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Der „permanente“ Rennleiter des 24h-Rennens am Nürburgring ist ein netter Mensch. Er ist sicherlich auch jemand, der „gute“ Entscheidungen trifft. Nun wird dieses „gut“ von unterschiedlichen Interessengruppen jeweils anders empfunden. Denn man sollte bei allem – „sportlichen“ – Denken nicht vergessen, dass auch sportliche Entscheidungen an wirtschaftlichen Interessen gemessen werden. Und da taumelt dann manchmal der Rennleiter einer motorsportlichen Großveranstaltung schon mal „zwischen den Seilen“ des Rings. Und der hat bekanntlich vier Seiten. Bei einer Motorsport-Veranstaltung ist das aber alles ein wenig anders. Da ist die Seite mit den „Industrie-Seilen“ sehr stark. Dann hat man mit der zur Veranstaltung gehörenden Ausschreibung auf der „gegenüber liegenden Seite“ auch „starke Seile“ gespannt. Dann kommen noch die Team-Interessen, die Fahrerinteressen, die Zuschauerinteressen und dann die noch von denen dazu, die davon überzeugt sind, dass sie alles besser wissen. Davon sind sie aber auch nur überzeugt, weil sie bereits auf anderen Gebieten durch ein „nass-forsches“ Auftreten sehr beeindruckt haben. Sonst wären sie schließlich nicht in die Position gekommen, die es ihnen aktuell erlauben würde, ihre Meinung für die „allein gültige“ zu halten. - Unter all diesen Gesichtspunkten sollte man auch die Entscheidungen des 24h-Rennens am Nürburgring betrachten, zu dessen „Endergebnis“ nun das DMSB-Sport-Gericht ein Urteil fällen muss. Dieses Urteil ist vorhersehbar, weil auch dafür etwas gilt, was durch meine bisher geschriebenen Sätze schon angedeutet wurde. - Ich bleibe aber dabei: Der „permanente“Rennleiter des 24h-Rennens ist ein netter Mensch!
Permanenter Rennleiter – mit einem Rennen pro Jahr!
Und das ist eigentlich der Haken! Erfahrung sammelt man nur durch Machen. Ein Chirurg wird auch dann erst wirklich zu einem guten „akademischen Handwerker“, wenn er viele Operationen auf einem Gebiet gemacht hat. - Da genügt eben nicht eine im Jahr.
So muss man das auch im Zusammenhang mit den Ereignissen am Nürburgring sehen. Der Rennleiter löst die ihm gestellten Aufgaben zwar schon seit einigen Jahren, aber eben nur ein Mal im Jahr! - Wenn man nun noch die unterschiedlichen Interessenlagen kennt, dann kann so ein Mann nicht „wie ein Fels in der Brandung“ stehen!
Er ist auch kein „*Wanderer über dem Nebelmeer“ – was in diesem Fall die passendere Bezeichnung wäre, aber er ist ein verantwortlicher Rennleiter! - Der hat dann unter besonderen Umständen…
- eine Entscheidung getroffen, die nicht durch die Renn-Ausschreibung oder sonst irgendwie gedeckt ist!
Das möchte ich hier klar als meine Meinung feststellen! - Wenn man schon im „modernen Motorsport“ alles überreglementiert, weil schließlich selbst kleine Vereine – nach eigener Einschätzung – über eine „Hoheit“ verfügen, die sich auch in einer entsprechenden Gesetzgebung wieder finden muss.
- Nicht nur Rennfahrzeuge haben „an überflüssiger Masse“ zugelegt, sondern auch die Sport-Gesetzgebung!
Wenn man aber nun einmal Gesetze geschaffen hat, dann muss man auch an diesen Gesetzen seine Entscheidungen ausrichten! - Auch als Rennleiter!
Damit meine Leser eine Vorstellung davon bekommen, wer und was alles bei einem 24h-Rennen berücksichtigt werden möchte – werden muss (!), der werfe mal einen Blick auf eine Vorschrift aus der Ausschreibung zum „ADAC RAVENOL 24h-Nürburgring 2024“:
„5.2 Besondere Grundlagen
Die Veranstaltung wird nach folgenden Bestimmungen durchgeführt, denen sich alle Bewerber und Teilnehmer mit Abgabe der Nennung unterwerfen:
Internationales Sportgesetz der FIA (ISG) mit allen Anhängen
Beschlüsse und Bestimmungen der FIA
Beschlüsse und Bestimmungen des DMSB
Vorliegende Ausschreibung, Sonderbestimmungen, evtl. Zusatzbestimmungen und Bulletins
Rechts- und Verfahrendordnung des DMSB (RuVo)
Rechts- und Verfahrensregeln der FIA
Veranstaltungs- und Rundstreckenreglement des DMSB
Anhang 2 DMSB Rundstreckenreglement -
Besonderheiten der Nürburgring Nordschleife
DMSB Lizenzbestimmungen
DMSB Umweltrichtlinien
Anti-Doping-Regelwerk der nationalen und internationalen Anti-Doping Agentur (WADA/NADA-Code) sowie den Anti-Dopingbestimmungen der FIA
Auflagen des Rennstreckeneigentümers/-betreiber (der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG)
dem Ethikkodex und Verhaltenskodex der FIA und dem
Ethikkodex des DMSB
den sonstigen Bestimmungen der FIA und des DMSB“
Das sind – waren – die „Besonderen Grundlagen“, die unter „5.2“ in der Ausschreibung zum Rennen zu finden sind. - Welcher Fahrer hat die wohl vor dem Start gelesen?
