Dr. Jürgen Pföhler: Gärtner oder Bock?

Den Namen kennt man in Verbindung mit dem Nürburgring. Schon lange. Immerhin war der Landkreis Ahrweiler an der Nürburgring GmbH mit 10 Prozent beteiligt. Und der Landrat dieses Landkreises war Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Nürburgring GmbH. Dieser Dr. Pföhler war beides zeitgleich. Die Kreisverwaltung Ahrweiler ist aber auch die Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für den Grand-Prix-Kurs, aber auch für einen Großteil des Geländes um die Nürburgring-Nordschleife die Aufsichtsbehörde. Denn die Kreisverwaltung Ahrweiler ist dort für die Überwachung des Naturschutzgebietes verantwortlich. Die Nordschleife selbst wird dagegen von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in Koblenz z.B. im Hinblick auf die Geräuschimmissionen überwacht. Eine eigentliche Betriebsgenehmigung hat es für die Nordschleife nie gegeben, weil 1927, dem „Baujahr“ der Nordschleife noch eine Zeit war, wo eine Betriebsgenehmigung zum Betrieb einer Renn- und Teststrecke nicht gebraucht wurde. Und nun verwalten unterschiedliche Behörden den Gesamtkomplex Nürburgring, jede nach ihrer Fasson. Die SGD-Nord relativ offen, die Kreisverwaltung Ahrweiler unter größter Geheimhaltung. Die Schlüsselfigur dort muss sich die Frage gefallen lassen:

Dr. Jürgen Pföhler: Gärtner oder Bock?

Vielleicht hat man ja auch nur den Bock zum Gärtner gemacht! - Eigentlich war es nur journalistische Neugierde die Motor-KRITIK dazu brachte, im Herbst letzten Jahres nach der Betriebsgenehmigung für den „ring°racer“ zu fragen. Bei der Genehmigungsbehörde in Ahrweiler. Zumal ich aufgrund von Beobachtungen den Eindruck haben musste, dass von seiten der aktuellen Betreibergesellschaft am Nürburgring nicht unbedingt die Auflagen der Genehmigung erfüllt waren, von denen im Vorfeld immer gesprochen worden war.

Aber die Kreisverwaltung blieb stumm. Keine Antwort. - Worauf mehrfach „Erinnerungen“ durch Motor-KRITIK erfolgten. - Keine Antwort. - Was dann nachdenklich macht.

So bin ich dann darauf gestoßen, dass die Überwachung der Nordschleife durch eine andere Behörde erfolgt, als die des Grand-Prix-Kurses. Und der den Grand-Prix-Kurs überwacht, der überwacht auch das Natuschutzgebiet um die Nordschleife. - Überwacht die Kreisverwaltung da mit der Aufmerksamkeit eines Beteiligten oder aus der Verantwortung heraus, die man aufgrund von bestehenden Gesetzen gegenüber dem Bürger und Wähler hat?

Um eine Basis zu haben, habe ich meine Frage dann nicht mehr auf die Betriebsgenehmigung für den „ring°racer“ beschränkt, sondern am 25. Juni 2014 folgende Anfrage an die Pressestelle der Kreisverwaltung Ahrweiler gerichtet, deren Aufgaben von einem Herrn Kempenich wahrgenommen werden:

Sehr geehrter Herr Kempenich,

ich möchte mir heute die Erinnerung an noch ausstehende Antworten ersparen und nur folgende Bitte äußern:

Nennen Sie mir bitte einen Termin, an dem ich bei Ihnen - oder den entsprechenden Abteilungen der Kreisverwaltung - in folgende Unterlagen Einsicht nehmen kann:

a) Betriebsgenehmigung vom 27. Dezember 2000 (AZ 3.4-139 2/2000) für den GP-Kurs Nürburgring
b) Betriebsgenehmigung vom 27. Juni 2012 (AZ 4.3 BA-07/1111) für das Freizeit- und Businesszentrum Nürburgring 2009
c) Betriebsgenehmigung "ring°racer" (wie bereits mehrfach angefragt) mit mir unbekanntem Aktenzeichen

Selbstverständlich werde ich mich zu dem von Ihnen noch zu nennenden Termin bei Ihnen durch Vorlage eines gültigen Presseausweises legitimieren.

