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Im Film von 1948 geriet der Herr Kanzleirat (Hans Moser) um den sich alles drehte in große Schwierigkeiten. Er beging eine Falschmeldung, beleidigte einen Briefträger, spielte Hasard, unterschlägt Geld, duelliert sich und stiehlt ein Auto. - Er tat also alles, was eigentlich verboten war und niemals einem Kanzleirat zugerechnet würde. - Nun sollte man die alte Bezeichnung Kanzleirat nicht mit Rechtsanwalt ins Moderne übertragen. Ein Kanzleirat war in alten Zeiten ganz etwas anderes als ein Rechtsanwalt. Das heißt aber nicht, dass in unseren Zeiten Rechtsanwälte immer das haben, was im Volksmund als „weiße Weste“ bezeichnet wird. Mir persönlich ist z.B. ein Fall bekannt, wo ein nicht unbekannter Rechtsanwalt (durch medienwirksame Prozesse) von einem Amtsgericht rechtskräftig verurteilt wurde, weil er einem seiner Mandanten dabei behilflich war, „Geld auf die Seite zu schaffen“. Dieser Anwalt hatte auch gute Kontakte zur Landesregierung von Rheinland-Pfalz, die dann allerdings gekappt wurden. - Ein neuer Rechtsanwalt nahm seine Position ein, die von der Landesregierung geschaffen worden war. Der rechtskräftig verurteilte Rechtsanwalt wurde aber nach wie vor in „seiner“ Rechtsanwaltskammer geführt. Sein Nachfolger garantierte – für die Landesregierung – allein durch seinen Titel „Justizrat“ - für Qualität, ein Titel der aktuell nur noch in zwei Ländern der Bundesrepublik ehrenhalber verliehen wird: Von den Landesregierungen in Rheinland-Pfalz und dem Saargebiet. - Der Titel Kanzleirat ist lange ausgestorben, hat als Tätigkeitsbezeichnung aber auch nichts mit einem Rechtsanwalt zu tun. - So kann man aktuell feststellen:
Es gibt ihn nur im Film: Den Herrn Kanzleirat!
Zugegeben: Ich hatte übersehen, dass im September 2020 Rechtsanwälten in Rheinland-Pfalz der Titel „Justizrat“ verliehen wurde. Einer davon ist jener Anwalt, der seit dem Eintritt der Insolvenz in Eigenverwaltung der landeseigenen Nürburgring GmbH im Jahre 2012 von dieser Gesellschaft (und deren „Töchter“) als Geschäftsführer bezahlt wird. - Gut bezahlt wird. - Die Zahlung seines Gehalts erfolgt wohl aus der Insolvenzmasse, die – wenn ich das richtig verfolgt habe – eigentlich schon nicht ausreichte, um alle Ansprüche der Gläubiger voll zu befriedigen.
Ich hatte in diesen Tagen noch einmal dem Koblenzer Insolvenz-Sachwalter im Insolvenzverfahren des Nürburgrings (in Eigenverwaltung!) ein paar Fragen gestellt, die – leider – nicht so exakt beantwortet wurden, wie ich es gerne gewünscht hätte. - Meine sieben Fragen wurden in fünf Sätzen zusammen gefasst beantwortet. - Sicherlich nicht falsch, aber nach meiner Einschätzung unpräzise.
Aber immerhin bin ich dann, weil ich - darum - noch etwas nachrecherchieren musste – darauf gestoßen, dass der aktuelle Geschäftsführer der insolventen Nürburgring GmbH inzwischen an Titeln zugelegt hat.
„Justizrat Prof. Dr. jur. Dr. phil. Thomas B. Schmidt M.A.“
Beim Insolvenz-Sachwalter scheint das noch nicht angekommen zu sein, denn sein Mitarbeiter benennt ihn in seiner Antwort an Motor-KRITIK so:
„Prof. Dr. Dr. Thomas B. Schmidt“
Und man bezeichnet ihn weiter als „Geschäftsführer der Nürburgringgesellschaften“. - Aber lesen Sie, lieber Leser, doch selbst. Ich füge die gesamte Antwort – ohne Anrede und freundliche Grüße – nachfolgend ein:
...„Prof. Dr. Dr. Thomas B. Schmidt ist nach wie vor Geschäftsführer der Nürburgringsgesellschaften und nimmt die ihm gesetzlich und vertraglich übertragenen Aufgaben wahr. Er führt die Geschäfte und berichtet dem Gericht bzw. den Gläubigern. Die Nürburgringgesellschaften bezahlen den Geschäftsführer. Aufgrund umfangreicher Bauprozesse ist ein endgültiges Ende der Verfahren nicht zu prognostizieren. Prozesse vor deutschen Gerichten benötigen ihre Zeit, die nicht beeinflusst werden kann. Der Abschluss der Verfahren wurde nicht verzögert.“…
Wenn Prof. Dr. Dr. Schmidt – wie vom Insolvenz-Sachwalter (richtig) empfunden – „Geschäftsführer“ ist, warum berichtet er dann nicht an seinen Vertragspartner, die Besitzer der Nürburgringgesellschaften? - Und das wäre die Landesregierung! - Wo man aber Wert darauf legt, immer wieder zu betonen, dass man mit der Abwicklung der Insolvenz nichts zu tun hätte. - Hat man deshalb in der Antwort an mich durch den Insolvenz-Sachwalter nur Gericht und Gläubiger erwähnt?
