Porsche 911: Dazu die subjektive Wahrheit vom SWR!

Die Presse-Information des SWR war „An die Redaktionen Fernsehen, Gesellschaft, Vermischtes“ gerichtet und machte auf eine Fernsehsendung aufmerksam, die unter dem Titel „Porsche 911 – Der Sportwagen“, am Sonntag, 6. Januar 2019, von 16:45 bis 17:15 Uhr im SWR-Fernsehen zu sehen war. - Eine mir unbekannte Filmmacherin hatte den Versuch unternommen, die Fernsehzuschauer zum Thema Porsche 911 = Kultobjekt zu informieren. Dazu war in der Presse-Info zu lesen: „Der Film ‚Porsche 911 – Der Sportwagen‘ erzählt vom ‚Neunelfer‘-Feeling und den Sehnsüchten der Fans, und wirft einen Blick auf die Konstruktionsgeschichte sowie die Hintergründe der Produktion.“ - Es wurde von „Erfolgsgeschichte“ gesprochen, von „innovativer Weiterentwicklung“ und „Kultobjekt“. - Da man auch als Fachjournalist nicht alles wissen kann, habe ich mir die Zeit genommen, um nach dem Betrachten am Ende der Sendung für mich zu der Feststellung zu kommen:

Porsche 911: Dazu die subjektive Wahrheit vom SWR!

Natürlich kann man die inzwischen mehr als 55 Jahre währende Geschichte des Porsche 911 nicht in einen 30minütigen Fernsehbeitrag pressen. So hat sich die Filmemacherin auf eine „schöne Geschichte“ beschränkt, eine von der Art, wie sie auch in „bunten Zeitschriften“ erscheinen könnte.

Aus Porsche-Sicht ist dieser Beitrag sicherlich als ein Stück Werbung zu werten, kam auch gar nicht so elitär rüber. Natürlich kam auch ein Hollywood-Schauspieler darin vor, der den Porsche 911, besonders die „luftgekühlten“ als „Klassiker“ empfand. Aber auch feststellte: Er würde am liebsten für sich einen Porsche 356 haben wollen.

Eine Porschefahrerin der gehobenen Einkommensschicht stellte fest:

„Wie das Fahrzeug in den Kurven liegt, ist unbeschreiblich.“

Und ich habe lächelnd zugehört, wenn die besondere Leistung eines Walter Röhrl „bei einem Rennen in San Remo“ herausgestellt wurde.

Aber man sollte das Ganze nicht zu streng fachlich nehmen. Schließlich „rennen“ die Autos auch bei einer „Rallye“. Man erlebt dabei schließlich auch „Emotionen“, die für einen dann auch im SWR-Beitrag vorgestellten Hobby-Rennfahrer sehr wichtig waren.

Man erfuhr dass es Porsche seit 70 Jahren gibt, den 911 inzwischen seit 55 Jahren in 8 Modellgenerationen. Wichtig – auch für Porsche: Der 911 wurde inzwischen über 1 Million mal verkauft. Und der Hollywood-Star hatte wohl recht, wenn er zum 911 feststellte:

„Er macht den Kopf frei!

Man erfuhr in diesem Film alles, was Porsche auch zu diesem Modell gerne hört und sieht und hatte dazu auch das eigene Archiv geöffnet. Was dann für die „Macherin“ die Kosten senkte, denn das Honorar das sie für einen sendefertigen Film beim SWR erhält, ist eigentlich seit Jahren auf einem  ähnlichen Niveau. - Der SWR zahlt pro Sendeminute.

Der Film zeigte also – wie versprochen – die Erfolgsgeschichte des Porsche 911 auf, ohne die Anlaufschwierigkeiten 1964 zu verschweigen. Man stellte auch die Bedeutung der Siege im Motorsport für den Erfolg des Porsche 911 heraus. - Und die Bedeutung von Steve McQueen mit seinem Film „Le Mans“.

Man führte auch einen Gutachter vor, der wirklich zum 911 nichts Falsches sagte. Aber das war hoffentlich – in seinem Beruf – nicht sein ganzes Wissen. Man erfuhr wirklich nur das, was eigentlich das oberflächliche Wissen aller Fans bestätigte. - Und Porsche gefallen wird.

Wenn der Gutachter die Gründe für die Umstellung des luftgekühlten Motors auf Wasserkühlung nannte, so stimmten die exakt. Aber was man damit den damaligen Porsche-Käufern antat, darüber wurde nicht gesprochen.

