Hubert Hahne: Ein toller Fahrer oder „Tunichtgut“?

Rainer Braun, die „lebende Sprecher-Legende“ wird ihn als „einen der größten Querfahrer mit Showmaster-Qualitäten und seinem berühmten Filmstarlächeln“ in Erinnerung behalten. Andere werden andere Erinnerungen haben. Ich, als sein ältester Bruder, habe sicherlich noch andere, die sich aber deutlich in zwei – oder drei? - Zeitabschnitte einteilen lassen: Die gemeinsame „Sandkastenzeit“ und die gemeinsame „Automobilhändlerzeit“. - Und sein Ende! - Heute gehören meine Frau und ich wohl zu den Einzigsten, die ein kleines Messingschild auf einem großen Stein polieren, der neben seinem eigentlich nicht sichtbaren Urnengrab liegt. Mein Bruder Hubert war am Ende dement und hat mich – seinen Bruder – nicht mehr erkannt. Wenn ein Stern verglüht, bleibt auch nicht mehr übrig, als ein wenig Material! - So ist das auch mit vielen „menschlichen Sternen“. Sie brauchen ein entsprechendes Umfeld um zu glühen und zu strahlen. - Danach ist es einfach „Aus“! - Gerade bei meinem Bruder Hubert fällt es mir schwer, die Frage objektiv zu beantworten:

Hubert Hahne: Ein toller Fahrer oder „Tunichtgut“?

Er war eigentlich beides! - Und ich kann verstehen, dass ihn manche, die ihn als Tourenwagenfahrer bei Rennen in den 60ern erlebten, für den besten Renn-Tourenwagenfahrer der Welt hielten. Hubert fuhr optisch spektalulär, war als BMW-Werksfahrer in seinen besten Jahren an vielen Wochenanfängen mit seinen Rennerfolgen in vielen Tageszeitungsartikeln vertreten.

Paul G. Hahnemann, genannt „Nischen-Paul“, der „damals“ als BMW-Vertriebsvorstand scheinbar die BMW AG zu führen schien, während ein Eberhard von Kuenheim ab 1970 im Hintergrund die entscheidenden Weichen stellte, der sagte mir in diesen 60ern einmal:

„Wir sind ein Hersteller, der sich teure Werbeanzeigen nicht erlauben kann. Dafür haben wir Ihren Bruder, der Woche für Woche dafür sorgt, dass wir in allen wesentlichen Zeitungen und Zeitschriften mit positiven Darstellungen unserer Automobile vertreten sind.“

BMW gelang erst mit der „Neuen Klasse“ der eigentliche Durchbruch, der mit dem “2002“ zementiert wurde. Mein Bruder wurde mit diesen Automobilen zu einem effektvollen BMW-Werbeträger. Er war schon vorher mit einem 700er BMW erfolgreich.

  • Das war eine andere Zeit, in der sich der Motorsport noch anders darstellte als heute.

Da wurde in den straßenzugelassenen Wettbewerbswagen dann hinter die vorderen Sitze zwei Satz Rennreifen in München eingeladen. Zwei Rennmechaniker nahmen in dem Fahrzeug Platz und man fuhr – nur als Beispiel – dann „per Achse“ nach Budapest zu einem Rennen. Mein Bruder reiste  dann zum Renntermin mit dem Flugzeug nach, fuhr sein Rennen, siegte und flog nach Hause. Während die Renn-Monteure sich wieder „per Achse“ mit dem Wettbewerbsfahrzeug auf den Rückweg nach München machten.

So war das damals. Mein Bruder machte aber erst mit der „Neuen Klasse“ BMW zu einer sportlichen Marke, in der man sogar bei Porsche dann überlegte, ob man nicht besser – statt z.B. einen 911er, aber evtl. auch noch zusätzlich - eine viertürige Limousine bauen solle.

Alfa Romeo baute „damals“ so etwas erfolgreich. Obwohl z.B. die deutschen Alfa-Händler nach einer ersten internen Vorstellung nicht mit einem so großen Verkaufserfolg der „Giulia Super TI“, mit ihrem „knurrenden“ 1,6 Liter-Zwei-Nockenwellen-Motor gerechnet hatten. Aus ihrer Sicht entsprach dieses Fahrzeug karosseriemäßig nicht den Vorstellungen der möglichen Käufer!

