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Corona macht‘s möglich, dass es vor einem VLN-Rennen keine technische Abnahme mehr gibt! - Dafür unterschreibt der Bewerber/Fahrer, dass alles den technischen Bestimmungen der VLN/NLS und den gültigen Bestimmungen von DMSB und FIA entsprechen. - Aber wenn jemand als Sieger (oder „Treppchen“-Kandidat) die Ziellinie überfährt, dann findet eine technische Überprüfung statt. So auch nach dem dritten VLN-Lauf in dieser Saison am 12. Juli 2020, beim 52. ADAC Barbarossa-Preis. - Es wurde ein „gravierender Fehler“ beim realen Sieger aufgedeckt und ein neuer – vorläufiger – Sieger bestimmt, der vorher Zweiter war. Bis dass der DMSB durch seine Sportrichter klären lässt, ob nun tatsächlich… - und ob der Sieger dadurch wirklich einen „entscheidenden Vorteil“ erlangte, da wird es noch eine Weile dauern. Bis dahin ist das Rennergebnis „vorläufig“ und der aktuell als Sieger dargestellte Teilnehmer ist dann – vielleicht – gar nicht mehr der Sieger. - In jedem Fall wurde der Zuschauer betrogen. Er hat ein Rennen gesehen, dass sich derzeit im Ergebnis nicht wider spiegelt. - Das passierte in 2020. - In 2014 gab es einen vergleichbaren Fall. Ich wurde durch den aktuellen Fall an ihn erinnert und möchte meine Motor-KRITIK-Leser noch einmal zurück ins Jahr 2014 zurück führen, wo es auch – Sportgesetz hin, Sportgesetz her – um die Frage ging, ob der Sieger durch einen Verstoß um Millimeter – unabhängig davon, ob er eigentlich dafür verantwortlich gemacht werden kann – einen „entscheidenden Vorteil“ erzielte. - Hier folgt, wie dieser Fall 2014 erledigt wurde. - Ob man in 2020 schon weiter ist, werden die nächsten Wochen zeigen.
Wenn‘s um einen entscheidenden Vorteil geht!
Der 39. DMV Münsterlandpokal 2014 wurde von Publikumsliebling Jürgen Alzen mit seinem Ford GT3 mit der Startnummer 777 gewonnen. Auf Platz zwei lief das Porsche-Team Abbelen/Schmitz/Huisman/Stippler mit der Startnummer 30 ein.
Der 52. ADAC Barbarossapreis 2020 wurde von einem Ferrari aus der Schweiz, mit den Fahrern Grossmann/Trummer/Hirschi/Ludwig und der Startnummer 26 gewonnen. Auf Platz zwei lief das Mercedes-Team mit den Fahrern Engel/Metzger/Christodoulou/Stolz und der Startnummer 16 ein.
In beiden Fällen wurde das auch von den Zuschauern – im ersten Fall „vor Ort“, im zweiten Fall „vor dem Fernseher“ - so wahrgenommen.
Was diese beiden „Sieger“ verbindet ist: Alzen hatte 2014 einen Unfall im Training, Grossmann hatte 2020 einen Unfall bei den Einstellfahrten am Freitag vor dem Rennen. Er war – bei dem schon von Motor-KRITIK geschilderten Super-Crash – das letzte Fahrzeug, das zu schnell um‘s Eck bog und dann die Leitplanken nutzen musste, um auf der Strecke zu bleiben.
Immerhin konnte der Ferrari weiterfahren, während damals beim Ford GT3 der Radträger gewechselt werden musste. Aber Alzen hatte das Glück, dass er, nachdem er in Rennrunde zwei wieder die Box zu einer Nach-Reparatur anlaufen musste, dass Rennen mit „roter Flagge“ wegen Nebel abgebrochen wurde.
Der 39. Münsterlandpokal war vom Wetter bestimmt. Aber unter diesen wechselnden Bedingungen konnte damals der Ford GT3 mit Jürgen Alzen den Porsche 911 GT3 R schlagen.
Doch dann wackelte der Sieg, weil die Sportkommissare – damals unter Leitung von Horst Wippermann – feststellten, dass der Heckflügel des Gesamtsiegers um wenige Millimeter hinter dem Heck endete. Lt. Sportgesetzt darf der nur bis zum Heckende reichen! - Dem Gesamtsieger drohte die Disqualifikation!
