VLN/NLS: „Mensch ärgere dich nicht“ / „Monopoly“?

Nur der Titel scheint komisch. Ich habe ihn an der „damaligen“ Realität orientiert, weil ich noch weiß, wie die VLN im Jahre 1977 begonnen hat. Ich gehörte schon beim ersten Rennen dieser Breitensportserie zu den Startern. Noch weiter zurück: Auch im Jahre 1970 war ich beim ersten 24h-Rennen auf dem Nürburgring unter den Startern, nachdem wir vorher schon einmal die Abläufe bei einer 24h-Zuverlässigkeitsfahrt 1969 überprüft hatten. Ich habe mit an der Ausschreibung zum 24h-Rennen gearbeitet, weiß um die Diskussionen, die wir „Entwickler“ (es waren drei) dieses Rennens um Details geführt haben. Bei der Rennserie VLN und den ersten 24h-Rennen ging es eigentlich fast spielerisch zu, wie bei einem „Mensch ärgere dich nicht“. - Doch der so genannte „Breitensport“ hat sich gewandelt. Alles wird mehr und mehr vom Geld bestimmt. So ähnelt die NLS inzwischen, wie auch das 24h-Rennen mehr einem „Monolpoly“. Dort geht es darum Straßen zu kaufen, reich zu werden. Beim 24h-Rennen geht es heute eigentlich nur um den Gesamtsieg. Und was man dann daraus machen kann. Selbst ein 4h-Rennen bei der NLS wird heute vom Geld bestimmt. Wer siegen will muss eine Menge Geld investieren. - Wenn er es hat! - Da kann schon mal ein Multi-Millionär zum einfachen Millionär werden! - Der Spaßfaktor ist dabei verloren gegangen. Waren früher gleichgesinnte Freunde unterwegs, trifft man heute auf Konkurrenten. Es gibt „Gold“-, „Silber“- und „Bronze“-Fahrer. Alles ist von Wert, wird bewertet, reglementiert, setzt Lizenzen, besondere Genehmigungen voraus. Entscheidungen trifft kaum noch der Fahrer. Er ist ein „Dummy“, mit dem die Richtigkeit aller teuren Vorbereitungen am Ergebnis überprüft wird. - Der Spaßfaktor ist verloren gegangen. Früher war es mehr ein „Mensch ärgere dich nicht“. - Darum auch der Titel mit der nun –  so hoffe ich – verständlichen Frage:

VLN/NLS: Mensch ärgere dich nicht“ / „Monopoly“?

Der Anstoß zu dieser Geschichte kommt von einem Leser. Es ist wohl einer von denen, der gerne Motorsport betreiben würde, einfach weil es ihm Spaß macht, sich und sein Automobil an der Wettbewerbsfähigkeit anderer zu messen. Das muss natürlich Geld kosten, aber sollte auch mit einem normalen Einkommen möglich sein.

In den Anfangszeiten der VLN war das noch so. Da ging man mit denen, gegen die man am nächsten Tag mit seinem Fahrzeug antrat, noch am Abend vorher essen. Hat dabei erzählt, Spaß gehabt und ist am nächsten Tag gegeneinander gefahren. Ganz ernsthaft. Aber nicht verbissen. Und nach Rennende hat man noch zusammen gesessen, über diese oder jene Rennsituation gesprochen und zusammen auch darüber gelacht.

Die Zeiten scheinen vorbei. Heute sind die Automobile nicht mehr different, es wird versucht, sie zu einem Einheitsbrei zu machen. Und es gibt Mindeststandzeiten, die das Ergebnis eigentlich so aussehen lassen müsste, dass, da alle gleichzeitig gestartet sind, auch alle gleichzeitig über die Ziellinie fahren.

  • Und die „Sieg-Fahrer“ lassen sich evtl. den Pokal nachsenden, weil sie zu einer Siegerehrung keine Zeit haben!

Was das mit einem sportlichen Messen der Fähigkeit, dem organischen Zusammenwirken von Mensch und Maschine zu tun hat, wissen sicherlich noch nicht einmal mehr die so genannten „Sportbehörden“. Die schaffen, um ihre Bedeutung zu betonen, immer neue Regelwerke. Und weil das in der heutigen Zeit offenbar von besonderer Bedeutung ist, wird dabei das Thema Sicherheit betont.

  • Und selbstverständlich sollte der Sport „nachhaltig“ sein. Darum hat man wohl auch SIM-Racing als „echten“ Motorsport anerkannt.

Und man stimmt Termine miteinander, aufeinander ab. Da kann es doch nicht sein, dass z.B. ein paar 24h-Rennen zum ähnlichen und gleichen Zeitpunkt in Europa ausgetragen werden. Die Termine müssen „entzerrt“ werden, damit man sich nicht untereinander evtl. Starter und Zuschauer abspenstig macht.

