Neuer DSK-“Treffpunkt“ am Nürburgring: „Bellof-S“!

Bei einer meiner letzten Geschichten zum Thema Touristenfahrten auf der Nürburgring-Nordschleife hat sich ein Leser empört, dass ich in dieser Geschichte einen eventuellen Unfall während einer DSK-Veranstaltung erwähnt hätte. Das wäre unkorrekt! - Die DSK-Veranstaltung wäre ein „Trackday“ gewesen! - Ich habe diese DSK-Veranstaltung in Verbindung mit den so genannten Touristenfahrten auf dem Nürburgring deshalb erwähnen können, weil ein Unterschied nicht besteht: Jeder kann mit einem straßenzugelassenen Automobil ohne jede Streckenkenntnis und spezielle Sicherheitsausstattung seine Runden drehen. In beiden Fällen wird – offiziell – nach der StVO gefahren: Rechts fahren, links überholen. Keine Drifts. Es gilt das Vermummungsverbot. Man darf also – eigentlich - keinen Sturzhelm tragen. Und ein nicht vom TÜV eingetragener Überrollkäfig würde gegen die Zulassungsbestimmungen des Kraftfahrzeugs verstoßen. - Was ist bei den Touristenfahrten am Nürburgring anders? - Bei den Touristenfahrten sind Unfälle nicht erwünscht! - Bei den Trackdays des DSK auch nicht! - Aber diese Unfälle gibt es trotzdem. Oder gerade deshalb, weil es eigentlich hier wie da ums Geldverdienen geht und man als Veranstalter alle Möglichkeiten nutzt. - Warum hat der DSK eigentlich 13.000 Mitglieder, ist so ein „starker“ Verein? - Wegen der „Trackdays“, oder wie der DSK es nennt: „Hugo Emde Freies Fahren“. - Ein solches – preisgünstiges (!) „freies Fahren“ des DSK gab es am 30. Juli 2019. Es war eine von 18 Veranstaltungen in 2019 des DSK auf den unterschiedlichsten Rennstrecken. - Und es gab einen Unfall, der – außer von Motor-KRITIK – bisher nirgendwo vermeldet wurde. - Ich habe zum Thema ein wenig recherchiert und dafür schon Zeit gebraucht. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Ich meine: Man kann nur aus Fehlern lernen, wenn man sie nicht verniedlicht, die Schuld auf Andere schiebt, sondern wenn man die Realitäten respektiert, den Anlass ergründet und Verbesserungen anstrebt:

Neuer DSK-“Treffpunkt“ am Nürburgring: „Bellof-S“!

Der DSK hatte den Termin mit der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG abgestimmt. Eigentlich sollte der Verpächter wissen, dass er damit auch eine gewisse Verantwortung übernimmt. Zumal der DSK auch seinem Vertragspartner rechtzeitig die „Starterzahlen“ genannt hatte:

  • 300 Fahrzeuge waren beim „Hugo Emde Freies Fahren“ am 30. Juli 2019 am Start!

Da hätte man schon ins Grübeln kommen können. Aber vom Streckenanbieter wurde – wie gewohnt – nur eine Minimum-Besetzung der Nordschleife mit Streckenposten vorgenommen. Nach meinen Recherchen müssten es weniger als fünfzig gewesen sein. Untereinander zwar mit Funk-, aber ohne Sichtverbindung.

  • Immer nach dem Motto: Es wird schon irgendwie gut gehen! - Man muss die Kosten niedrig halten!

Bei diesem „Trackday“ - oder „Freies Fahren“ (ganz gleich unter welchen Namen) - ging es dann nicht so gut. Es muss so um die elfte Stunde des Tages gewesen sein, als sich ein Teilnehmer im Bereich des „Bellof-S“ auf einer Betriebsmittelspur wegdrehte, abflog. - War er evtl. auf seinem eigenen Betriebsmittel abgeflogen?

Nach ihm kamen dann noch weitere fünf Teilnehmer ins Schleudern, drehten sich weg, landeten nicht nur im Grünen, sondern auch in den Leitplanken. Sie hatten Glück, wenn sie nur ihre Fahrzeuge mehr oder weniger kräftig beschädigten und nicht auch noch persönlich Schaden nahmen. Dem Vernehmen nach soll aber ein Hubschrauber im Einsatz gewesen sein.

Die hinzu gerufene Polizei hat „vor Ort“ den Schadenshergang nicht klären können. Denn alle auf der Betriebsmittelspur verunfallten Fahrer suchten nach dem Verursacher, um den für die an ihren Fahrzeugen aufgetretenen Schäden haftbar machen zu können.

