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Als es geschah, da hat die Insolvenz der Nürburgring GmbH viel Staub aufgewirbelt. Immerhin ist sie eine GmbH die dem Land Rheinland-Pfalz gehört. - Überwiegend. - Es war als GmbH nicht eine von Vielen, sondern wurde von Vielen (Firmen, Vertragspartnern, Sponsoren) als eine Behörde empfunden. Sie wurde entsprechend behandelt. Auch von anderen Behörden. Es knirschte schon seit langem bei dieser Nürburgring GmbH. Schon 2008 hätte man sie mit einer Insolvenz in die ewigen Jagdgründe schicken können. Aber die regierenden Landesherren mit rotem Parteibuch wollten sich diese Blöße nicht geben. - Doch 2012 ließen sie sich von einem fähigen Berater zu einer Lösung überreden die da lautete:
Insolvenz in Eigenregie!
Das mit der Eigenregie ist kein Schreibfehler, weil man bei der in der Realität gewählten Lösung, Insolvenz in Eigenverwaltung, als Landesregierung von Rheinland-Pfalz stets die volle Zu- und Eingriffsmöglichkeit behielt.
Durch ein „HOCH“-intelligentes Schreiben des „ständigen Vertreter der Chefin der Staatskanzlei“ in Mainz wurde Motor-KRITIK noch einmal zu grundsätzlichen Überlegungen angeregt. Dieser Mann trägt den Namen Clemens Hoch, ist Rechtsanwalt. Er erregte als Obmann der SPD-Landtagsfraktion im Untersuchungsausschuss Nürburgring GmbH bereits im Mai 2010 Aufsehen, als er sich in der Pressemitteilung seiner Partei zur Situation am Nürburgring so äußerte:
„Die schwierige Phase der vergangenen zwei Jahre ist vorbei. Die Fehler die gemacht wurden, sind durch Wirtschaftsminister Hendrik Hering korrigiert worden. Nur ein Fazit lässt sich wirklich seriös feststellen:
Das Land Rheinland-Pfalz hat sich um die touristische Entwicklung der Region auch mit dem Nürburgring verdient gemacht. Ein ähnliches Beispiel für eine Weiterentwicklung einer Region gibt es in ganz Deutschland nicht.“
(Es darf gelacht werden!)
Im Jahre 2014, am 14. Februar gibt er folgende Weisheiten schriftlich von sich:
„Ohne die insolvenz- und beihilferechtlichen Verfahren hätte die Landesregierung keinen Grund für einen Verkauf des Nürburgrings gesehen; jetzt muss es darum gehen, den Nürburgring für die öffentliche Nutzung und den Breitensport zu erhalten. Aufgrund der laufenden Insolvenz- und beihilferechtlichen Verfahren liegt das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand der Landesregierung. Wir sind jedoch, im Rahmen des Insolvenzrechts, in engem Kontakt mit dem Insolvenzverwalter.“
Bezeichnenderweise steht die Internetseite dieses Herrn unter dem Motto:
„Ein Hoch für Rheinland-Pfalz“
Da weiß man doch, dass man sich über jedes erlebtes Tief freuen sollte. - Aber zurück in die harte Realität der Insolvenz:
Wenn einem Unternehmen bei einer auftretenen Schieflage eine Insolvenz in Eigenverwaltung zugestanden wird, so bedeutet das, dass das Unternehmen aus der Sicht des Insolvenzgerichts über einen förderungswürdigen Geschäftsbetrieb verfügt, dessen Basis man als so gesund empfindet, dass man diesem Unternehmen zugesteht, in Eigenverwaltung – unter Aufsicht eines Insolvenz-Sachwalters – wieder auf den rechten Weg zu finden.
Es gibt also keinen Insolvenzverwalter, wie er in dem Schreiben des Herrn Clemens Hoch erwähnt wird. Die Verwaltungs- und Vertretungsbefugnis geht bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nicht auf einen Insolvenzverwalter über, sondern verbleibt – trotz eröffnetem Insolvenzverfahren! - beim Schuldner. In diesem Falle bei dem Geschäftsführer der Nürburgring GmbH, bzw. dem eigentlichen Besitzer, dem Land Rheinland-Pfalz.
