Kein Nürburgring-Verkauf: WARUM?

Wenn ein Verkauf des Nürburgrings in diesen Tagen verkündet wird, würde das eine neue – erdbebenartige – Polit-Affäre auslösen, von der die RLP-Ministerpräsidentin, Malu Dreyer (SPD), ihre Stellvertreterin und Wirtschaftsministerin, Eveline Lemke (GRÜNE) und der Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz (SPD), direkt betroffen wären, weil hier dann – trotz besseren Wissens! - der Versuch gestartet würde, für Fehlplanungen und Fehlleistungen einer deutschen politischen Oberschicht, gegenüber der Öffentlichkeit die EU-Kommission in Brüssel verantwortlich zu machen. Immerhin ist der 17. Februar 2014 der Endtermin für die verbindliche Abgabe von Angeboten. Es gibt u.W. nicht mehr als zwei Bieter, die aus den verschiedensten Gründen (s. hier + hier) als Käufer nicht in Frage kommen sollten. Darum waren wir bei Motor-KRITIK auch sicher, dass es in diesen Tagen nicht zu einem Nürburgring-Verkauf kommt. Es gibt aber Anzeichen, dass sich die Polit-Prominenz des Landes mal wieder (nach Kurt Beck) dumm stellt, um sich öffentlich aus der Verantwortung zu winden. Zumindest den Versuch zu machen. - Mit Hilfe von – auch im EU-Recht – erfahrenen Lesern und Anwälten soll hier nachfolgend auf folgenschwere Fehler bei der Ausschreibung und Abwicklung zum Verkauf des Nürburgrings hingewiesen werden, die zu einer Ablehnung der EU-Kommission führen müssen, sollte es via Insolvenz-Sachwalter jetzt zu einem Ausfallschritt in Richtung Verkauf kommen. - Immerhin wollen die am 18. Februar 2014 in Brüssel auflaufen. - Um der EU den „Schwarzen Peter“ in die Schuhe schieben zu können?

Kein Nürburgring-Verkauf: DARUM!

Immer wieder haben die Insolvenz-Sachwalter, sowohl Prof. Dr. jur. Dr. phil. B. Schmidt, der von der Landesregierung in Mainz als Sanierungs-Geschäftsführer eingesetzt wurde, als auch Rechtsanwalt Jens Lieser, der vom Insolvenzgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler als aufsichtführender Sachwalter bestimmt wurde, gegenüber der Öffentlichkeit erklärt:

„Der Investorenprozess entspricht den Vorgaben eines transparenten, offenen und bedingungsfreien Bietverfahrens, wie es der EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia in einem Schreiben an die Sanierer im Frühjahr dargelegt hatte. Hinsichtlich der einzelnen Verfahrensschritte stehen die Sachwalter laufend im engen Dialog mit der europäischen Wettbewerbsbehörde in Brüssel.“

Dieses Zitat stammt aus einer Presseinformation der Herren vom 28. Oktober 2013. Wenn man in Brüssel nachhört – und die „Wirtschaftswoche“ hat das z.B. getan – dann stellt man dort fest:

„Der Insolvenzverwalter, der für den Verkauf der Vermögenswerte verantwortlich ist, hat die Kommission regelmäßig über den Fortgang des Veräußerungsprozesses informiert.“ - Und: „Die Kommission ist in den Auswahlprozess (die Redaktion präzisiert das durch: 'aus den Kaufangeboten') nicht involviert.“

Daraus ergibt sich, dass der Begriff „Dialog“ der Herrn Sachwalter wohl etwas weit gefasst war, da es sich offenbar jeweils wohl mehr um „Monologe“ handelte. Denn Motor-KRITIK gegenüber wurde schon vor einiger Zeit aus Richtung Brüssel erläutert:

Warum sollten wir in der jetzigen Phase zu irgendetwas zustimmen oder ablehnen, wo doch der Ablauf des Verfahrens erst am Ende von uns zu überprüfen ist?

