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Natürlich erlebt man es nicht nur vor dem 24-Stunden-Rennen am Nürburgring: „Das größte Autorennen der Welt“, „Die besten Tipps“, „Die schnellsten GT-3-Autos“. Aber die Superlative fallen dann besonders auf. „Bis zu 200.000 Menschen strömen jedes Jahr im Mai an den Nürburgring.“ - Das stimmen dann in einem Satz sogar zwei Angaben nicht. - Macht nichts, denn es passt ja ins moderne Konzept. - Auch der Journalisten und Verlage. - Der Rennveranstalter auch. - Aber auch der Automobilhersteller.
Nürburg: Das 24h-Race steht für viele Superlative!
Heute wird oft geradezu hemmungslos gelogen. Es gilt das Gesetz der großen Zahl. Größer bedeutet eben besser. Klein und fein hat an Bedeutung verloren. - Das war gestern.
Eine Hinterachskonstruktion sollte in der Entwicklung schon mindestens eine Milliarde kosten. Sonst wird sie vom Autofahrer nicht ernst genommen. Eine einfache Starrachse, vielleicht zu einer De-Dion-Lösung verfeinert? - Schrott von gestern! - Dass man damit aber – z.B. bei Regen – einem modernen Elektronik-Monster mit Sechslenker-Hinterachse evtl. deutlich „um die Ohren fährt“, das werden die Technik-Freaks nicht begreifen.
Schließlich hat doch die moderne Konstruktion deutlich mehr gekostet. Und dann hat „der Neue“ doch noch ESP, ASR, ABS, Displayeinblendungen auf der Windschutzscheibe, Regensensor und automatische Einparkhilfe. - Aber keine Öltemperaturanzeige. - Was soll man auch damit?
Die Zuschauer haben in dieser Woche mal wieder Gelegenheit, auf der Nürburgring-Nordschleife fahrwerkmäßig die Unterschiede zwischen „gestern“ und „dem Vorsprung durch Technik“ zu vergleichen. Am Freitag gibt es die „24-Classic“ (von 12:55 – 15:25 Uhr) auf dem Gesamtkurs. Am Samstag wühlen sich dann um 30 GT3 durch den „Bodensatz“ der restlichen Teilnehmer. Alle gleichschnell, da durch Gewichtsausgleich, Drosselung der Luftzufuhr eine „Balance of Performance“ (BoP) angestrebt wird. Und wenn dann ein paar GT3 gleichzeitig durch den „Tiergarten“ stürmen, dann appeliert man an die Vernunft der Teilnehmer.
Vielleicht sollten sich die Sportfunktionäre daran erinnern, dass der Motorsport einmal der Weiterentwicklung der Technik, dem Fortschritt dienen sollte. Heute gibt man einem Sportwagen, dessen Hersteller den überall angestrebten Leichtbau verwirklicht hat, 100 Kilogramm Gewicht ins Fahrzeug. - Damit der Motorsport für den Zuschauer attraktiver wird. - Sagt man.
- Und versucht sich in Gleichmacherei. - Und keiner schreit auf.
Bei der Formel 1 wird Pirelli gelobt, weil es denen gelungen ist im Jahre 2012 den schlechtesten Reifen zu fertigen, der dann beim Rennen für Spannung sorgen soll. - Toll! - Und im Qualifying der letzten Zehn startet man aus taktischen Gründen heute oft besser nicht, weil man so dann einen Reifenvorteil hat. - Das ist intelligente Taktik.
Boxenstopps entscheiden heute über Sieg und Niederlage. Aber es gibt in einer anderen Serie auch Boxenstopps, deren Länge vorgeschrieben ist. Oder Tankvorgänge werden gleichlang – durch unterschiedliche Durchlaufmengen beim Tanken – vorgeschrieben, damit ein sparsames Automobil, das nur 90 Liter für eine bestimmte Distanz benötigt, genauso lange braucht, wie ein Fahrzeug mit durstigem Verbrennungsmotor, das 120 Liter benötigt. - Wer besser ist, sollte keinen Vorteil haben. Damit die Spannung für den Zuschauer erhalten bleibt und möglichst noch gesteigert wird. - ??? -
Aber passieren darf nichts. Die Risiken sollen minimiert werden. Damit selbst Anfänger unfallfrei über die Runden kommen. So baut man dann Retorten-Rennstrecken mit großen Auslaufzonen. Damit die nicht einzelnen Fahrern zum Vorteil gereichen, bringt man dann Farbmarkierungen auf, deren Überfahren deutlich bestraft wird.