Dabei sollte es bei einem 24h-Rennen eigentlich nur einen Aspekt geben, den wir – die wir das erste Regelwerk für ein 24h-Rennen am Nürburgring schufen - selbstverständlich berücksichtigt hatten. Im Sinne der Fahrer und Einsatzteams konnte das nur der Termin sein, der jeweils in der Nähe des längsten Tages – und der kürzesten Nacht – eines Jahres im Kalender zu finden war.

Am 20. Juni ds. Jrs. gab es z.B. 16 Stunden und 26 Minuten Tageslicht. Das wäre ein idealer Termin für ein 24h-Rennen am Nürburgring gewesen. Aber den Termin für so ein 24h-Rennen richtet der „moderne“ Veranstalter lieber an irgendwelchen Feiertagen aus, bei den dann möglichst noch „Brückentage“ den Zuschauern einen längeren Besuch erleichtern. Von den Fahrern spricht niemand. Und die Teams dürfen für ein Nenngeld tief in die Tasche greifen. - Es regiert z.Zt. - wie in der „Wirtschaftswoche“ zu lesen war, die „Gierflation“!

Nun ist der längste Tag eines Jahres nicht immer ein Wochenende, das man braucht, um ein 24h-Rennen durchzuführen. Der Termin sollte aber nahe dabei liegen. - Meine ich! - Aber das ist wohl nur noch das Wunschdenken eines alten Mannes, der aus der Vergangenheit kommt. - Obwohl das an und ab auch in der Verganenheit vorgekommen ist!

Aber kommen wir mal zu dem Leser, der mir die Frage stellte, ob ich – wenn ich mich umschauen würde – nicht eine Idee für den Motorsport, den Breitensport der Zukunft haben würde, die für ihn schon begonnen hatte, weil er mal einen Blick ins Internet geworfen hat.

Er hat nicht die DMSB-, VLN- oder 24h-Rennen-Seite angeklickt, sondern mich gebeten, mal auf eine andere Seite zu schauen, zu der ich HIER direkt für meine Leser verlinke.

Der MSC-Westpfalz, der diese Seite verantwortet, der tritt auch als Veranstalter auf. Der kommt ohne DMSB und ADAC aus. Man sollte mal einen Blick auf die Ausschreibung zu einem Rennen achten, das dieser Veranstalter am 24. August 2024 – also erst vor Tagen – auf dem Nürburgring durchgeführt hat. Ein kleines Rennen, auf dem kleinen "Sprintkurs" (wie gerne auch von der DTM genutzt!) und in drei Läufen durchgeführt. Da ist sicherlich auch interessant, welches Nenngeld da verlangt wurde.

Achten Sie bitte auch auf die „übersichtliche“ Klasseneinteilung. Natürlich war der Veranstalter auch versichert. Da ist in der Ausschreibung zu lesen:

„Gemäß den Vorgaben der Erlaubnisbehörden ist folgender Versicherungsschutz erforderlich und bereits im Nenngeld enthalten:
- Haftpflichtversicherung der Teilnehmerfahrzeuge mit Deckung € 5.000.000,- pauschal, soweit kein
  Haftungsverzicht besteht
- Unfallversicherung der Teilnehmer € 8.000,- / 16.000,- bei Todesfall / Invalidität
 
Weiter schließt der Veranstalter folgendes ab:
- Veranstalterhaftpflicht mit € 5.000.000,- pauschaler Deckungssumme
- Unfallversicherung für Zuschauer € 16.000,- / 32.000,- bei Todesfall / Invalidität
- Unfallversicherung für Helfer und Funktionäre € 16.000,- / 32.000,- bei Todesfall / Invalidität“


Nun wird es immer auch eine Reihe von unentschlossenen Leuten geben, die unsicher sind, ob ihre eigenen Fähigkeiten und der von der jeweiligen Herstellerfirma ihres Automobils gewählte Konstruktions-Kompromiss ihre vorhandene Neigung zu einer motorsportlichen Auseinandersetzung unterstüzt.

Nun, die können sich zum gleichen Termin, laut der entspechenden Ausschreibung dann auf der gleichen Strecke anmelden, um sich sozusagen „frei“, ohne jeden Konkurrenzdruck an einem „Trackday“ zu prüfen – oder einfach nur Spaß zu haben!

Der nächste Termin in diesem Jahr, den der MSC Westpfalz für so eine Art von preiswertem Motorsport-Erleben ausgeschrieben hat, ist übrigens der 18./19 Oktober 2024. - Auch dort ist – neben den drei Rennläufen „freies Fahren“ möglich, wie ein Blick in diese Ausschreibung zeigt!

Man trifft sich auf der Rennstrecke im tschechischen Most. Nicht nur diese Strecke kenne ich von einem „Testtag“ mit einem schnellen Renntourenwagen. Eine schöne Strecke, aber in einem – wenn man sie mit dem Nürburgring vergleicht – wahnsinnig schlechten Umfeld. Das macht in Most das direkte Umfeld zur chemischen Industrie. Vor Jahren haben mir dort durch die „schlechte Luft“, ständig die Augen getränt!