Dabei hätte es – meine ich - durchaus interessiert, dass der Schöpfer des wassergekühlten 911-Motors der gleiche Ingenieur war, der später – wegen seiner Leistungen – auch im VW-Konzern von Bedeutung war. Sogar im so genannten Diesel-Skandal war er so „wichtig“, dass man sich – wahrscheinlich „in gegenseitigem Einvernehmen“ - voneinander getrennt hat. Der Name des innovativen Ingenieurs: Heinz-Jakob Neußer.

Ich habe ihn „damals“ in Weissach besucht, als er als Projektleiter der Motorenentwicklung auch für die Entwicklung des wassergekühlten 911-Motors verantwortlich war. Er hat damit einen Porsche 911 auf das Niveau alter englischer Sportwagen gebracht, die auch ihre Stellplätze mit Ölflecken markierten. Ich schrieb damals – und darf dabei aus „alten Motor-KRITIK-Geschichten“ zitieren:

„So kommt dieser neue Motor z.B. mit nur 408 Einzelteilen, statt bisher 480 Teilen aus, obwohl ‚der Neue‘ ein Vierventiler ist. Material kostet eben Geld. Und Material das nicht verbaut wird, macht den Motor kostengünstiger. Und wenn man dann noch bei der Montage Kosten einsparen kann... - Und das hat Porsche getan. In braver Pflichterfüllung der Planungsziele des Herrn Dr. Wiedeking hat man einen kostengünstigen Motor konstruiert, entwickelt und verbaut ihn jetzt in vielfältiger Art und unterschiedlichen Hubraumgrößen in den Sportwagenmodellen.“

Und ich habe auch in meinen „alten Geschichten“ darauf aufmerksam gemacht, was Dr. Heinz-Jakob Neußer sonst noch gelungen war: Das Motor-Gehäuse. Und ich schrieb:

„Das ist - anders als beim 993 - nun  beim so genannten "Wasserboxer"-Motor in der Mitte senkrecht geteilt, und es kann nun in der Fertigung z.B. der Kurbeltrieb komplett vormontiert zwischen die beiden Hälften des Motorgehäuses eingebaut werden. Fertigungstechnisch - und damit kostenmäßig - ein Plus.“

Ich habe auf diesen Internetseiten auch den Nachteil dieser Konstruktion beschrieben:

„Dass Porsche-Motoren damit zu ‚Ölsardinen‘ wurden, ist aus meiner Sicht ‚der Fluch der bösen Tat‘. Jede technische Lösung hat nicht nur Vorteile. Und die Vorteile des modernen Porschemotors glaubte ich nun zu kennen. Nachdem ich mich nun viele Monate mit der ganzen Problematik auseinander gesetzt habe, ist mir auch klar geworden, wo wahrscheinlich die Nachteile liegen: bei der Montage ist die Kurbelwelle nicht immer unbedingt exakt gewinkelt. Damit ist der millionenfach bewährte Simmerring mit sogenannter "Mikrolippe" (bisher!) dann in einer Reihe von Fällen überfordert. Der wurde bis zum Februar 2005 verbaut, hatte auch in allen möglichen Arten von Motoren niemals Anlass bot, ihn irgendwie zu beanstanden. Aber nun, beim "Wasserboxer", den es auch in den anderen Modellen der Stuttgarter Sportwagenschmiede gibt, da kam es zu Ölundichtigkeiten: das Öl tritt beim Simmering an der Kurbelwelle aus, der - aus meiner Sicht - dann überfordert ist, wenn die Ausrichtung der Kurbelwelle nicht exakt erfolgen konnte. Dieses Öl sammelt sich dann in der Kupplungs-Glocke (dieses Mal nicht von Schiller) und verlässt über die Gehäusetrennfugen (die bei kaum einem Motor wirklich dicht sind) den Porsche, um z.B. das Pflaster einer Toreinfahrt ‚zu versauen‘“.

