Ein Verein mit guten Absichten – aber pragmatisch!

Ich meine damit „Ja zum Nürburgring e.V.“, ein Verein der sich sicherlich um den Nürburgring verdient gemacht hat und auch mit viel Emphatie geführt wurde. Dabei ist man aber niemals in „Gefühlsduselei“ verfallen. Schließlich stand an der Spitze ein Geschäftsmann, der in dieser Position immer den Realitäten ins Auge sehen musste. Und der wusste, was er machen musste, wenn er auf „Stärkere“ traf: Sich pragmatisch verhalten. Auch der Pressemann des Vereins ist ein Pragmatiker, der sich geschickt für seinen Verein in Szene zu setzen weiß. So hat er sofort nach Erscheinen meiner Geschichte, „Drängt der DMSB eine Kult-Rennstrecke ins Aus?“, bei dem auch „sein Verein“ in Verbindung mit dem ADAC erwähnt wurde, sofort mit einer E-mail darauf aufmerksam gemacht, dass man da schon trennen müsse. Was hier bei Motor-KRITIK bei Nennung der Gesamtkosten um den bei dem am EU-Gericht geführten Prozess nicht erfolgt war. Ich hatte die Aufwendungen von ADAC und „Ja zum Nürburgring“ in einem Topf geworfen. - Und ich werde gerne erklären warum.

Ein Verein mit guten Absichten – aber pragmatisch!

Am gleichen Tag an dem die o.g. Geschichte erschienen war, hat sich der Pressesprecher von „Ja zum Nürburgring“ per E-mail mit mir in Verbindung gesetzt um aus meiner Geschichte folgenden Satz zu zitieren:

„Dabei sollte man nicht übersehen, dass der ADAC beim DMSB insgesamt schon ‚sehr stark‘ ist, auf der anderen Seite - nachdem ein Prozess in Sachen Nürburgring vor dem EU-Gericht verloren ging - auch noch ‚eine Rechnung in Millionenhöhe offen hat‘.“

...um seine Meinung – bzw. die seines Vereins dazu – mit folgenden Worten deutlich zu machen:

„Da ich bereits auf diese exorbitante Summe angesprochen wurde, möchte ich dieses völlig substanzlose Zitat kommentieren:

  • Kläger ist Ja zum Nürburgring, nicht der ADAC
  • Die Kosten der Klagen wurden durch Spenden abgedeckt, die aus unterschiedlichen Quellen kamen
  • Die Kosten liegen noch nicht einmal ansatzweise in dem von Ihnen zitierten Bereich:

- Gerichtsgebühren entstehen bei Nichtigkeitsklagen vor den Europäischen Gerichten (EuG bzw. EuGH als        Rechtsmittelinstanz) nicht.
- Bei dem Prozessgegner, der Europäischen Kommission, können Reise- und Übernachtungskosten entstehen.
- Weitere Kosten, z.B. für externe Gutachter oder Anwälte, sind auf der KOM-Seite nicht entstanden und müssen demnach auch nicht ersetzt werden
- Die genannten Reise- und Übernachtungskosten schätzen wir in einem 4-stelligen Bereich ab, oder anders gesagt: unter 10.000 €.“

Ich habe ihn in meiner Antwort darauf aufmerksam gemacht, dass ich, weil ich das so - nüchtern betrachtet - als richtig empfinde, den Kostenaufwand, den der ADAC für das Angebot auf die Rennstrecke hatte und die Kosten für die Prozessführung seines Vereins vor dem EU-Gericht zusammen gefügt habe, zumal diese Kosten von ungenannten Spendern mit „zweckgebundenen Beträgen“ getragen wurde. Dabei habe ich nun auch die mir bekannten

„Vorlaufkosten“ seines Vereins bis Oktober 2015 bei der Vorbereitung des Prozesses mit 708.658,50 Euro

als Ausgangsbasis für meine Rechnung genannt.

Der Pressesprecher des Vereins „Ja zum Nürburgring“ hat mir umgehend widersprochen:

„...Ihre Rechnung stimmt auch hinten und vorne nicht:

  • Die korrekt genannte Summe aus 2015 bezog sich fast vollständig auf den langjährigen Vorgang, der vor der     Klage lag. Das waren die ersten Gutachten, die Beschwerden und sonstigen Eingaben, die größtenteils Jahre vor dem Verkaufsverfahren lagen. Auf die Klage selbst entfiel davon zu diesem Zeitpunkt eine Summe von höchstens 30.000 €.
  • In den folgenden vier Jahren hat es in der Tat weitere Kosten gegeben für Rechtsberatung. Diese Zahlen können Sie nicht aufaddiert haben, weil Sie Ihnen nicht vorliegen. Richtig ist, dass bei uns keine Reisekosten angefallen sind, da diejenigen im Verein, die sich aktiv einsetzen, keine abgerechnet haben.
  • Es ist weiterhin nicht richtig, dass der ADAC bei seinem Kaufversuch eine siebenstellige Summe aufgewendet hat. Noch einmal der Hinweis, dass die von Ihnen angeführte Summe zum großen Teil weit vor dieser Zeit lag und durchaus nicht allein von einem Spender.“