Ich würde mich freuen, recht bald von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüßen

Wilhelm Hahne

Es ist sicherlich nicht dem Herrn Kempenich zuschreiben, sondern wohl mehr seinem Herrn und Gebieter, Dr. Jürgen Pföhler, wenn es bis heute dazu keine Antwort, keinen Zwischenbescheid aus der Kreisverwaltung gab. Nun habe ich es nicht mit weiteren Erinnerungen versucht, die auch in der Vergangenheit nichts gebracht haben, sondern eine Anfrage an die SGD-Nord in Koblenz gerichtet und um Einsicht in die dort vorliegenden Unterlagen zur Nürburgring-Nordschleife gebeten.

Umgehend habe ich eine freundliche Antwort erhalten, eine Terminabstimmung vorgenommen und in Koblenz dann die Möglichkeit gehabt, in die dortigen Unterlagen - „im rechtlichen Rahmen“ - Einsicht zu nehmen. Dabei ist mir klar geworden, dass man die Überwachungsaufgaben der unterschiedlichen Behörden in Sachen Gesamtkomplex Nürburgring nur im Zusammenhang werten sollte. Da kommt dann der Kreisverwaltung Ahrweiler – und damit dem Herrn Dr. Jürgen Pföhler – eine besondere Verantwortung zu. Der versucht sie – offensichtlich im Interesse der bisherigen Betreiber (in Öffentlicher Hand!) - unter Verschluss zu halten, damit nicht das System offenbar wird, mit dem man hier – sozusagen im Eigeninteresse – vielleicht negative Entwicklungen zu verschleiern sucht.

So ein Verdacht muss bei dem bisher gezeigten Verhalten des Herren Dr. Jürgen Pföhler entstehen.

Natürlich könnte eine Offenlegung aller Fakten und einer Wertung im Zusammenhang auch die Verkaufsmöglichkeit der Gesamtanlage Nürburgring mindern. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist das Verhalten des Herrn Landrat Pföhler unverantwortlich, weil er so eigentlich gegen die EU-Voraussetzungen im so genannten „Bieterverfahren“ verstößt, deren drei Schlüsselwörter sind:

„offen, transparent und diskriminierungsfrei“.

Soweit ich z.B. die Basis-Unterlagen bei der Struktur- und Genehmigungsbehörde einsehen konnte, war die Entwicklung folgende:

1927, nach dem Bau der Nordschleife war – außer der Baugenehmigung – keine weitere Betriebsgenehmigung für diese Renn- und Teststrecke erforderlich. Durch die gesetzliche Entwicklung – vor allen Dingen auf dem Immissionsschutz-Sektor – dann aber nach Jahrzehnten doch. Die Nürburgring GmbH wurde mit einem Schreiben vom 30.8.1977 aufgefordert, die erforderlichen Angaben zu machen.

Da die Nordschleife aber bereits existent war, musste ihr Vorhandensein nur angezeigt werden. Das ist durch die Nürburgring GmbH erfolgt. Am 9.12.2008 wurde sie dann aufgrund der Weiterentwicklung der gesetzlichen Ansprüche aufgefordert, zu den Anlagen eine Betriebsbeschreibung zu erstellen und auch etwas zu den Geräusch-Immissionen zu erklären.

Die Nürburgring GmbH hat dann ein umfangreiches „Geräusch-Gutachten“ erarbeiten lassen, mit dem auf 82 Seiten eine so genannte (auf dem Titel ist es auch so ausgewiesen) „Geräuschimmissionsprognose“ erstellt wurde. Auf der Basis dieser Unterlage erging dann in 2009 nicht nur ein „Feststellungsbescheid“, sondern es wurde auch eine „Anordnung erlassen“, deren Einhaltung durch Überprüfung eines Jahresberichts, der durch ein Berliner Institut erstellt, durch die SGD-Nord überwacht wird.

Diese „Jahres-Ergebnisse“ werden auch jeweils den betroffenen Gemeindeverwaltungen von Adenau, Kelberg und Vordereifel zur Kenntnisnahme übermittelt.