Es gab dazu noch ein weiteres Anlaufproblem, das ich „damals“ so beschrieben habe:

„Die neuen Motorblöcke werden in einem speziellen Gussverfahren, einem Niederdruckverfahren (squeeze-in-casting) hergestellt, wobei dann das Silizium, das vorher bei der 993-Version im gesamten Gehäuse eingelagert war, hier nur da zu finden ist, wo es wirklich benötigt wird. Das macht auch die spanabhebende Bearbeitung des neuen Gehäuses leichter, weil es einfach weicher ist. - Also alles kostengünstig.“

Eigentlich habe ich in meiner Geschichte zum 60jährigen Jubiläum der Marke die Realität umfassend - denke ich - richtig dargestellt. Ich möchte darum hier noch mal die gesamte Geschichte – unverändert - einkopieren:

Man soll die Feste feiern, wie man sie fallen lässt:  Auf zwei Mal "50 Jahre Porsche" (1981 und 1998) folgt nun aktuell ein Mal "60 Jahre Porsche" - Wem fällt das schon auf?
Beim ersten Mal "50 Jahre Porsche", im Jahre 1981 (weil Porsche schon 1931 sein erstes Konstruktionsbüro gründete), da ließ man an der Jubelfeier auch die Kunden teilhaben. Man baute insgesamt 600 Sondermodelle vom 924, 911 und 928. Damit meine Leser die Entwicklung (der Preise) nachvollziehen können: das 911 Sondermodell vom Typ SC, mit geschmiedeten Leichtmetallfelgen, einer Innenausstattung in Leder/Stoff, Farbe weinrot, wurde zum Preise von 57.500 DM verkauft. Den Jubiläums-924 - einschl. der entsprechenden "Jubiläumsausstattung" - gab es schon für 34.500 DM. - Das ist natürlich mit heute unvergleichbar, weil damals ja auch ein Vorstandsvorsitzender nicht so viel verdiente wie Herr Wiedeking heute. Dafür gibt es heute dann die besseren Jubiläumsgeschichten in der Presse. 60 Jahre sind ja auch wirklich etwas Besonderes. Und es war wirklich 1948, als der erste Porsche 356 ausgeliefert wurde. (Ganz unter uns: Anton Hunger, der Porsche-Kommunikationschef, wurde auch 1948 geboren. Sie können ihm im August gratulieren.) Dieses Mal gibt es zum 60jährigen Jubiläum keine Sondermodelle, sondern eine komplett überarbeitete Version des Porsche 911 dann ab Herbst. Wenn deutlich wird, was diesen neuen 911 wirklich auszeichnet, werden wahrscheinlich die Gebrauchtwagenpreise für das jetzige Modell (und die "Wasserboxer"-Modelle davor) deutlich nach unten rutschen. Also - so denke ich - es wird ab Herbst schon Porsche zu Jübiläumspreisen geben. - Warum? - Das lesen Sie dann u.a. in meiner Jubiläumsgeschichte, die schon deswegen ein wenig anders als die ist, die Sie bisher schon lesen konnten, weil ich weiß wovon ich schreibe, nicht darauf angewiesen bin, Pressemitteilungen abzuschreiben.

"60 Jahre Porsche": Als Armstützen auf der Fahrerseite nur gegen einen Aufpreis zu erhalten waren

08-06-28/07. - Zugegeben - ich muss einfach mehr über Porsche wissen. Ich habe Porsche-Automobile schon vor 50 Jahren verkauft. Und wenn heute in den offiziellen Darstellungen der Porsche 356 B unter der Jahreszahl 1959 auftaucht, dann stimmt das - und auch nicht. Denn der 356 B wurde schon ab den Werksferien, im Herbst 1958 gebaut und auch ausgeliefert. Es war die 59er-Version des 356, die aber schon 1958 gebaut, ausgeliefert und verkauft wurde.

In den Prospekten der damaligen Zeit waren die hinteren - heute würde man sagen - "Notsitze" des 356 B als "Gastsitze" ausgewiesen. Und es gab an der Türverkleidung des Fahrersitzes serienmäßig keine Armstütze. Die gab es nur gegen Aufpreis. Was dann bei Verkaufsgesprächen oft zum Murren der Kunden führte, mir aber als Verkäufer die Möglichkeit gab darauf hinzuweisen, was den Porsche 356 B in seinem Charakter von einer normalen Limousine mit serienmäßiger Armstütze unterscheiden würde. - Und warum eigentlich keine Armstütze an die Türverkleidung der Fahrerseite gehört.