In meiner Antwort bin bei der realen Ausgangssumme von über 700.000 Euro geblieben und habe etwas später mal um die neueste Fassung der Vereinssatzung seines Vereins gebeten, die nach meiner Erinnerung von Oktober 2015 stammen musste, wo der 1. Vorsitzende des Vereins ausführte, dass die vorgenommenen Änderungen in den Vereinssatzungen:

„...die Korrekturen von Schreibfehlern“

wären. Ich hatte das damals nicht direkt überprüft, so dass ich jetzt den Pressesprecher gebeten habe, mir doch die letzte – und damit neueste - Fassung der Vereinssatzung zuzusenden.

Das hat er umgehend gemacht, so dass ich jetzt auch die um „Schreibfehler korrigierte“ Fassung mit der „alten“ Fassung abgleichen konnte.
Wenn meine Leser noch mal einen Eindruck von der letzten Mitgliederversammlung 2015 erhalten wollen, so ist das leicht möglich, weil es dazu hier in Motor-KRITIK eine Geschichte mit Fotos gab, die das Erlebte dokumentieren. (Einfach HIER klicken!)

An dieser Stelle möchte ich dann noch einmal zurückblenden, ins Jahr 2006, wo in meinem Buch zum „Nürburgring-Skandal“ auch der Verein „Ja zum Nürburgring“ Erwähnung findet. Da gibt es z.B. folgende Passage:

„Daraus ergab sich dann - nach einem Meinungsaustausch unter den Beteiligten - ein "Meeting", das am 8. August 2006 in Köln stattfand. Dabei waren Mitarbeiter des ADAC Nordrhein, denen es bei diesem Thema im Wesentlichen um das 24-Stunden-Rennen geht, solche des DMSB und solcher vom Verein "Ja zum Nürburgring". Es ging vor allen Dingen darum, wie man an anderer Leute Geld kommt.
Dabei wurde beschlossen, den Verein "Ja zum Nürburgring" als Zugpferd zu nutzen. Der hat dann auch als erste Maßnahme Kontakt zu "betroffenen"Regionalclubs und den Zentralen von AvD und ADAC hergestellt.“

Das Ergebnis konnte man dann später – auch das ist in meinem Buch – wiedergegeben, in einer Pressemitteilung der Nürburgring GmbH lesen, die damals noch in Besitz des Landes Rheinland-Pfalz, von Dr. Walter Kafitz geführt wurde:

„Die Sicherheitsvorkehrungen an der Nordschleife haben sich seit der Eröffnung 1927 permanent weiter entwickelt. Bis heute wurden rund 33 Kilometer Dreifach-Schutzleitplanke an der Strecke installiert, in der Wintersaison werden kontinuierlich immer wieder Streckenabschnitte ausgebessert und neu asphaltiert. Auch in den nächsten drei Jahren wird weiter in die Sicherheit investiert. Während der noch laufenden Saison werden zusätzliche Zäune angebracht, die größtenteils von außerhalb der Rennstrecke installiert werden können. Von Dezember bis März erfolgen dann die Arbeiten direkt auf der Nordschleife. Bereits zur Motorsport-Saison 2008 sollen diese Bauarbeiten fertig sein. "Wir machen hier einen notwendigen Schritt, um die Nordschleife als permanente Rennstrecke für den Motorsport und als Teststrecke für die Industrie auch in Zukunft so nutzen zu können", erklärt Hauptgeschäftsführer Dr. Walter Kafitz. "Wichtig ist, dass auch Bereiche durch Zäune gesichert werden, in denen sich Dritte - also Fans, Zuschauer, Wanderer und Mountainbiker sowie Verkehrsteilnehmer auf den angrenzenden Bundes- und Kreisstraßen aufhalten. " Dabei geht es nicht nur um verunfallte Fahrzeuge, sondern vielmehr auch um Fahrzeugteile, die von der Strecke geschleudert werden könnten. Darüber hinaus werden neue Dreifach-Leitplanken installiert und aufgestockt. Es ist sowohl für Rennfahrer als auch für Testfahrer aus der Industrie im Falle eines Unfalls besser, direkt an der Piste in die Leitplanke zu kommen und dort "geführt abgebremst" zu werden, anstatt etwa auf Gras ins Schleudern zu geraten und dann unkontrolliert mit der Leitplanke zu kollidieren. Die Fangzäune werden so installiert, dass sie möglichst nicht das Blickfeld der Zuschauer beeinflussen, in dem z.B. die Topographie ausgenutzt wird. "Trotzdem müssen wir im Sinne der Sicherheit handeln, denn die geht vor", erklärt Kafitz. "In den Streckenabschnitten Wehrseifen und Ex-Mühle haben wir zum Beispiel keine andere Möglichkeit, als die Zäune so zu errichten, dass sie auf Augenhöhe mit den Zuschauern stehen und diese zukünftig dahinter stehen." Trotzdem wurde in den Bereichen Hatzenbach, Brünnchen und Pflanzgarten auf Grund des dortigen starken Besucheraufkommens eine Lösung gefunden, die für Zuschauer sowohl Sicherheit als auch Komfort bietet. Hier können die Zäune so aufgestellt werden, dass die Zuschauer weiterhin freie Sicht auf die Strecke haben. Insgesamt werden rund um die Nordschleife rund 13 Kilometer Dreifach-Leitplanken und rund 14 Kilometer Sicherheitszäune neu errichtet bzw. aufgestockt. Die Kosten in Höhe von rund drei Millionen Euro bringt zur Hälfte die Nürburgring GmbH auf. Für die andere Hälfte setzte sich der Verein "Ja zum Nürburgring" ein, der den Betrag durch Spendensammlungen akquirierte."