Nun hat sich kaum jemand im Laufe der Zeit z.B. mit den Grundsätzen, Verordnungen und Richtlinien des EU-Wettbewerbsrechts beschäftigt, die auch – neben dem Insolvenzrecht – die Basis für die Durchführung des Verkaufsprozesses bilden sollten. - Wie die EU es forderte und es auch (s.o.) von den Insolvenz-Sachwaltern bestätigt wurde.

Die Verstöße gegen EU-Bestimmungen begannen eigentlich schon mit den ersten (zwei) Anzeigen, die lediglich in zwei Wirtschaftsblättern (in Deutsch und Englisch) erfolgten. Es erfolgte jedoch, wie eigentlich vorgegeben, keine Anzeige im EU-Amtsblatt.

Nun sind Einzelheiten zum Ablauf eines Bieterverfahrens nach m. K. nicht vorgegeben. Daraus ergibt sich aber für die Insolvenz-Sachwalter kein rechtsfreier Raum, da dann auf die Grundsätze, Verordnungen und Richtlinien des EU-Binnenmarktes zurückgegriffen werden muss.

Es hat – wenn man das „Bieterverfahren“ und seine Abwicklung beobachtet hat – kein rechtssicher vorgegebenes, ein geordnetes und strukturiertes Verfahren stattgefunden.

Nach den Durchführungsbestimmungen des EU-Parlaments und -Rates ist z.B. ein möglicher Kaufinteressent – bevor er am Bieterverfahren teilnehmen kann! - auf seine Eignung, seine Seriosität, seine wirtschaftliche Situation zu überprüfen. - Das ist nicht geschehen.

Im Bieterverfahren um den Nürburgring konnte es z.B. darum passieren, dass ein Unternehmen, das erst Mitte 2013 in Hongkong gegründet wurde und in dem von der KPMG geforderten „unverbindlichen“ Angebot zwar eine hohe Kaufsumme, aber zum Thema Finanzierung „Schuldverschreibungen“ angab, Zugang zum sogenannten „virtuellen Datenraum“ erhielt, während z.B. der ADAC als wirklich solventer Bieter abgelehnt und – wie man später abschwächend zu erklären suchte - „zwischengeparkt“ wurde.

An diesem Beispiel („La Terne Capital“ und „ADAC“) wird deutlich, dass es im Nürburgring-.Bieterverfahren genügte, unverbindlich einen überhöhten Preis zu bieten um Zugang zum Datenraum zu erlangen, während das dem ADAC verwehrt wurde, weil offensichtlich der nicht auf das Gesamtprojekt, sondern nur auf die Rennstrecken geboten hatte.

Auch der Bieter „capricorn“ konnte – aus unserer Sicht – nur wegen des Angebots auf alle Teile des Angebots Zugang zum Datenraum erlangen. Hier wird man aber auch von einer Anwaltskanzlei (in Brüssel) beraten, die u.a. das Land Rheinland-Pfalz als Mandanten hat. Die Beratung von „Capricorn“ erfolgte übrigens mit Zustimmung des Innenministeriums.

Der Bieter H.I.G. scheidet aus Sicht eines normalen Beobachters als Bieter um den Nürburgring schon deshalb aus, weil er als pfiffige Fondsgesellschaft z.B. auch über 63 Briefkastenfirmen in Luxemburg verfügt. - Aber vielleicht sieht man das in der Politik anders, weil man gerne neue Steuer-CD's für Millionenbeträge einkauft.

Damit wären wir bei den eingangs genannten Politikern, die die Schwächen des im Fall Nürburgring abgewickelten Bieterprogramms nicht nur kennen, sondern die es auch kontrollieren und überwachen sollten. Wie z.B. Frau Lemke, in deren Ministerium die Landeskartellbehörde angesiedelt ist, aber auch die Vergabekammer.

Die muss hier erwähnt werden, da im Angebot der KPMG keinerlei Beschwerdestellen aufgezeigt werden, wie es eigentlich zur Norm gehört. Hier hätte eigentlich z.B. die Vergabekammer des Wirtschaftsministeriums genannt sein können.