Tatsächlich kam Vieles am Porsche von VW, oder hatte VW-Teile als Ausgangsbasis. Aber eine Reutter-Karosse war schon etwas Besonderes in der Verarbeitung. Damals wurden die Übergänge der A-Säule in die Karosse noch verzinnt und beigeschliffen. Es gab viel Handarbeit. Und die Bremsen waren - verglichen mit den Großserienautomobilen von damals - riesige Leichtmetalltrommeln, optisch großzügig verrippt und mit einem eingeschrumpften Graugussring versehen. Trotzdem - und gerade deswegen - musste man wirklich vermeiden, mit einem solchen Fahrzeug nach harten und Hitze erzeugenden Bremsmanövern, direkt danach durch tiefe Wasserlachen zu fahren. Die so "betroffene" Bremstrommel war dann unbrauchbar. Verzogen eben.

Es gab die "Dame" mit 60 PS, während der "Super" dann 75 PS hatte. Das Fahrzeug war - damit sein Sportwagen-Charakter betont wurde - relativ kurz übersetzt, auch, damit sich seine Beschleunigungszeiten (Null auf Hundert) deutlicher von den Großserienprodukten abhoben. Allerdings wurde dann die Höchstgeschwindigkeit deutlich im "roten Bereich" des Drehzahlmessers erreicht.

Später gab es dann zusätzlich den "Super 90".  Zur Verbesserung der Hinterachseigenschaften konnte man gegen Aufpreis eine "Ausgleichsfeder" installieren lassen. Und wenn ich in die offizielle Darstellung des Porsches-Werkes blicke, dann gab es ab 1961 auch ein Hardtop-Coupé. Aber natürlich gab es das schon vorher. Im Archiv in Zuffenhausen ist wohl auch etwas durcheinander geraten. Man hätte sich vielleicht noch einmal bei Karmann in Osnabrück erkundigen sollen. Denn dieses Hardtop-Coupé, optisch wie ein Cabrio mit aufgesetztem Hardtop wirkend, das aber in diesem Fall ein fest verschweißter Dachaufsatz war, wurde bei Karmann in Osnabrück gebaut. Und ich erinnere mich, dass es bei der ersten Serie dieses Modells schon mal "Wassereinbrüche" am Übergang Aufsatz/Karosserie hinten rechts gab.

Dieses Karmann-Hardtop-Coupé gab es nicht ewig, ein Verkaufserfolg war dieses Modell gerade nicht. Der "kleine Ärger" mit diesem Modell sprach sich schnell herum. Und so ist es still in der Versenkung verschwunden. Eine Reutter-Karosse blieb eben eine Reutter-Karosse. Bis dann Reutter von Porsche aufgekauft wurde.

Porsche wurde damals schon über die VW-Händlerorganisation verkauft. Darum war man auch als Porsche-Verkäufer in das System der VW-Organisation eingebunden. Ich erinnere mich, dass ich an meinem ersten Arbeitstag als Porscheverkäufer aus der Abteilung VFW (Verkaufsförderung/Werbung) einen Tagesbesuchszettel erhielt, auf dem mir für diesen Tag der Besuch von 15 Adressen vorgegeben war. Ich glaube mich zu erinnern, dass es bei VW-Verkäufern sogar mehr waren. Ich bin ein wenig erstaunt in die Abteilung VFW gegangen um zu erfahren, dass das so üblich sei.

Ich habe erklärt, dass man - aus meiner Sicht - so leider keine Porsche verkaufen könne. Ich jedenfalls könne das nicht, müsse das in dieser Form auch ablehnen. So wurde dann durch den Chef der Firma das für mich geltende Besuchssoll von 15 auf 3 herab gesetzt. Meistens waren die vorgegebenen drei Adressen sowieso "Karteischrott". Meine Verkäufe realisierte ich über  Besuche bei Adressen, die ich selbst aquiriert hatte. Ich war als Veräufer erfolgreich, weil ich meine Kunden beraten konnte. Und es auch tat. Bis hin zu einem Verzicht auf einen Verkauf, um keinen "unglücklichen Kunden" zu haben. - Manche habe ich allerdings zu ihrem Glück zwingen müssen.

Beim ersten 911 hätte ich z.B. niemals ein Fahrzeug mit Solexvergasern verkauft, sondern immer nur Fahrzeuge mit WEBER-Vergaser. Das war die bessere Kombination. Und obwohl man bei Porsche die bestellten mit den Reifen abnehmen musste, die gerade in der Erstausrüstung montiert wurden, konnten meine Kunden bei mir ihre Lieblingsmarke wählen, wenn ich nicht Argumente dagegen hatte. Ich hatte Absprachen mit Reifenhändlern, wo ich die Reifen nach Anlieferung des Fahrzeuges tauschen konnte.