Dieser Geschäftsführer ist geradezu stolz darauf, für die Landesregierung eine der wirklich großen Insolvenzen in Rheinland-Pfalz abzuwickeln. Auf den offiziellen Internetseiten der von ihm vertretenen Rechtsanwaltskanzlei führt er seine Beteiligung daran quasi als die Nr. 1 seiner aktuell wichtigen Arbeiten an. Er stellt seine Qualifikation und sein bedeutendstes Mandat so dar:
„Berufliche Erfahrung
Als Insolvenzverwalter ist Thomas B. Schmidt seit 1997 in mehr als 1000 Verfahren von den Insolvenzgerichten Trier, Wittlich, Bitburg, Nürnberg, Kaiserslautern, Ludwigshafen, Koblenz und Montabaur bestellt worden. Die größte bisherige Insolvenzplansanierung: 14 Konzerngesellschaften mit mehr als 300 Mio. Jahresumsatz.
Bedeutende Mandate
• Sanierungsgeschäftsführer der insolventen Nürburgringgesellschaften mit mehr als 300 Arbeitnehmern
• …..“
Er bezeichnet sich selbst als „Sanierungsgeschäftsführer“, eine Position, die er lt. Insolvenzgesetz auch bei einer Gesellschaft, die sich in einer Insolvenz in Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO – deutsche Insolvenz-Ordnung) befindet, auch einnimmt. Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die nach mir bekannten Zahlen in diesem Fall auch in der bisher mehr als 8 Jahre andauernden Abwicklung der Insolvenz bisher mit mehr als einer Million Euro vergütet wurde!
Nun hat lt. „InsO“ ein „Sanierungsgeschäftsführer“ zunächst eine andere Aufgabe, als sie von Justizrat Prof. Dr. jur. Dr. phil. Thomas B. Schmidt M.A. unter Aufsicht des Insolvenz-Sachwalters dann mit dem Verkauf des Nürburgrings aber anders - und direkt - umgesetzt wurde:
- Es soll ein Sanierungskonzept entwickelt und dem Insolvenzgericht eingereicht werden.
Was im Fall der Nürburgring-Insolvenz in Eigenverwaltung nach Auskunft des Insolvenzgerichts nicht geschehen ist. Statt dessen ist direkt der Verkauf des Nürburgrings – wahrscheinlich auf Weisung der Landesregierung von RLP – mit einem gewissen Druck betrieben worden.
Der Sanierungsgeschäftsführer übernimmt mit seiner Aufgabe auch eine besondere Verantwortung, wie auch noch einmal in einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Jahre 2018 festgestellt wurde, wo in dem Urteil Az. IX ZR 238/17 vom 26. April u.a. deutlich wird...
- ...dass der Sanierungsgeschäftsführer für Rechtsgeschäfte während der Eigenverwaltung analog §§ 60, 61 InsO haftet.
Nach diesen Vorschriften ist der Insolvenzverwalter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft eine ihm nach der Insolvenzordnung obliegende Pflicht verletzt oder wenn eine Masseverbindlichkeit nicht erfüllt werden kann, die durch seine Rechtshandlung entstanden ist.
Wie aus der Antwort des Insolvenz-Sachwalters – der die Abwicklung einer Insolvenz in Eigenverwaltung beaufsichtigt – an mich hervorgeht, hakt der Abschluss der Nürburgring-Insolvenz am noch nicht erfolgten Abschluss von Gerichtsprozessen um Baumängel, die wohl in Verbindung mit „Nürburgring 2009“, dem Leuchtturmprojekt eines Kurt Beck und seiner Regierungsmannschaft, entstanden sind.
Darum bleiben die Kosten, die dem Land Rheinland-Pfalz durch die Gesamtabwicklung der Insolvenz in Eigenverwaltung einer – bzw. mehrerer – Nürburgringgesellschaften insgesamt entstanden sind – oder entstehen werden - bis heute im Dunkeln.
Prof. Dr. Dr. Thomas B. Schmidt wurde Mitte September 2020 übrigens nicht etwa für seine Bemühungen als Insolvenz-.Geschäftsführer von der Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz mit dem Titel Justizrat ausgezeichnet, sondern weil er sich ehrenamtlich verdient gemacht hat. - Die Ministerpräsidentin, Malu Dreyer, erklärte in einer Rede zur Verleihung – die auch andere Persönlichkeiten erreichte:
„Ohne Menschen, die sich ehrenamtlich für andere einsetzen, würde vieles in unserer Gesellschaft nicht gut funktionieren. Für die Landesregierung spielt unter der Leitidee einer aktiven Bürgergesellschaft auch das gemeinnützige, berufsständische Engagement von Unternehmern und Unternehmerinnen eine wichtige Rolle. Denn Sie übernehmen gesellschaftliche Verantwortung und fördern die Entwicklung Ihres Berufsstandes“.
Die ehrenamtlichen Verdienste des Herrn Prof. Dr. Dr. Thomas Schmidt: Er gründete den Verein „Trierer Forum für Insolvenzrecht e.V.“ und ist dessen Vorsitzender. Von 2004 bis 2015 war er außerdem Mitglied des Vorstandes des Förderkreises der Hochschule Trier.
Das nur zur Abrundung meiner Geschichte um die Insolvenz in Eigenverwaltung einer Gesellschaft im Besitz des Landes Rheinland-Pfalz, deren Abwicklung bis heute – wie vielleicht aus meiner Geschichte verständlich wurde – einige unbeantwortete Fragen aufwirft.
Die Zeit heilt zwar alle Wunden, aber lässt manchmal unbeantwortete Fragen zurück.
1 Kommentar
Es erinnert mich...
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