Das war eine Zeit, in der man als Alfa-Fahrer, der gerade parkte, dann von Vorübergehenden schon mal gefragt wurde, ob man – bitte - mal den Motor sehen dürfe?

  • Wer schaut heute noch unter die Motorhaube eines „Verbrenner“-Automobils?

Es war eine Zeit, in der die D-Mark noch ihren Wert hatte. Eine „Giulia Super“ kostete mit ihrem 115 PS-Motor, einem Getriebe mit Porsche-Synchronisation (!) und Kugelumlauf-Lenkung 10.500 DM! - Ich muss das wissen, denn ich war einer der ersten deutschen Besitzer dieser Giulia Super, die zunächst noch eine Fünfgang-Lenkradschaltung und eine Sitzbank hatte. - Es gab dieses Fahrzeug nur in der Farbe Weiß. - Aber ohne Aufpreis!

Erst die zweite Version hatte eine „Knüppelschaltung“ und Sportsitze. Und es gab sie auch in Rot! Die habe ich dann auch gekauft und war – als Porsche-Verkäufer von Porsche des Typs 356 B – ein begeisterter Alfa-Fahrer.

Ich weiß natürlich, was mein Bruder „damals“ als Werksfahrer verdiente. Er hätte mehr verdient gehabt. Schon damals hatte er einen Menge „Freunde“, die von ihm profitierten. - Nicht nur BMW!

Hubert drehte dann auch gerne mal „das große Rad“. Andere haben ihm dabei geholfen. Aber eigentlich passte es nicht zu seiner realen Situation.

Und so nahm das Leben seinen Lauf. Einmal war es das auf der „öffentlichen Bühne“. Zum Zweiten verlief es „hinter den Kulissen“.

Als mein Bruder die Schauspielerin Diana Körner heiratete, war das exklusiv in der „BamS“ auf Farb-Doppelseiten zu lesen. Dass Hubert seiner Diana dann eine Sonderserie des 2002 ti widmete, ist auch nicht verborgen geblieben.

Diana Körner war ein netter, natürlicher Mensch. Ich erinnere mich gerne, dass sie für mich und meine Frau damals in der Wohnung in Düsseldorf-Oberkassel – direkt am Rhein gelegen – mal abends Muscheln „rheinische Art“ bereitet hatte. „Damals“ musste man die Muscheln noch selber säubern! Das war richtig viel Arbeit, wenn man Muscheln für vier Personen machen wollte.

  • Ich erinnere mich gerne an dieses Abendessen. Diana Körner war nicht nur eine gute Schauspielerin, sondern auch eine gute Köchin und Gastgeberin!

Das ist vielleicht nur eine Ergänzung zu dem, was meine Leser schon aus der „damaligen Zeit“ über meinen Bruder wussten.

Nicht wissen können sie aber, was noch nicht mal Huberts Eltern und seine Geschwister wussten, als es in den 60ern geschah: Hubert wollte heiraten!

Er hatte eine sehr nette Düsseldorfer Schuhverkäuferin kennen gelernt, wie es auch unsere Mutter vor ihrer Heirat einmal war. Hubert war wohl fest davon überzeugt, dass es die große Liebe war. So hatte er dann nicht nur „das Aufgebot“ beim Standesamt in Düsseldorf bestellt. Es gab einen festen Termin, zu dem dann auch u.a. einer seiner als Trauzeugen vorgesehenen Personen, sein damaliger BMW-Sportchef, Alex von Falkenhausen, anreiste. - Mit einem Riesen-Blumenstrauß!

So waren dann - fast - alle wesentlichen Beteiligten pünktlich zum Termin vor der Tür des Standesbeamten versammelt. Natürlich auch die Braut! - Nur mein Bruder Hubert fehlte noch.

Dann öffnete sich die Tür zum „Trauzimmer“, der Standesbeamte trat hervor um zu verkünden:

„Herr Hahne hat gerade angerufen. - Er heiratet nicht!“ - Drehte sich um und ging in sein Zimmer.

„Grande confusione“, würde der Italiener sagen. Ich hätte auch nicht so eine Situation als Beteiligter erleben wollen. - Das gibt’s in keinem Film! - Wir, die wir mit einem kleinen Zeitversatz von dieser Situation erfuhren, ist sozusagen „die Spucke weg geblieben“!