Beim siegreichen Ferrari-Team im Jahre 2020 wurde bei der technischen Nachprüfung festgestellt, dass der linke Hinterradreifen nicht den DMSB-Vorschriften entsprach:
„Am Fahrzeug mit der Startnummer 26 wurde hinten links ein Reifen mit einer bezeichneten Spezifikation verwendet, die vom Hersteller nicht in der Box1-Liste aufgeführt war“, heißt es in der schriftlichen Begründung der Sportkommissare.“
So wurde – vorläufig – ein neuer Sieger im Rennergebnis benannt. Ob er es bleibt, wird nun in einem DMSB-Sportgerichtsverfahren entschieden werden, da sowohl das als Bewerber im Teilnehmerverzeichnis benannte Team, als auch der Reifenhersteller gegen das „vorläufige“ Urteil der Sportkommissare in Berufung gegangen sind.
Pikant ist, dass der Ferrari Goodyear-bereift unterwegs war und Goodyear ist nun einmal ein wichtiger Sponsor dieser Nürburgring Langstrecken-Serie.
Muss man auch in diesem Fall bedenken, dass das Ferrari-Team aus der Schweiz anreiste und – schon um Verzollungsprobleme zu vermeiden – das Fahrzeug vom Goodyear-Reifendienst im Fahrerlager am Nürburgring ausrüsten ließ, während die meisten anderen – deutschen – GT3-Teams schon mit fertig bereiften Fahrzeugen anreisten.
Der Reifenhersteller Goodyear nimmt die „Fehlbereifung“ auf seine Kappe und stellt klar, dass das Team durch die einseitige Bereifung mit einem Reifen, der nicht „in der Box1-Liste“ aufgeführt ist, keinen Vorteil hatte, da der Reifen in seiner chemischen Zusammensetzung exakt den anderen drei verwendeten zugelassenen Reifen entsprach.
- Motor-KRITIK möchte hier nicht weiter ins Detail gehen. Die Verantwortung für eine Entscheidung liegt beim DMSB!
Ich möchte aber hier weiter schildern, wie damals bei Publikumsliebling Jürgen Alzen und sein Ford GT3, bzw. dessen technische Beanstandung durch die Sportkommisare weiter behandelt wurde:
Man stellte fest, dass der Heckflügel in einem Langloch befestigt ist, sich die Schrauben offenbar während des Rennens gelockert und der Heckflügel sich nach hinten verschoben hatte. - Aber Sportgesetz ist Sportgesetz! - Aber andererseits ging es auch darum, ob der siegreiche Fahrer durch sein(?) Vegehen, einen „wesentlichen Vorteil“ gehabt hat.
Bei weiteren Untersuchungen stellt man fest, dass sich der Heckflügel beim nach hinten Verschieben auch um einige Millimeter gesenkt hatte. - Man verhandelte, diskutierte und schließlich entschloss sich der leitende Technische Kommissar zu einer Formulierung, dass wahrscheinlich der Vorteil durch den nach hinten verschobenen Heckflügel durch das gleichzeitige Absinken praktisch egalisiert worden wäre. - So seine „Theorie“ aus Erfahrung!
- Jürgen Alzen blieb also nach dieser Entscheidung des leitenden Technikers Gesamtsieger!
Das fand nicht unbedingt die Zustimmung aller Techniker. Der Vorgang wurde also insgesamt an den DMSB weiter geleitet, der nun seinerseits ein Verfahren gegen Horst Wippermann einleitete. - Ihm drohte die Suspendierung!
Nun schaltete sich auch die Firma Ford ein, stellte für entsprechende Messungen den eigenen Windkanal zur Verfügung. Dort bestätigte sich die theoretische Annahme des leitenden Technischen Kommissars Horst Wippermann. - Er blieb damit von einer Bestrafung durch den DMSB verschont!
Das sind „Hintergrund-Informationen“ von „damals“, die heute hier erwähnt werden, weil der Fall des Gesamtsiegers aus VLN-Lauf 3 ähnlich gelagert ist. Der DMSB muss jetzt – ohne dass ein Technischer Kommissar aufgrund seiner Erfahrung hier vorgegriffen hätte - die Frage beantworten:
- Hat der Ferrari mit der Start-Nummer 26 durch einen nur hinten links aufgezogen Reifen, der nicht „gelistet“ war, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gehabt?
Warten wir die Entscheidung des DMSB ab. - Wenn man den Ablauf – und was daraus wurde - der „alten, vergleichbaren Geschichte“ kennt, darf man auf das Sportgerichts-Urteil im aktuellen Fall in Frankfurt gespannt sein.
Demnächst in diesem „Theater“!