Mein Eindruck damals war: Die VW-Händler glaubten, dass man über die Anzahl der täglichen Besuche auch die Anzahl der Verkäufe bestimmen konnte. Und was bei VW - scheinbar - funktionierte, versuchte man dann auch bei Porsche zu verwirklichen. Auch ein Porsche-Zentrum heute ist keine Garantie für Verkaufserfolge, sondern steht und fällt mit der Qualität der Verkäufer - und natürlich auch Führungsmannschaft. (s. Mannheim)

Wie nahe "damals" (zu Zeiten des 356) ein Porsche noch beim VW-Käfer war, kann man daraus ersehen, dass ein Porsche-Mitarbeiter, der in diesem Jahr 80 Jahre alt wird (Herbert Linge) mit einem VW-Käfer mit Porsche-Getriebe immer in der Lage war, mit seinem gut vorbereiteten Volkswagen die Porsche-Sportwagen alle zu schlagen.

Mit dem 911 begann dann die wirkliche Entwicklung von Porsche hin zu einer Sportwagenfirma. Mein Bruder Hubert war z.B. Besitzer eines Porsche Abarth. Und ich erinnere mich, dass wir mit diesem Sportwagen - der serienmäßig (aus Gewichtsgründen) über keine Heizung verfügte - dann zum "Elefantentreffen" zum Nürburgring gefahren sind. Im Beifahrerfußraum hatten wir so'ne Art Katalytofen stehen und ich habe während der Fahrt immer mit einem Kratzer die Scheiben vom Eis befreit, das sich durch unseren Atem an der Innenseite der Frontscheibe bildete. Ein Porsche Abarth war ein richtiger Sportwagen in der damaligen Zeit. Aber es war dann später ein Fiat-Sportwagen, mit dem mein Bruder Hubert auf der Nürburgring-Südschleife alle gestarteten Porsche schlug.

Wenn das heute auch ungern erwähnt wird: ein Porsche ist keine Garantie dafür, ein guter Fahrer zu werden. Dazu gehört nicht nur eine Anlage, eine Anleitung, sondern auch ein ständiges Weiterarbeiten an sich.

Das hat Porsche als Sportwagenfirma lange vergessen. Was auch an den Chefs dieser Firma lag. Als Wiedeking kam, musste der im Wesentlichen nur die inneren Abläufe organisieren, was über viele Jahre unterblieben war. Sie hätten damals nur mal einen Blick in die Fertigung werfen müssen, wo sich dann die Meister an jedem Montagmorgen zusammen setzten um zu beschließen, welche Fahrzeuge man denn in der vor ihnen liegenden Woche fertigen wollte. Und draußen vor der Tür standen dann - evtl. im Regen - die Rohkarossen, die dann  später in die Fertigung eingeschoben wurden. Manches hat mich damals an die Fertigung bei Glas in Dingolfing (Goggo) erinnert, wo man z.B. auch mit der Schubkarre die Räder aus einer Halle gegenüber an die Fertigung fuhr.

Heute wird gerne die Vergangenheit verherrlicht.  Man sollte es nicht. Besser ist, sie realistisch zu betrachten und aus den Fehlern zu lernen. Ich erinnere mich noch, dass ich mit einigen Kollegen an einem großen runden Tisch zusammen mit Werner Niefer (damals Mercedes-Chef) beim Abendessen saß, als Werner Niefer mich fragte: "Herr Hahne, wie sehen Sie die Porsche-Situation?" - Das muss in den 80ern gewesen sein. Meine Antwort: "Da muss man mit dem Schlimmsten rechnen. Wäre ich an Ihrer Stelle, würde ich jetzt den Fuß dort zwischen die Tür stellen, damit die Firma nicht an einen ausländischen Konkurrenten fällt. Ich würde Porsche reichlich Entwicklungsaufträge zukommen lassen. Sie haben da doch alle Möglichkeiten."

Es war eine kurze Zeit ruhig. Werner Niefer nahm noch einmal einen kleinen Schluck aus dem Glas, stand auf, kam um den Tisch herum zu mir, reichte mir die Hand und sagte:"Hand drauf, Herr Hahne, - so machen wir's!"