  • Aber so war mein Bruder Hubert. Aber selbst wenn „es ernst wurde“, hat er die Situation weg gelächelt.

Aus meiner Sicht war mein Bruder ein  charmanter „Lausejunge“, aus anderer Sicht ein liebenswerter „Tunichtgut“. Selbst Betroffene haben immer eine Entschuldigung für ihn gefunden.

Aber ob man „als Braut alleine im Standesamt“…?

Aber ich möchte noch einmal auf die Fahrweise von Bruder Hubert mit seinen BMW-Renntourenwagen zurück kommen. Da tun ihm so manche Fans Unrecht, wenn sie davon sprechen, dass Hubert immer „für die Galerie“ gefahren ist. Hubert war als Werksfahrer für BMW von einem Marketingwert, wie er für einen Werksfahrer selten ist. - Nicht nur, weil seine Bezüge – aus heutiger Sicht – so sensationell niedrig waren!

Da ich mich mit meinem Bruder auch schon mal über „seine Art“ einen Renntourenwagen der damaligen Zeit (!) zu bewegen, unterhalten habe, kann ich auch zu seiner Fahrweise etwas sagen.

  • Seine „krawallige“ Art, den BMW im Kurvenbereich zu bewegen, hatte einen Hintergrund, der überlegt war! - Aber auch zu ihm passte!

Mein Versuch es kurz zu erklären:

Mein Bruder konnte später als andere Fahrer bremsen, da er den Rest seiner Überschussgeschwindigkeit zur eigentlich optimalen Durchfahrtsgeschwindigkeit durch ein leichtes (?) Querstellen vor den Kurven abbaute. Da führte aber auch dazu, dass sein Fahrzeug am Kurvenausgang relativ früh wieder gerade stand, so dass er – früher als andere – die volle Leistung des Motors auf die Straße bringen konnte!

  • Man sollte nicht vergessen. Renntourenwagen der damaligen Zeit waren der Serie sehr nahe. Da gab es eben noch keine Sperrdifferentiale mit hoher Sperrwirkung bei Serienwagen!

Aber trotz meiner obigen Erklärung wird mein Bruder Hubert immer als „Querfahrer mit Showmasterqualitäten“ in Erinnerung der meisten Experten und Fans bleiben. - Warum auch nicht?

Aber ich möchte noch ein paar Worte zu Diana Körner verlieren, die nicht nur in einem „Rosamunde Pilcher“-Fernsehfilm eine liebenswerte Frau spielte:

  • Diana Körner war - und ist - auch im Leben ein richtig feiner Mensch!

Als Diana Körner, in München lebend, vom Zustand meines Bruders gegen Ende seines Lebens erfuhr, da ist sie nach Düsseldorf gefahren, hat sozusagen Abschied genommen.

  • Mich hat diese Handlung sehr beeindruckt!

So hatte das Leben meines Bruders eine Menge Höhepunkte, die ich – manchmal – nicht selber gerne erlebt hätte. - Aber es war „sein“ Leben!

Ich denke, dass wir alle – auch die „Geschädigten“ – nicht immer gerne, aber dann mit einem Lächeln an ihn zurück denken werden.

Hubert war halt so wie er war! - Er war ein liebenswerter „Tunichtgut“ und ein toller Rennfahrer!

In diesem Jahr – 2025 - wäre er 90 Jahre alt geworden. Ich werde zu seinem Geburtstag im März wieder das kleine Messingschild auf dem Friedhof polieren!

MK/Wilhem Hahne
Durchschnitt: 5 (bei 40 Bewertungen)

Kategorie: 

+ Hinweis für Leser – nicht nur an einem Abonnement Interessierte! +

 

Lieber Leser,

 

Motor-KRITIK ist vollkommen werbefrei, aber – darum – auch ein wenig abhängig von seinen Lesern. - Oder anders: Von Einnahmen. - Nicht alle Leser mögen sich gleich für ein Abo entscheiden.

Wenn Sie ab und an mal auf diesen Seiten vorbei schauen und Ihnen der hier gebotene investigative Journalismus gefällt, dann machen sie doch einfach ihre Zustimmung durch eine kleine Spende deutlich. - Auch kleine Beträge können – per Saldo – eine große Hilfe und Unterstützung sein!

Meine Kontendaten – auch wenn Sie Abonnent werden wollen - finden Sie HIER.

 

Danke!