- Aber der verantwortliche Rennleiter hat dann schon die „Besonderheiten der Nürburgring Nordschleife“ erlebt und wird noch in den nächsten Wochen die Auswirkungen seiner Entscheidungen zu spüren bekommen.
Da wurde nach dem Rennen z.B. in einem Gespräch mit einem Journalisten von einer „unklaren Situation“ in Verbindung mit „Leading-Car“ (u.a.) gesprochen. Aber eigentlich war der Einsatz eines Safety-Car in der Ausschreibung klar beschrieben. Da sich nach dessen Einsatz die Wetterbedingungen nicht deutlich verschlechtert hatten, hätte der Rennleiter bis zum Ablauf der vorgesehenen Renndauer weiter fahren lassen müssen.
Vor dem Sport-Gericht werden sich nun der Veranstalter (ADAC) und Rennleiter (Walter Hornung) sicherlich auf eine Vorschrift des DMSB berufen wollen:
„Art. 22 Vorzeitiges und verspätetes Zeigen der Zielflagge
Wird die Zielflagge vorzeitig gezeigt, so ist dieser Zeitpunkt für die Wertung maßgebend. Wird die Zielflagge nach der vorgeschriebenen Rundenzahl oder nach der Höchstdauer des Wettbewerbs gezeigt, so gilt für die Wertung der Zeitpunkt, zu welchem der Wettbewerb hätte enden müssen.“
Das ist übrigens ein DMSB-Einschub, der vorgenommen wurde, nachdem es zu versehentlichen Fehlentscheidungen gekommen war, weil ein „Vorzeige-Promi“ zu früh oder zu spät – oder das falsche Fahrzeug abgewunken hatte.
Im Falle des aktuellen 24h-Rennens, wurde für das Abwinken des Rennens dann eine prominente Dame ausgewählt. Nein, es war nicht „ dat Schmitzens Billa“, die ja bekanntlich – lt. Willi Ostermann – „in Poppeldorf en Villa“ hat, sondern besser, „de leev Frau Schmitz“: Andrea Schmitz, Vorsitzende des ADAC Nordrhein in Köln seit dem Jahr 2021!
Was das Ganze zwar nicht besser, aber für das DMSB-Sportgericht dann evtl. leichter macht.
- Aber man sollte Schweres nicht zu leicht nehmen!
Durch die angenommenen Nennungen ist zwischen dem ADAC und den Teilnehmern ein Vertrag zustande gekommen, in dem ein 24h-Rennen mit einem Ende um 16 Uhr der bedeutende Bestandteil war. Dagegen hat der ADAC mit seiner – nennen wir es – „unkonventionellen“ Beendigung des Rennens verstoßen..
Aber hier greift dann wohl der – vorausschauend - formulierte "Artikel 26.4" in der Ausschreibung, in der zu lesen ist:
„Aus Entscheidungen des Rennleiters, der Sportkommissare und der Sportgerichtsbarkeit können keine Ersatzansprüche hergeleitet werden.“
Damit meine Motor-KRITIK-Leser eine Vorstellung von den Gesamtkosten für ein an diesem 24h-Rennen teilnehmendes Fahrzeug entwickeln können, nenne ich hier ein paar Basiszahlen aus der Ausschreibung (Vertrag) zu dem Rennen:
- Nenngeld mit Nebenkosten zum Nennungsschluss: 7.950 Euro (einschl. MWSt.)
- Benzinkosten-Vorschuss „normal“, 5.500 Euro (einschl. MWSt.)
- für die gesamtsiegfähigen Automobile: 8.000 Euro (einschl. MWSt.)
Durch die lange Unterbrechung, die das diesjährige Rennen zum kürzesten 24h-Rennen seiner Geschichte machte, konnten die Teams aber alle sehr viel Geld sparen! (Reifen, Benzin usw.)
Sagenhaft? - Nein! - Aber „n-e-b-e-l-haft“! - Das Ganze war – sozusagen – ein „Diesig-Skandal“!
„Och, wat war dat fröher schön doch en Colonia“!
Im Motorsport übrigens auch!
MK/Wilhelm Hahne
* „Wanderer über dem Nebelmeer“ ist ein Gemälde von Caspar David Friedrich. Es ist in der Hamburger Kunsthalle ausgestellt. Es wurde um 1818 geschaffen.