Und Porsche wurde dann wirklich von Mercedes (Daimler) angefüttert, hat Getriebeentwicklungen gemacht, auch eine E-Klasse mit Achtzylinder entwickelt. Aber man kam in Stuttgart gerade so zurecht und war froh, wenn man in den 90ern gute Entwicklungsleute z.B. für Reifenversuche (und "kleines Geld") an Audi ausleihen konnte. Wobei die Porsche-Leute dann gebeten wurden, nicht mit 928-Dienstwagen anzureisen. Weil für diese Kilometer-Kosten z.B. Audi nicht aufkommen wollte.

Auch im Volkswagenwerk war man eigentlich mit der Arbeit der Porsche-Entwickler, die immer wieder auf "Befehl von oben" in die Entwicklung eingeschaltet wurden (z.B. Fahrwerk Scirocco) nicht zufrieden. "Zu teuer und im Ergebnis nicht gut genug", urteilten VW-Entwickler mir gegenüber. Es war nicht alles Gold was mit Porsche beschriftet war und in Verbindung gebracht wurden.

Tatsächlich brachte Wiedeking die entscheidende Wende. Mit einer exakten Ausrichtung der Produktion, mit der Entwicklung eines Mittelmotor-Sportwagens (Boxster). Ich hatte allerdings schon Anfang der 80er Jahre leitenden Porsche-Ingenieuren gesagt, dass man eigentlich bei Porsche nun dringend mit der Entwicklung eines Mittelmotor-Sportwagens beginnen müsse. Selbst in den Reaktionen dieser Leute auf so eine provokative Aufforderung fühlte man die Lethargie, die zu dieser Zeit bei Porsche herrschte.

Wiedeking hat den Laden wieder in Fahrt gebracht. Auf seine - oft - etwas brachiale Art. Sein Umgangston - selbst mit Vorstandskollegen - war nicht immer Porsche-like, aber effektvoll. Da ihm niemand Grenzen aufzeigte, hat der dann auf einigen Gebieten überzogen. Zum Beispiel bei der Motorenentwicklung. Noch in diesen Wochen schrieb mir ein guter Porschekunde nach bezeichnenden Erfahrungen mit Auto (911) und Kundendienst: "Nie wieder Porsche!!!" (Er hat wirklich drei Ausrufungszeichen verwendet.)

Seine Erfahrung bezog sich auf den "Wasserboxer"-Motor, der lt. Aussagen von Porsche-Mitarbeitern tatsächlich von der Kostenseite her gegenüber dem vorher verbauten Aggregat (dessen Produktion man wegen der Geräuschauflagen in vielen Ländern dann einstellen musste) ungleich günstiger zu fertigen war. Aber er ließ den Porsche-Sportwagen dann (zu) oft zu einer Porsche-Ölsardine verkommen. Was für normale Bürger nur ein  - vielleicht zufälliges - Zufügen von drei Buchstaben ist - KWS - lässt viele Porschebesitzer einen kalten Schauer den Rücken hinab laufen.

Aber jetzt, mit dem kommenden neuen 911-Modell wird dieser Fehler beseitigt sein. Es gibt von seiner Aufteilung her nun wieder das alte Kurbelwellengehäuse. Nun werden keine Lagerbrücken mehr eingelegt, sondern die sind schon vorhanden, so dass das Kurbelgehäuse nun praktisch nur noch aus zwei Teilen, statt vorher vier besteht. Das wird ein exaktes Ausrichten der Kurbelwelle begünstigen, so daß es auch kaum mehr zu KWS-Schäden kommen wird. Liest man jetzt die Präsentationsgeschichten zum neuen 911, so wird fast krampfhaft vermieden, dieses Thema irgendwie zu beleuchten. Da wird auf die nun vorhandene Direkteinspritzung hingewiesen, aber z.B. nicht darauf, dass sich daraus auch ein  höherer Russpartikelanteil - verglichen mit dem alten Motor - ergibt. Darum wird es auch bei den kommenden EU-Vorschriften offiziell eine Rußpartikelgrenze für Benzindirekteinspritzer geben. (Bisher gab es die nur für Diesel.)