- Alles sehr spannend. - Für die Zuschauer. - Für welche Zuschauer?
In der aktuellen Sonderbeilage „Motorsport aktuell – SPEZIAL“ lese ich z.B.:
„Die Nordschleife ist die längste und gefährlichste Achterbahn aller Rennstrecken. Für die Piloten ist sie das Maß aller Dinge, ein heiliger Gral. Sie pilgern aus fernen Ländern zum Rennsport-Mekka in die Eifel, so wie Extrembergsteiger, die sich mit dem Mount Everest oder der Eiger Nordwand messen.“
Weiter erfährt man:
„Bis zu 200.000 Menschen strömen jedes Jahr im Mai an den Nürburgring – und machen das Rennen zum Volksfest.“
Da stutze ich dann schon. - Wann waren zum letzten Mal 200.000 Besucher zum 24-Stunden-Rennen am Nürburgring? - Und warum kommen die jedes Jahr im Mai?
Eigentlich wurde das 24-Stunden-Rennen in den ersten Jahren immer zu einem Wochenend-Termin durchgeführt, der in der Nähe des längsten Tages im Jahr lag. Aus Sicherheitsgründen. Das wurde dann schon mal bis in den Oktober verschoben, weil man hoffte, so Werke zu einem Start animieren zu können. Dann suchte man sich Termine aus, die für normale Besucher einen wichtigen Feiertag aufwiesen, der den Besuch des Rennens erleichterte.
Werfen wir doch mal einen Blick auf die „kleinen“ Unterschiede zwischen publizierten Zuschauerzahlen und der Anzahl der verkauften Karten:
2000 116.000/32.160
2001 132.000/42.932
2002 151.000/46.968
2003 194.000/50.653
2004 220.000/52.456
2005 180.000/41.310
2006 198.000/42.262
2007 210.000/41.824
2008 220.000/43.818
Ich ende bei 2008, weil die Zahlen aus den internen Aufzeichnungen der Nürburgring GmbH, Abteilung Marketing Kommunikation, stammen, die zufällig mit diesem Jahr enden.
Da weiß man dann auch, was man von den Informationen zu halten hat, die auch in diesem Jahr wieder publiziert werden, um schon im Vorfeld der diesjährigen Veranstaltung die Fans zu benebeln.
Da werden natürlich keine Lügen verbreitet, sondern da handelt es sich um „tolles Marketing“. Und wer's glaubt, wird selig. Und wer's nicht glaubt, der kommt in den Himmel.
Wenn Sie mal auf den letzen Truck-GP , den des Jahres 2011 blicken und registrieren, was dort von der neuen, privaten Betreibergesellschaft so an Zahlen geträumt wurde... - Nun, man hat das alles nicht gewusst. Und überhaupt... - Man ist eben erfahren. In allen möglichen Dingen. Und man gibt oben „am Ring“ sein Bestes.
Aber vielleicht macht man einfach nur ein tolles Marketing. - Und von diesem neumodischen Kram verstehe ich vielleicht zu wenig.
Was sagen meine Leser dazu, dass sie vor dieser Zeile eine 12 Jahre alte Geschichte gelesen haben, die ich im Mai 2012 auf diesen Seiten eingestellt habe und die bis heute zur meistgelesenen Geschichte hier in Motor-KRITIK wurde?
Dieses Mal habe ich nur den Titel erneuert, der „damals“ ein anderer war. „Tolles Marketing = Große Zahlen“ war die Geschichte 2012 getitelt. Aufmerksamen Lesern wird aufgefallen sein, das die „alte“ Geschichte in „feinen Details“ nicht stimmte. Aber ist es eigentlich nicht unendlich traurig, dass man als Journalist eine 12 Jahre alte Geschichte zu einer Renn-Großveranstaltung praktisch unverändert veröffentlichen kann, weil sich in 2024 gegenüber 2012 eigentlich grundsätzlich kaum etwas verändert hat.