Da die Fahrzeuge alle polizeilich zugelassen sind, offiziell der StVZO entsprechen, müsste die Haftpflichtversicherung des Verursachers eigentlich für die Schäden aufkommen, da das „freie Fahren“ nach der StVO erfolgte und nicht der Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten diente.

„Treffpunkt“ der  sechs DSK-Trackdayfahrer war auf der Nordschleife exakt da, wo „damals“ auch Stefan Bellof einen „Luftsprung“ machte, einen Fehler, den er nach Motor-KRITIK-Ansicht selbst verantwortete, da er die Curbs (links) zu einem Abheben und Aufstieg nutzte.

Dieses Mal wurde die DSK-Veranstaltung sofort mit roter Flagge abgebrochen und die – nicht verunfallten – Teilnehmer informiert, dass man mit einer Streckensperrung von ungefähr drei Stunden zu rechnen habe.

Weshalb die dann in großer Zahl direkt die nächst erreichbaren Restaurants aufgesucht haben, um das Mittagessen einzunehmen, um später nicht zuviel Zeit zu verlieren!

Weil die Polizei vor Ort keinen Schuldigen eindeutig ausmachen konnte, hat sie wohl zumindest eins der „verdächtigen“ Fahrzeuge sicherstellen lassen. Ich kann das deshalb schreiben, weil der Abschleppwagen nicht dem Vertragsunternehmer des Nürburgrings zuzuordnen war, sondern dem Unternehmen, das vertragsgemäß für die Polizei nicht nur abschleppt, sondern auch dann die Fahrzeuge sicherstellt.

Obwohl zunächst bei meiner Recherche die unterschiedlichsten Zahlen an Unfallfahrzeugen genannt wurden – ich hörte zunächst von einem „Massencrash“ - hat sich dann die Zahl sechs als wohl richtig erwiesen. Diese sechs Fahrzeuge waren aber nicht etwa ineinander gefahren, sondern verteilten sich am Streckenabschnitt „Bellof-S“ über viele, viele Meter entlang der Betriebsmittelspur.

Da die Leitplanken nur relativ wenig beschädigt waren – sagt man - hat es dem Veranstalter genügt, den „Schrott“ schnell ins Abseits zu stellen, um die Veranstaltung möglichst ohne großen Zeitverlust  weiter durchführen zu können.

So wurde die Strecke nicht wie angekündigt nach drei Stunden, sondern schon nach etwa 1,5 Stunden zur weiteren Durchführung von DSK „freies Fahren“ frei gegeben.

Es sei übrigens hier vermerkt, das zwar 300 Fahrzeuge am Start waren, die aber in zwei Gruppen á 150 Fahrzeuge aufgeteilt wurden, um die Fahrzeugdichte auf der 28,32 km langen Strecke nicht zu hoch werden zu lassen.

Das hat aber nicht den Unfall verhindert, der vielleicht auch deshalb auftreten konnte, weil niemand die hier eingesetzten Fahrzeuge in irgendeiner Form abnimmt oder kontrolliert. - Aber wie lange sollte so eine „Abnahme“ auch dauern, wenn sie gründlich erfolgen soll? - Man würde dafür auch nur qualifizierte Fachleute einsetzen können. - Woher nehmen? - Und das kostet!
 
Nicht nur dieser Unfall – auch alle anderen Unfälle – auf der Nürburgring-Nordschleife sollten zum Nachdenken anregen. Es geht nicht darum, „die besten Sprüche zu klopfen“, sondern durch Überlegen zu den besten Lösungen – und damit zu unfallärmeren Ergebnissen - zu kommen!

Von Lizenz-Rennfahrern verlangt man von Seiten des Motorsport-Vereins DMSB ein spezielles Nordschleifen-Permit, das dazu noch in unterschiedlichen Abstufungen – nach entsprechenden Lehrgängen – ausgestellt wird, und der „Touristenfahrer“ darf ohne jede Vorbedingung, nur nach Zahlen eines – wie ich finde – nicht kleinen Betrages, dann „eine Runde drehen“.

Und wie ist es um die Streckensicherheit bestellt? - Wie wenig Strecken-Marshals haben bei den so genannten Touristenfahrten  eigentlich nur eine Alibi-Funktion?

Wie viele würden eigentlich gebraucht, um im Falle eines Unfalles eine schnelle Versorgung der Verletzten sicher zu stellen?

Denn Unfälle – darüber muss man sich im Klaren sein – können auch Streckenposten bei den derzeit geltenden Voraussetzungen zum Befahren der Nürburgring-Nordschleife auch nicht verhindern. Ganz gleich ob es sich um Touristenfahrten oder Fahrten unter dem Titel „Hugo Emde Freies Fahren“ handelt.

MK/Wilhelm Hahne
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