Es wird vom Insolvenzgericht in diesem Fall nicht ein Insolvenzverwalter, sondern ein (vorläufiger) Sachwalter bestellt. Damit soll vermieden werden, dass nicht bereits im sogenannten Eröffnungsverfahren durch die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen eine Vorentscheidung gegen die Eigenverwaltung getroffen wird.
Gerade bei Firmen, die eine besondere Art von Geschäftstätigkeit ausüben, soll durch die Insolvenz in Eigenverwaltung sichergestellt sein, dass die bisher tätigen Fachleute der Branche die fachlich notwendige Art der Geschäftsführung – dann aber unter Aufsicht des Sachwalters, der über die entsprechenden insolvenzrechtlichen Kenntnisse verfügt – weiter ausgeführt wird.
Die Abberufung oder Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung durch den Aufsichtsrat oder Gesellschafter z.B. einer GmbH werden nur wirksam, wenn der vom Insolvenzgericht bestimmte Sachwalter zustimmt. Damit soll vermieden werden, dass durch solche Maßnahmen vielleicht Nachteile für die Gläubiger entstehen.
Nun muss im Fall der Insolvenz in Eigenverwaltung bei der Nürburgring GmbH auffallen, dass hier ein neuer Geschäftsführer mit dem Eintritt der Insolvenz berufen wurde. Das war aber in diesem Fall kein Fachmann mit Erfahrung im Motorsport und der Leitung von Rennstrecken und der damit notwendigen Fachkenntnisse. Prof. Dr. Dr. Schmidt, der Insolvenz-Geschäftsführer hat Jura und Philosophie studiert, ist aber als Geschäftsfreund jenem Berater seit vielen Jahren eng verbunden, der der Landesregierung und seinen politischen Köpfen, die Insolvenz der Nürburgring GmbH empfohlen, dazu geraten, die Herren entsprechend beraten hat.
Es sei hier wohlwollend notiert, dass die Herren Kurt Beck und Roger Lewentz sich gegen die Einleitung einer Insolvenz der Nürburgring GmbH in einer viele Stunden dauernden Diskussion (in den Räumen des Innenministeriums) lange gesträubt haben. - Bis sie die Chance für die Landesregierung erkannten, sich auf diesem Wege endgültig von dem zur Belastung gewordenen Projekt Nürburgring zu trennen. - Und auch diese Beiden haben dann ihre Zustimmung zu den gewagten Plänen des taktisch agierenden Beraters gegeben.
Voraussetzung dazu war die Abwicklung dieser heiklen Operation exakt nach Drehbuch. Und in diesem Drehbuch ist auch vorgegeben, was ein Clemens Hoch den Aktivisten von WIR SIND NÜRBURGRING schreiben musste. - Eine Malu Dreyer ist sich für solche Antworten zu schade. - Was nicht gegen Malu Dreyer spricht, sondern für ihr Gespür für richtige (politische) Entscheidungen und richtige Publikation der vom Berater angedachten Argumente im richtigen Moment durch die richtigen Leute. - In diesem Fall lies sich Clemens Hoch benutzen.
Nun hat der aus taktischen Gründen bei der Nürburgring GmbH eingesetzte Insolvenz-Geschäftsführer rechtzeitig – weil intelligent – die Geschäftsführung einem „Fachmann“, dem von der Rennstrecke Hockenheim bekannten Dr. Schmidt übertragen, und taktisch pfiffig eine neue GmbH, die Nürburgring Betriebsgesellschaft m.b.H. gegründet, wo dann in 2013 aber ein nicht erwarteter Fehler gemacht wurde.
Für 2013 wurden für die „neue GmbH“ hohe Umsätze und satte Gewinne vorhergesagt, die dann auch für 2014 angenommen wurden. Da war dann von möglichen Umsätzen in 2014 von um 60 Millionen Euro, bei Gewinnen (vor Steuern, Zinsen und Abschreibung) von 10 Millionen die Rede. - Später hat man dann die vorhergesagten Gewinne schnell wieder auf „eine schwarze Null“ reduziert. - Warum wohl?
Die vorhergesagten Gewinne machen deutlich, dass eine Insolvenz in Eigenverwaltung – anders als vom Berater angedacht – im Fall der Nürburgring GmbH eine echte Berechtigung hat:
Es gibt Überlebenschancen, die Fortführung des Betriebs ist gerechtfertigt, müsste aber in jedem Fall durch einen Fachmann erfolgen, da einem willkürlich eingesetzten Insolvenz-Geschäftsführer eigentlich jede Fach- und Branchenkenntnis fehlt.
