die DVW bleibt mit ihren tausenden engagierten Mitgliedern dieser Aufgabe zukünftig verpflichtet, denn von einer Entspannung der Lage kann nicht ausgegangen werden.“
Rund 2,7 Millionen Unfälle registrierte die Polizei im letzten Jahr, ein Plus von 1,9 Prozent. Damit krachte es etwa alle zwölf Sekunden auf Deutschlands Straßen. Genauso zeigen sich bei einzelnen Verkehrsteilnehmergruppen kaum positive Entwicklungen in der Unfallbilanz.
Bodewig: „Die Unfallzahlen sind insgesamt noch viel zu hoch. Besonders Radverkehr bleibt eine Herausforderung. Hier dürfen wir nicht nachlassen.“
„Mehr Engagement bei der Um- und Neugestaltung der Infrastruktur, mehr Personal für die Verkehrsüberwachung und eine Reform des Sanktionengefüges fordert der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) von den Kommunen, den Ländern und dem Bund. Das seien notwendige Maßnahmen, um die Zahl der Verkehrsopfer nachhaltig zu senken. Nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamts starben 3.059 Menschen bei Verkehrsunfällen im Jahr 2019. Das sind 216 Menschen weniger als im Vorjahr. Damit ist die Zahl der Getöteten auf einem historisch niedrigen Stand - ein großer Erfolg, der Mut macht, aber noch kein Grund zum Aufatmen.
Denn die Zahl der Verkehrsunfälle insgesamt ist erneut gestiegen, auf rund 2,7 Millionen, ein Plus von 1,9 Prozent. Dass es insgesamt weniger Getötete und Verletzte gab, führt DVR-Hauptgeschäftsführer Christian Kellner auf die Vielzahl der Fahrassistenten in Autos zurück. „Ob ABS, Airbag oder Notbremsassistent – viele dieser Sicherungssysteme sorgen dafür, dass Menschen in Fahrzeugen weniger schwer oder gar nicht verletzt werden.“ Allgemein habe sich aber in den vergangenen Jahren noch zu wenig getan, um die Zahl der Verkehrstoten vom Niveau der Vorjahre herunterzuholen. Zudem sei der Anstieg der getöteten Pedelecfahrer um über 32 Prozent besonders besorgniserregend. „Von einer deutschlandweiten Strategie Vision Zero sind wir noch weit entfernt“, sagt Kellner. „
„...erklärt Jutta Blatzheim-Roegler, verkehrspolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion RLP:
„Es ist erfreulich, dass in Rheinland-Pfalz insgesamt ein leichter Rückgang bei den Verkehrstoten zu verzeichnen ist. Wir müssen unsere Bemühungen, die Straßen im Land für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sicherer zu machen, jedoch weiter verstärken. Das Land macht bereits vieles richtig, es geht aber noch mehr. Für uns ist das Ziel weiterhin die Vision Zero, das heißt eine Mobilität ohne Verkehrstote. Streng kontrollierte Tempolimits sind dabei die wirksamste Maßnahme, um tödliche Unfälle in Zukunft zu verhindern. Wir müssen dem Schutz von Menschenleben deshalb endlich Vorrang geben vor einem gefühlten Recht aufs Rasen. Das Mantra ‚Freie Fahrt für freie Bürger‘ begünstigt nur das Recht des Stärkeren. Diese Haltung hat in einer zeitgemäßen Mobilitätspolitik nichts zu suchen.
Alarmierend ist, dass deutlich mehr Radfahrerinnen und Radfahrer tödlich verunglückt sind. Vor allem die Sicherheit für die schwächeren Verkehrsteilnehmenden muss erhöht werden. Dafür müssen auch die Kommunen gezielt verkehrspolitische Prioritäten zugunsten von Fußgängerinnen und Fußgängern sowie Radfahrerinnen und Radfahrern setzen. Die Erstellung von Radwegekonzepten muss in allen Kommunen höchste Dringlichkeit haben. Dass das möglich ist, hat gerade die finnische Hauptstadt Helsinki gezeigt: Bei rund 630.000 Einwohnerinnen und Einwohnern hatte die Stadt im vergangenen Jahr keine Verkehrstoten zu beklagen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs waren. Als Hauptgrund für diesen Erfolg wird die Verringerung der Höchstgeschwindigkeiten angeführt, in Wohngebieten und im Stadtkern beispielsweise gilt ein Limit von 30 Stundenkilometern. Vor diesem Hintergrund begrüße ich, dass auch die Landeshauptstadt Mainz weitreichende Tempo 30-Regelungen im Stadtzentrum und engmaschige Geschwindigkeitskontrollen angekündigt hat.
Eine neue Einstellung zur Höchstgeschwindigkeit brauchen wir aber auch außerorts. Auf über der Hälfte der rheinland-pfälzischen Autobahnkilometer gilt bisher überhaupt kein Tempolimit. Gleichzeitig wissen wir aus unserer Kleinen Anfrage vom vergangenen Jahr, dass auf den Autobahnen im Land seit 2014 über 10.000 Unfälle durch überhöhte Geschwindigkeit verursacht wurden. Nicht nur eine Mehrheit der Bevölkerung, sondern auch beispielsweise die Gewerkschaft der Polizei befürwortet deshalb die Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen. Im Sinne des Lebens- und Gesundheitsschutzes muss daher das Tempolimit auf Autobahnen endlich eingeführt werden.“
„..sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands (VdTÜV):
„Auf dem Rückgang der Verkehrstotenzahl dürfen wir uns nicht ausruhen. 3059 getötete Menschen im Straßenverkehr sind 3059 zu viel. Mit Blick auf das neue Jahrzehnt erwarten wir von der Bundesregierung ein neues, wegweisendes Verkehrssicherheitsprogramm. Die EU-Kommission hat dabei die Zielrichtung vorgegeben: Eine Halbierung der Zahl der Verkehrstoten und Schwerstverletzten bis zum Jahr 2030. Wir brauchen ein Maßnahmenpaket, das die Verkehrsinfrastruktur, die Fahrzeugsicherheit und das Verkehrsverhalten einschließt. Ganz wichtig ist die Verbesserung der Infrastruktur für den Fahrradverkehr, vor allem in Innenstädten. Ein klarer Rahmen für Alkohol-Interlock-Programme und eine Absenkung der Promillegrenze auf 1,1 für eine verpflichtende MPU können Alkohol- und Drogenfahrten wirksamer verhindern. Zudem sollten Autofahrer im Umgang mit Assistenzsystemen in ihren Fahrzeugen besser geschult werden, um deren Potenzial für die Sicherheit ausschöpfen zu können. Darüber hinaus darf die polizeiliche Verkehrsüberwachung kein Schattendasein mehr fristen. Sie ist ein zentrales und sehr erfolgreiches Mittel der Verkehrssicherheitsarbeit. Die personellen Kapazitäten für diesen Kernbereich der Polizeiarbeit müssen erhöht werden.“
Jeder Leser sollte sich dazu seine eigenen Gedanken machen!
MK/Wilhelm Hahne
PS: Ein Motor-KRITIK-Hinweis: Das „vorläufige“ im Ergebnis – wie es vom Statistischen Bundesamt erwähnt wird – wurde von allen Kommentatoren überlesen!