Was man bei einem Besuch dort begreift, wenn man vielleicht davor nur den Nürburgring kannte ist, dass so ein „Renntag“ mehr als nur „Fahr-Erfahrung“ bringt. Man gewinnt auch andere Eindrücke von Land und Leuten. So ein Fahrerlebnis abseits des Normalen ist in jedem Fall (!)  „lehrreich“!

  • Weil „Lernversuche“ immer Geld kosten, lohnt es sich einmal zu vergleichen:

Werfen Sie jetzt mal einen Blick in die vielen Seiten einer VLN-/NLS-Ausschreibung oder lesen einmal nach, was der Starter zu einem 24h-Stunden-Rennen am Nürburgring alles zu beachten und - zu zahlen hat!

Finden Sie es da etwas ungewöhnlich, wenn ein Motor-KRITIK-Leser in Kenntnis all dieser Zahlen, nachdem er die Ausschreibung des MSC Westpfalz gelesen hatte, mir die Frage stellt:

„Hallo Herr Hahne, mich würde Ihre Meinung zu o.g. Rennveranstaltung interessieren. Leider sind wir dieses Jahr nicht dabei. Aber das ist meiner Meinung nach der wahre Einsteigermotorsport.“

Wer will denn dieser Einschätzung meines Lesers widersprechen? - Die „gute Luft“ am Nürburgring gleicht die Mehrkosten nicht unbedingt aus!

Ich höre jetzt schon die Funktionäre der vielen kleinen ADAC-Klubs murren. Ein ADAC-Regionalklub wird knurren. Und beim DMSB wird man seine Präsidenten bitten, nun doch bitte etwas zu unternehmen. Denn man braucht das Geld, das man den Motorsportlern abzunehmen versucht.

Man wundert sich dann, wenn die Normal-Sportler abwandern. Denn man braucht keinen e.V. der für sich eine „Sporthoheit“ beansprucht, die ihm von einem Gericht längst abgesprochen wurde.

Inzwischen scheint dann die Zeit gekommen, in der sich auch die engagierten Motorsportler von dieser „Motorsportbehörde“ – die sie gerne wäre – abwendet! - Man möchte einfach nur Spaß haben, sozusagen nur ein wenig „Mensch ärgere dich nicht“ spielen. Natürlich muss man auch da die Spielregeln beachten!

  • „Monolopy“ möchte man den „Großen“ überlassen. Man möchte keinen Sport betreiben, um Geld zu verdienen, sondern um Spaß zu haben!

Natürlich muss es auch den Profi-Motorsport geben, der früher mal die Sektion war, die auch die Automobiltechnik Schritt für Schritt nach vorne brachte. Wenn man die offiziellen Rückrufzahlen von Serien-Automobilen beobachtet, weiß man, dass diese Zeit wohl auch vorbei ist.

Der „Breitensport“ passt eigentlich nicht mehr in unsere Zeit, werden kluge Leute sagen, die sich jeweils angepasst haben. Aber dann passt auch das normale Denken von normalen Bürgern nicht mehr in unsere Zeit!

  • Es ist eine Zeit, die eigentlich nicht mehr „unsere Zeit“, die Zeit des „normalen Bürgers“ ist.

Es ist „auf allen Gebieten“ zu beoachten, dass die „Elite“ längst den Kontakt „zur Basis“ verloren hat. - Wahrscheinlich denke ich dabei nicht alleine an Berlin!

Das „Normale“ wird als „anormal“ empfunden! Bewertungsmaßstäbe haben sich im Laufe der Zeit verschoben! - Auch eine Art von „Klimaveränderung“!

  • Es wird Zeit, dass sich zumindest im Motorsport wieder einiges verschiebt. - In Richtung Normalität!

Den aktuellen „Zukunftsmachern“ sei empfohlen, sich mal wieder mit „Mensch ärgere dich nicht“ zu beschäftigen! - Spielerisch!

Wer damit Probleme hat, sei daran erinnert, dass es selbst bei „Monopoly“ eine „Ereigniskarte“ gibt, auf der zu lesen ist:

  • „Rücke bis auf Los vor.“

Motor-KRITIK ruft zum Neustart beim Breitensport am Nürburgring auf und denkt dabei besonders an die NLS im Hinblick auf die Ausschreibung für die Saison 2025:

„Achtung! - Fertig! -  Los!“

Mir persönlich ist klar: Es käme einer dramatischen Weichenstellung gleich! - Die aber notwendig wäre!

Man würde sich damit aber quasi „gegen den Rest der Welt“ stellen! Und damit wird das Organisationsgefüge der etablierten Vereine sich wohl kaum im Sinne einer interessierten Gemeinde von wirklichen Motorsport-Fans bewegen.

Auch für 2025 ist darum mehr „Monopoly“ und wenig „Mensch ärgere dich nicht“ von den „Etablierten“ zu erwarten!

MK/Wilhelm Hahne
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