Im Fall einer Insolvenz in Eigenverwaltung besitzt der betroffene „Unternehmer“ (bzw. sein Geschäftsführer) die gleichen Rechte wie ein Insolvenzverwalter in einem „normalen“ Insolvenzverfahren, d.h. er kann beiderseits nicht erfüllte Verträge annulieren, Sicherungsgut verwerten, Prozesse aufnehmen. Dazu brauchte es nicht – wie im Fall Nürburgring zu beobachten – der Neugründung einer neuen Gesellschaft.
Nachdem die Eigenverwaltung eingerichtet ist und der Betrieb wieder ungestört läuft, wird dann zur Abwicklung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben normalerwiese ein Insolvenzplan erstellt, um die Gläubiger abzufinden und das Unternehmen endgültig zu sanieren.
Ein solcher Insolvenzplan ist nach Einführung des neuen Insolvenzrechts eigentlich eine hervorragende Möglichkeit, ein betroffenes Unternehmen in 12 Monaten schnell zu entschulden. Statt 100 Prozent der ursprünglichen Forderungen bezahlt das Unternehmen entsprechend dem vorzulegenden Insolvenzplan dann vielleicht noch maximal 10 Prozent und gilt danach vor dem Gesetz als saniert und schuldenfrei.
Der Insolvenzplan sieht also praktisch eine Einigung zwischen Schuldner und Gläubiger über eine Teilzahlung der Schulden vor. Ein solcher Insolvenzplan steht unter Aufsicht des Insolvenzgerichts, weil mit diesem Plan evtl. ablehnende Gläubiger überstimmt und eine Quote in oben genannter Höhe praktisch aufgezwungen werden kann.
Diese gesetzlich vorgesehene Regelung ist im Fall der Nürburgring GmbH deshalb von besonderer Bedeutung, weil bei den bei einer Fortführung der Nürburgring GmbH zu erwartenden Gewinnen tatsächlich die Insolvenz relativ schnell eingestellt werden könnte. - Wenn, ja wenn man auf der Basis eines Insolvenzplans mit den Gläubigern verhandelt hätte.
Das Insolvenzverfahren wird von der Kostenseite her die Nürburgring GmbH mit rd. 7,5 Millionen Euro belasten.
Lt. einem Gutachten der Insolvenz-Sachwalter liegen die normalen Verbindlichkeiten der insolventen Nürburgring GmbH im Bereich von 15 Millionen Euro.
Die Forderung des Landes, die „nachrangig“ sind, betragen lt. Gutachten rd. 330 Millionen Euro.
Dem gegenüber werden in dem erwähnten Gutachten eine „freie Masse“, die sich aus der Vermögensübersicht ergibt, mit rd. 89 Millionen Euro gegenüber dem Insolvenzgericht genannt.
Wenn man diesen Zahlen die inzwischen bekannt gewordenen Gebote der auch bekannten Bieter gegenüberstellt, dann ist ein Verkauf eigentlich kaufmännisch unsinnig. Es müssten also die Möglichkeiten genutzt werden, die die Insolvenz in Eigenverwaltung in Verbindung mit einem Insolvenzplan bietet. Entsprechende Bemühungen der Verantwortlichen in diese Richtung sind bis heute nicht bekannt (öffentlich) geworden.
Bis heute ist das Beihilfeverfahren der EU, das schon lange eingeleitet ist, nicht abgeschlossen, obwohl das schon im Herbst 2013 der Fall sein sollte. Auch hier spielen die 330 Millionen Euro, die als Kredit des Landes RLP (über deren ISB-Bank) den Nürburgring erreichten, eine wesentliche Rolle. Die ergänzende Summe, die die EU evtl. anführen kann, besteht aus Eigenkapital-Erhöhungen, Gesellschafterdarlehen und anderen „Zuschüssen“ in einer Gesamthöhe von rd. 155 Millionen Euro, so dass sich hier eine evtl. Forderung der EU gegenüber der Bundesrepublik Deutschland (!) von etwa 485 Millionen Euro ergibt.