So gut das neue Doppelkupplungsgetriebe in seiner Schnelligkeit und der Vielfalt seiner Funktionen auch sein wird: ich würde den 911 nach wie vor mit der normalen Handschaltung kaufen. Eine Reparatur des neuen Getriebes wird selbst gut verdienenden Leuten - nach der Garantiezeit - "die Schuhe ausziehen". Man muss einmal überlegen, wie exakt die zwei Kupplungen miteinander arbeiten müssen, damit es nicht zu Störungen kommt. Natürlich ist das zu schaffen. Ich frage mich aber, ob das schon in der ersten Serie der Fall sein wird. - Aber das ist nur meine Meinung und Einschätzung.

Insgesamt ist der neue 911 aber ein Schritt in die richtige Richtung. Dazu passt aber nicht das Verharren bei dem Ölversorgungssystem, das man "irgendwie" als Trockensumpfschmierung zu verkaufen sucht. Der 911 wird so nach wie vor ein Sportwagen sein, mit dem man auf einer Rennstrecke nicht Rennreifen (oder ähnliche) nutzen sollte, weil dann die Querbeschleunigung so groß werden kann, dass die Ölversorgung zusammen bricht. - So etwas kann ich leider nicht als Sportwagen bezeichnen. Man macht in Zuffenhausen leider den großen Fehler, den Blick zu stark auf die Rendite zu richten.

Ich erinnere mich noch, dass vor einiger Zeit z.B. alle 911 mit Recaro-Sitzen serienmäßig ausgestattet waren. Heute ist Lear der Sitz-Zulieferer, weil er billiger war. Recaro-Sitze gibt es nur noch im GT3. - Zulieferer sind inzwischen für Porsche ungeheuer wichtig geworden, weil sie einerseits die Qualität der Premium-Sportwagen sicherstellen sollen, auf der anderen Seite aber auch beeindruckende Gewinnzahlen. Damit Herr Wiedeking für sich weiter "den Rahm" in zweistelliger Millionenhöhe abschöpfen kann. Porsche selbst hat inzwischen mit 15 Prozent die niedrigste Wertschöpfungstiefe in der gesamten Automobilbranche. Das ist einerseits gut, beinhaltet aber auch ein großes Risiko.

Aber 911-Besitzer sind ja auch nicht alle"Feinschmecker" und "Racer". Sie kaufen sich sehr oft einen Porsche des Images wegen. Das aus der Vergangenheit stammt und langsam verloren geht.  Wirklichs Kenner kaufen sich vielleicht gleich den GT3. Damit hat man dann in dieser Zeit tatsächlich einen richtigen Porsche Sportwagen und einen "echten"  911.

Es wäre hier Sache der Porscheverkäufer, ihre Kunden richtig und gut zu beraten und über die so entstehenden Zahlen im Markt beim Hersteller eine Reaktion zu erzielen. Von der so genannten Fachpresse kann man keine echte Kaufberatung erwarten, wie die letzten Beispiele der Vergangenheit zeigten. Weil man zu schüchtern ist? Weil man zu wenig von der Sache versteht?

Leider muss ich auch Herrn Wiedeking unterstellen, dass er über wenig technisches Verständnis und Einfühlungsvermögen in seine Kundschaft verfügt. Anders vermag ist seine Entscheidungen manchmal nicht zu werten. Aber so lange wird er auch nicht mehr Chef bei Porsche bleiben. Meine ich. Obwohl er gerade noch die Weichen für die Zeit nach 2012 stellt. Seine finnischen "Partner" verlieren dann z.B. den Auftrag zur Herstellung des Boxsters. Der geht dann an die Magna in Österreich. So wäre es dann leichter möglich, meint man in Stuttgart, auch wieder einen Teil der Fertigung von dort nach Zuffenhausen hinüber zu holen, falls mal das Geschäft mit dem 911 (aus welchen Gründen auch immer) einbrechen sollte. Weil man in Österreich einer von vielen Auftraggebern ist, in Finnland der einzige. - Ich will nicht hoffen, dass es zu so einer Situation kommt. -Schließlich ist der 911wieder auf dem Weg - wie das neue Modell zeigt - hin zu einem Sportwagen. Das 911-Vorbild von "damals" ist leider heute immer zwar noch ein Abklatsch der Ikone. - Also kann es nur noch besser werden.

Zu "75 Jahre Porsche" ist dann  alles anders. - Wiedeking wird nicht mehr an der Spitze dieser Firma stehen und selbst mein Kommentar zu diesem Jubiläum wird dann fehlen. (Und bestimmt auch kaum vermisst werden.)