Nach wie vor wird der Öffentlichkeit etwas vorgemacht. Nicht nur von Seiten des Veranstalters, auch von Seiten der Automobilhersteller. Jeder macht eigentlich Jedem etwas vor. Ich vergesse die Aussage eines „Werksfahrers“ mir gegenüber nicht, der vor einem 24h-Rennen feststellte:
„Wie gut, dass du nicht bei einer Teambesprechung dabei bist.“
Wobei ich dann von anderen „Werksfahrern“ gehört habe, dass sich die Fahrer einer Marke – vor einem 24h-Rennen sind die „Teambesprechungen schon mal „weiter gefasst“ – sich nicht unbedingt an die getroffenen Absprachen halten. Dafür gibt es auch nur wenige Jahre nach 2012 sozusagen „ein klassisches Beispiel“.
Aber alle diese Vorkommnisse „hinter den Kulissen“ sind eigentlich ein Beispiel dafür, wie verlogen der Motorsport in der heutigen Zeit geworden ist. Natürlich hat es zu allen Zeiten „Schlitzohren“ gegeben, aber heute wird der nicht mehr als normal empfunden, der sich nicht wie ein „Schlitzohr“ verhält. Weil es ihm, seinem Teams, seiner Firma Vorteile bringt.
Zum 24h-Rennen 2024 darf man feststellen:
- Es war der unveränderte Motorsport aus einer „Klima-Vorzeit“!
Ab hier wollte ich dann eigentlich schreiben, was ich zur 2024er Ausgabe des 24h-Rennens für wichtig gehalten habe. Mir ist aber leider bei dieser aktuellen Veranstaltung, die ich auf dem Fernseher und Computer gleichzeitig verfolgt habe, wie man so schön sagt, „die Spucke weg geblieben“!
Nachdem die NES gezeigt hat, wie man eine neue Langstreckenrennen-Serie erst gar nicht startet, hat nun der ADAC durch seinen mitgliederstärksten Regionalklub deutlich machen lassen, wie man eine mehr als 50 Jahre alte Rennveranstaltung, die inzwischen zu den Nürburgring-Klassikern zählt, dann durch „Klub-Beamte“ im Eifel-Nebel untergehen lässt, indem man sogar die selbst gesetzten Regeln vergisst. In anderen Fällen orientiert man sich aber eng an diesen – vom DMSB genehmigten - Regeln und - bestraft auch!
Mit diesen zwei Fotos möchte ich nur auf den entscheidensten Fehler der Rennleitung bei diesem Rennen hinweisen:
- Das 24h-Rennen des Jahres 2024 wurde mit der Start- und Zielflagge abgewinkt!
Obwohl es zu den per Distanz miterlebten Entscheidungen schon noch etwas zu schreiben gäbe, möchte ich hier positiv meine Geschichte beenden:
Herzlichen Glückwunsch Frank Stippler!
Nicht wegen des erlebten Rennendes, sondern weil dieses Rennen – sofern es ein Stück Rennen gab – noch einmal deine ganze fahrerische Klasse deutlich gemacht hat!
Wilhelm Hahne
PS: Hinweis für meine Leser: Achten Sie bitte darauf, was unter dem „schwarzen Strich“ (von mir gemacht) zum Rennende bei der offiziellen Zeitmessung festgehalten wurde. - Werfen Sie dann bitte einen Blick auf den Text der offiziellen Ausschreibung zur Wertung dieses Rennens! - Und Sie werden verstehen, warum es diese zwei Fotos zum Ende des 24h-Rennens 2024 hier gibt. - Geben muss! - Aber vielleicht sollte man auch das Renn-Ende des 24h-Rennens 2024 einfach „im Nebel lassen“! - Das 24h-Rennen am Nürburgring steht für viele Superlative! Dieses Mal war es eine ADAC-Veranstaltung „zum Vergessen“!