Hier soll nun nicht auf jeden kleinen Verstoß der Herren Sachwalter hingewiesen werden, die vielleicht auch unter dem Druck der Landesregierung den einen oder anderen Fehler gemacht haben, sondern es muss hier auch auf die Konsequenzen hingewiesen werden, die Verstöße gegen das EU-Recht nach sich ziehen:

„Ein Mitgliedsstaat begeht einen Verstoß, wenn er die sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt. Der Verstoß kann somit in einer Handlung oder einer Unterlassung bestehen. Als Staat einzustehen hat der Mitgliedstaat, der gegen das Unionsrecht verstößt, ungeachtet der staatlichen Stelle, die für die Nichterfüllungn verantwortlich ist.“

Der Bundesregierung in Berlin unter der Führung von Frau Merkel sei also angeraten, im Fall Nürburgring in Mainz rechtzeitig „die Reißleine zu ziehen“, damit a) die Landesregierung von RLP weiter Bestand hat und b) nicht auf die Bundesregierung Forderungen der EU zukommen, über deren Höhe sich dann Frau Merkel verwundert die Augen reiben wird.

Eigentlich sollte man bei der KPMG das EU-Beihilferecht und z.B. die dort geforderte „Grundstücksmitteilung“ kennen, die auch bei Miet- und Pachtverträgen sowie dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen an öffentlichen Unternehmen gemacht werden sollten.

Warum wurde z.B. der Verkauf der Gesellschafteranteilen und die Überschreibung eines Erbpachtvertrages im Fall des Fahrsicherheitszentrums Nürburgring wie eine geheime Kommandosache behandelt?

Offenbar ist dieser Verkauf noch nicht einmal im „virtuellen Datenraum“ ausgewiesen, da der Eigner von „Capricorn“ selbst nach dem Zugang im Datenraum und einige Zeit nach Verkauf der Anteile gegenüber Motor-KRITIK äußerte, auch das Fahrsicherheitszentrum Nürburgring mit übernehmen zu wollen.

Überhaupt erwiesen sich über die Zeit die Herren Sachwalter nicht gerade als Kenner von EU-Vorschriften. So bezeichneten sie das Agieren von „Ja zum Nürburgring“ nicht nur als „irreführend und unserös“, sondern bezeichneten das Schreiben des Vereins an die EU auch juristisch als „ein Nullum, weil man gegen den laufenden Investorrenprozess keine juristische Beschwerde einlegen kann.“

Tatsächlich ist es so:

In EU-Verfahren besteht Rechtsschutz für Kaufinteressenten/Bieter, die benachteiligt wurden.

Aber die Herren Sachwalter haben auch vergessen, was die KPMG in ihrem „Teaser“ auf Seite 3 schrieben:

„Der geplante Veräußerungsprozess und die entsprechenden Fristen werden nicht angepasst.“

Man sollte eben nicht alles glauben, was in dem Bieterverfahren gesagt und geschrieben wurde. Wenn man bei einem normalen Immobilienverkäufer so manchem Täuschungsversuch lächelnd zur Kenntnis nehmen würde - „Das ist eben heute so“ - muss man bei den Insolvenz-Sachwaltern beim Bieterverfahren um den Nürburgring andere Maßstäbe anlegen. Nämlich die des EU-Rechts.

Und die wurden in einer Reihe von Fällen nicht beachtet. - Meinen wir.

Man darf dem Besuchsergebnis der Herren Sachwalter am 18. Februar 2014 in Brüssel mit Interesse entgegensehen.

Schließlich könnte auch sein, was sich in der „Aufforderung zur Abgabe einer Interessenbekundung“ des KPMG so liest:

„Die Verkäufer behalten sich das Recht vor, den Veräußerungsprozess jederzeit ohne Angabe von Gründen zu ändern oder zu beenden.“

Das mit dem „ändern“ hat sicherlich öfter mal geklappt, jedoch hat man dabei nicht an die zwingend einzuhaltenden Grundsätze, Verordnungen und Richtlinien des EU-Wettbewerbsrechts gedacht.

MK/Wilhelm Hahne
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