Herzlichen Glückwunsch zu "60 Jahre Porsche" -

Und - wie meine Großmutter gesagt hätte: "Schön, dass ich das noch erleben darf!" - Denn es gab mal eine Zeit, in der ich das nicht mehr erwarten konnte. Darum ist mein Glückwunsch auch echt und ehrlich. - Sogar der an Herrn Wiedeking.

Wiedeking hat sich wirklich um Porsche verdient gemacht, was der Öffentlichkeit weitgehend verborgen blieb. Auf meinen Internetseiten war „damals“ folgendes zu lesen:

„Die Managergagen beherrschen die Schlagzeilen. Landauf landab. Die Vorstandsvergütungen in deutschen Aktiengesellschaften haben abgehoben, schießen raketengleich in den Einkommenshimmel. Seit kurzem sticht bei diesem Gagenfeuerwerk ein Manager ganz besonders hervor - Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Er ist der neue Shooting-Star in der nach oben hin offenen Gagen-Skala:

    Für 2007 erhält er rd. 60 Mio. Euro. - Soviel wie 1000 Porsche-Werker.

Kein noch so wohlhabender Mittelständler würde sich aus seinem Unternehmen derart unverschämt bedienen. Doch woher kommt das viele Geld? - Hat Wiedeking bei Porsche den Dukaten-Esel gefunden?

Als er in Zuffenhausen antrat, stand Porsche kurz vor der Pleite. Fast zeitgleich übernahm ein gewisser Ferdinand Piech das Ruder bei VW. Er brachte das ihm anvertraute Unternehmen sogleich auf Porsche-Kurs. „Der VW-Konzern ist für Porsche von entscheidender Bedeutung,“ schrieb BUSINESSNEWS am 14. Februar 2007 „weil der Sportwagenbauer Ressourcen der Wolfsburger in den Bereichen Produktion und Entwicklung nutzt. Der Aufstieg Porsches, von einem Unternehmen am Rand des Bankrotts zum profitabelsten Autohersteller der Welt, wäre ohne den Rückgriff auf VW-Ressourcen undenkbar gewesen“.

Bis zum letzten Jahr verschleierte VW seine intime Verbindung zu Porsche sogar im Geschäftsbericht. Das allein wäre schon schlimm genug. Es ist aber nur die halbe Wahrheit. Kaum bei VW am Ruder, umgab sich Piech mit Lakaien und Ja-Sagern. Die stimmten Piechs Porsche-Plänen servil zu. Im Nu waren weitere wichtige Vertriebslizenzen im Osten in der Hand der Piech/Porsche-Familie. Wem der Kurs des Porsche-Eigners nicht passte, wurde gefeuert. - Gnadenlos. Fachliche Qualifikation spielte keine Rolle bei VW. Kadavergehorsam war angesagt. Sogar Auto-Professor Seiffert wurde entsorgt.

Der Aufstieg Porsches vom Rand des Bankrotts mit Rückgriff auf VW-Ressourcen erfuhr mit dem Cayenne-Projekt seine finale Krönung. Piech ließ den Geländewagen "Touareg" entwickeln. Porsche wurde Projektpartner. Nicht etwa die Konzerntochter Audi. Der "Cayenne" entstand auf der "Touareg"-Plattform. Sogar die Türen sind austauschbar. Damit öffnete Piech der Sportwagenschmiede seiner Familie ein völlig neues Marktsegment. VW bestritt das Gros der Entwicklungskosten. VW stellt auch die Fabrik. Das schont den Geldbeutel der Porsches und der Piechs ganz ungemein. Der "Cayenne" läuft in Bratislava mit dem"Touareg" vom Band, wie die FAZ schrieb. Das stimmt indes nicht ganz. Am Bandende lässt man Motor und Räder weg. Damit wird „eine Rohkarosse vorgetäuscht“, so der Werksvorstand. Dessen Parole: „Vier Schrauben und der Porsche ist fertig.“

Entschuldigung! - Ich bin ins Plaudern gekommen. Was aber auch deutlich macht, dass die Filmmacherin des SWR keine Chance hatte, eine umfassende Geschichte zum Thema 911 darzustellen.

Aber wenn Sie Helene Fischer lieben und „Atemlos durch die Nacht“, dann war die SWR-Dokumentation eine tolle Geschichte!

MK/Wilhelm Hahne
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