Die maximale Geräuschgrenze ist für den Rennbetrieb auf der Nürburgring-Nordschleife mit 144 dB(A) festgeschrieben, wobei man bei dieser (beeindruckenden) Zahl Berücksichtigung finden muss, dass nach Straßenverkehrsrecht und Anlagenrecht jeweils unterschiedliche Messmethoden angewendet werden.

Es ist der Betrieb der Renn- und Teststrecke an 297 Kalendertagen genehmigt, wovon hier 37 Tage für Rennen genutzt werden können. Die Geräusch-Immissionen werden durch zwei fest installierte und eine „Wander“-Messanlage überwacht. (Durch das BeSB Schalltechnisches Büro, Berlin)

Für sich betrachtet ist das alles sehr korrekt. Interessant wird es dann, wenn die Kreisverwaltung Ahrweiler ins Spiel kommt, die z.B. die Naturschutzgebiete um die Nordschleife überwachen müsste. Hier sind – nicht nur zu diesem Thema – keinerlei Auskünfte zu erhalten.

Was die Person des Herrn Dr. Pföhler als Landrat betrifft, zumal er auch mal Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender am Nürburgring war und als Mitbesitzer über einen 10 Prozent-Anteil (Landkreis Ahrweiler) Einspruchsmöglichkeiten hatte, kann man davon ausgehen, dass er wohl derzeit ein Interesse daran hat, alles „in einem besonderen Licht“ erscheinen zu lassen. - Wie sein aktuelles Nicht-Handeln beweist.

Dr. Pföhlers Einstellung zum Projekt „Nürburgring 2009“ war – und ist? - immer positiv. Beim „Ersten Spatenstich“ zum Projekt „Nürburgring 2009“ schwärmte er in einer Rede:

„Eine Vision ist Wirklichkeit geworden!“

Er hat selbst intensiv an der Umsetzung dieser Pläne mitgearbeitet, eine Arbeit, die ihn nicht nur die „Sterne-Küche“ an der Ahr, nicht nur die Qualität des guten Ahrweins auf Aufsichtsratssitzungen erleben ließ, sondern z.B. von ihm auch eine anstrengende Aufsichtsratssitzung im fernen Istanbul abverlangte.

Zur Grundsteinlegung, am 12. April 2008, hat er auch die Hintergründe zu dieser Entscheidung in seiner Rede erwähnt:

„Wir wollen, wir werden und wir müssen in der großen Liga spielen!“

Und am Schluss seiner Rede zitierte er Walt Disney mit den Worten:

„Wir können es träumen – und wir können es tun.“

Dr. Jürgen Pföhler hat es getan. Und jetzt alles vergessen? - Auch seine Aufgaben als Genehmigungs- und Überwachungsbehörde?

Motor-KRITIK hat jedenfalls lange nichts von ihm gehört. Er, der das Projekt für einen „ganz großen Schritt in der Entwicklungsgeschichte des Nürburgrings“ hielt, scheint in der Versenkung verschwunden zu sein.

Es wäre schön, wenn er Motor-KRITIK jetzt eine Einsicht in die Genehmigungspapiere nehmen ließe, die seiner Presseabteilung, der des Landkreises Ahrweiler, bereits am 25. Juni 2014 genannt wurden.

MK/Wilhelm Hahne
Durchschnitt: 4.8 (bei 45 Bewertungen)

Kategorie: 

+ Hinweis für Leser – nicht nur an einem Abonnement Interessierte! +

 

Lieber Leser,

 

Motor-KRITIK ist vollkommen werbefrei, aber – darum – auch ein wenig abhängig von seinen Lesern. - Oder anders: Von Einnahmen. - Nicht alle Leser mögen sich gleich für ein Abo entscheiden.

Wenn Sie ab und an mal auf diesen Seiten vorbei schauen und Ihnen der hier gebotene investigative Journalismus gefällt, dann machen sie doch einfach ihre Zustimmung durch eine kleine Spende deutlich. - Auch kleine Beträge können – per Saldo – eine große Hilfe und Unterstützung sein!

Meine Kontendaten – auch wenn Sie Abonnent werden wollen - finden Sie HIER.

 

Danke!