Von dieser evtl. Forderung soll nun ein evtl. Käufer des Gesamtprojekts Nürburgring freigestellt werden, d.h. die Bundesrepublik Deutschland genießt evtl. durch den Verkauf des Nürburgrings einen Vorteil, weshalb sich Berlin auch nicht gegen die Verkaufsabsichten der Landesregierung von Rheinland-Pfalz wendet.
Das Verhalten von Bund und Land ist aber gegen die Interessen der betroffenen Region und ihrer Bevölkerung, zumal die vorliegenden Gebote von Investoren in ihrer realen Höhe keinen Sinn ergeben. Die Sachwalter, die im Falle der Nürburgring GmbH eigentlich Sanierer sein sollten, sind bisher ihrer eigentlich Aufgabe nicht gerecht geworden. Sie sind eigentlich verpflichtet die Gesellschaften zu erhalten, die Arbeitsplätze zu sichern und darum mit den Gläubigern – nicht nur mit den Investoren – zu verhandeln.
Die EU will eine Neuordnung am Ring, die die aufgetretene Wettbewerbsverzerrung beseitigt. Das geht aber nicht, indem man das Gesamtobjekt z.B. wie vorgesehen, einem einzigen Investor übereignet. Das Gebot des ADAC hätte einen Ansatz zu einer Vernunftlösung geboten, der aber von den Sachwaltern – weil das nicht der Regie-Vorgabe entspricht? - missachtet wurde.
Das bedeutet aber nicht, dass die EU eine Lösung ablehnen würde, die z.B. die Führung der Rennstrecken in öffentlicher Hand belässt, wie das auch in den mehr als 80 Jahren des Bestehens der Renn- und Prüfstrecke der Fall war, wenn gleichzeitig die Hotels, das Feriendorf, sowie die „Grüne Hölle“ an einen (oder mehrere andere) Investoren gehen würde.
Frau Julia Klöckner (CDU) brachte im Herbst 2013 von ihrer Reise zur EU nach Brüssel die frohe Botschaft mit:
„Der Tod des Nürburgrings ist kein Kommissionsziel!“
Eine Lösung im Sinne der Region war von Anfang an nicht in den Plänen der Landesregierung vorgesehen, als man die Nürburgring GmbH – auf Anraten eines Beraters - zur Insolvenz frei gab. Es ging vornehmlich um die Umsetzung von Eigeninteressen. Zumal noch andere Problemfälle, die man selbst geschaffen hat, drücken.
Es gäbe auch andere – vernünftige – Lösungen für ein weiteres Betreiben des Nürburgrings als Renn- und Prüfstrecke. Dazu zählt z.B. das Einbringen in eine Stiftung. Es gibt auch noch weitere.
Aber zunächst einmal sollten die Insolvenz-Sachwalter ihre eigentliche Aufgabe als Sanierer aufnehmen, einen Insolvenzplan erstellen, mit den Gläubigern verhandeln. Wichtig ist, dass der Insolvenzplan die Gläubiger finanziell besser stellt, als ein normales Insolvenzverfahren.
Die Abstimmung über einen solchen Plan findet beim Insolvenzgericht statt. Wer dort als Gläubiger nicht erscheint – und das tun die meisten nicht, wie man aus Erfahrung weiß – der hat zugestimmt.
Es ist bezeichnend, dass bisher alles so verlief, wie es der Regisseur (Name ist der Redaktion bekannt) im Auftrag der Landesregierung bestimmte. Da wirkt der Inhalt des Briefes eines Clemens Hoch an die Vertreter der Interessenvertreter von WIR SIND NÜRBURGRING, Sabine Schmitz, Christian Menzel und Ossi Kragl, einfach lächerlich. (Meine Leser finden ihn als pdf-Datei als Anhang am Ende dieser Geschichte.)
Dieser Brief war tatsächlich der Anlass für Motor-KRITIK, abseits aller „wichtigen“ Ablenkungsmanöver mal ein paar grundsätzliche Gedanken zum laufenden Insolvenz-Verfahren in Eigenverwaltung zur Diskussion zu stellen. Randerscheinungen sind sicherlich oft spektakulärer.
Es ist eben alles so, wie oft im wirklichen Leben. Man sollte sich vom Kern der Dinge nicht ablenken lassen.
MK/Wilhelm Hahne
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Antwort der Landesregierung auf Fragen von WIR SIND NÜRBURGRING | 489.21 KB |