Die letzten Zeilen habe ich unterstrichen, um optisch zu verdeutlichen, dass die Taktik der „Großen“, den kleinen e.V. als „Zugpferd“ zu nutzen, funktioniert hat. „Ja zum Nürburgring“ hat da bewusst mitgespielt, weil man nur mit solchen pragmatisch vorgenommenen Planspielen zum Erfolg kam. Schließlich waren die Spenden an diesen „gemeinnützigen“ Verein von der Steuer abzusetzen.

Wichtig ist darum die Formulierung, die auch in der „korrigierten“ neuen Vereinssatzung zu finden ist:

„Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts ‚steuerbegünstigte Zwecke‘ der Abgabenordnung.“

Diese Fassung wurde auch auf dieser Mitgliederversammlung im Oktober 2015 verabschiedet, zu der 16 Mitglieder (!) erschienen waren.
Nachdem ich nun die Möglichkeit hatte, die alte Vereinssatzung mit der neuen abzugleichen, sind mir folgende Unterschiede aufgefallen, darunter auch ein grober Fehler:

  • Die in der jetzt gültigen Fassung genannte Eintragung im Vereinsregister ist falsch!

Richtig ist:

  • „Ja zum Nürburgring e.V.“ ist im Vereinśregister des Amtsgerichts Koblenz unter VR 11080 eingetragen.

Unter § 7 wurde geändert, dass die Mitgliederversammlung „in Jahren mit gerade Jahreszahl“ stattzufinden hat. Mit Durchführung der Mitgliederversammlung in 2015 hat man also schon gegen die zu dieser Zeit noch geltenden Satzungsbestimmungen verstoßen.

  • Es wurden übrigens – nach meiner Feststellung – auch nicht alle Mitglieder satzungsgemäß eingeladen.

Neu ist, dass Wahlen nun satzungsgemäß alle 4 Jahre stattfinden sollen, also auch noch in diesem Jahr durchgeführt werden müssen. In diesem Jahr wäre dann auch – anders als in 2015:


„Die Stimmenübertragung auf andere Mitglieder des Vereins oder auf Nichtmitglieder nicht zulässig.“

Hinzu kommt:

„Wahlberechtigt sind nur anwesende Mitglieder des Vereins.“

In § 9 wurde die Zahl der Beisitzer auf 4 begrenzt. Neu ist auch, dass der Verein „gerichtlich und außergerichtlich durch jeweils zwei Mitglieder des Vorstandes vertreten“ wird.

Der § zum Thema Geschäftsführer ist entfallen.

In § 11 ist von einem ehrenamtlichen Rechnungsprüfer die Rede, die Zahl „zwei“ aus der alten Vereinssatzung ist weggefallen.

§ 12 ist zwar interessant, aber den gab es auch schon in der alten Vereinssatzung.

Es wurden also nicht nur „Schreibfehler korrigiert“. Bei dieser Beschreibung der Änderungen in der Vereinssatzung hat sich der 1. Vorsitzende des Vereins auch sehr pragmatisch verhalten.

Wie jetzt auch der Pressesprecher mit seinen E-mail eine pragmatische Haltung eingenommen hat, da er die Bedeutung des ADAC – im Interesse seines Vereins – berücksichtigen muss.

Ohne ADAC geht eben nichts! - Weder beim DMSB, noch bei „Ja zum Nürburgring“. Denn wer gehörte wohl zu den geheim gehaltenen Unternehmen, die den größten Teil der „zweckgebundenen Spenden“ zum mir bekannten Betrag von 708.658,50 Euro an „Ja zum Nürburgring“  zweckgebunden (!) überwiesen haben?

Natürlich gegen eine Spendenquittung!

MK/Wilhelm Hahne

PS: Die aktuell geltende Satzung von „Ja zum Nürburgring e.V.“ finden meine Leser als pdf-Datei im „Anhang“ zu dieser Geschichte.

 
 
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