Formel 1: Ist Ferrari so miserabel wie dargestellt?

Motor-KRITIK hat in dem Moment die Berichterstattung über die Formel 1 eingestellt, als das Mercedes-Team auf die Anfrage, warum es in der Formel 1 so große Differenzen zwischen schnellster Quali- und schnellster Rennrunde gibt, nicht geantwortet hat. - Bis heute nicht! - Bis zum GP von Belgien am Wochenende sind die Differenzen auch schwindelerregend hoch geblieben. - Aber das ist nicht ein Thema für die Weltpresse. Die schreibt das, was auch ihre Leserschaft als richtig dargestellt empfindet. Wenn schon „la Repubblica“, eine Zeitung, die in Italien zu den Leitmedien gerechnet wird, die aktuellen Ferrari Formel 1-Fahrzeuge als „langsam, schäbig, unzuverlässig“ empfindet“, was sollen dann die Leitmedien in anderen Ländern zur Situation bei Ferrari schreiben? - Da spielt es scheinbar keine Rolle, dass „la Republicca“ der Industriellenfamilie Agnelli zugerechnet werden muss. - Die Stimmung, die Ferrari „mitleiderregend“ findet, wie die österreichische „Kronen-Zeitung“ nach dem Grand-Prix von Belgien schreibt, ist eigentlich überall gleich. - Schlimmer geht‘s nimmer - ist man versucht, die öffentliche Meinung auf einen Nenner zu bringen. - Ich möchte dazu anregen, sich zunächst einmal zu erinnern, Fakten und Personen – auch mit ihren menschlichen Schwächen - abzugleichen, Verbindungen zu Entscheidungen der Sportbehörden herzustellen und sich dann noch einmal die Frage zu stellen:

Formel 1: Ist Ferrari so miserabel wie dargestellt?

Ausgangspunkt muss natürlich das Ergebnis des F1-Rennwochenendes im belgischen Francorchamps sein. Dort schied Ferrari im 2. Qualifying aus und beendete das Rennen auf den Plätzen 13 und 14. - Wobei hier Sebastian Vettel vor Charles Leclerc ankam. - Was man dabei nicht übersehen sollte: Raikkönen fuhr vor Vettel ins Ziel. Sein Fahrzeug hatte auch einen Ferrari-Motor im Heck.

  • Die Differenz zwischen schnellster Runde der Besten im Qualifying und Rennen betrug hier 6,231 sec bei einer Rundenlänge von 7,004 Kilometern!

Da am gleichen Wochenende - am Samstag - auf der Nürburgring-Nordschleife ein 6-Stunden-Rennen ausgetragen wurde, die Wetterbedingungen hier wie da gleich waren, sei hier die entsprechende Vergleichszeit angeführt:

  • Die Differenz zwischen schnellerst Runde im Qualifying und Rennen betrug hier 1,524 sec (SP9 = GT3) bei einer Rundenlänge von 24,358 Kilometern!

Hier wie da wurde im Qualifying mit wenig Benzin im Tank gefahren und die schnellsten Rennrunden fährt man hier wie da gegen Ende des Rennens, wenn der Tank schon leerer ist. Rechnet man die F1-Differenz mal auf die Nürburgring-Streckenlänge um, dann hätte…

  • ...die Zeitdifferenz bei den Formel 1-Fahrzeugen zwischen Qualifying und Rennen bei mehr als 21 sec gelegen!

Ist das normal? - Natürlich spielt da der „Partymodus“ bei der Formel 1 eine Rolle, wo man – bisher! - im Qualifying mit einer deutlich höheren Motorleistung fuhr als im Rennen. Das sollte eigentlich schon ab dem GP von Belgien geändert werden. Die FIA, die Weltorganisation für den Motorsport, hatte diese Entscheidung getroffen.

Doch der Zeitpunkt wurde dann plötzlich verschoben: Nun werden die Fahrzeuge ab dem Rennen in Monza am Wochenende im Qualifying und Rennen mit gleicher Motorleistung unterwegs sein. Dann werden sich die Zeitdifferenzen – endlich! - wieder normalisieren.

Nun darf man bei seinen Überlegungen nicht vergessen, dass der Chef des Motorsport-Weltverbandes FIA Jean Todt ist. Man erinnere sich: Der war mal Chef bei Ferrari. Da ist es aus meiner Sicht kein Wunder, wenn ein Ferrari-Regelverstoß, der von der FIA im letzten Jahr aufgedeckt wurde, mit allen Hintergründen „unter der Decke gehalten“ wurde. - Vergleicht man die Ferrari-Leistungen „vor der Aufdeckung“ mit denen jetzt danach, dann wird eigentlich klar, dass da mehr als die „Grauzone“ genutzt wurde.

Auch die Terminverschiebung für das Verbot des „Partymodus“ auf den Zeitpunkt des Rennens in Monza bringe ich mit der – wahrscheinlichen - Pro-Grundeinstellung eines ehemaligen Ferrari-Chefs für seine „alte Firma“ in Verbindung, der er viel zu verdanken hat.

So wird dann auch der Ferrari in Monza plötzlich scheinbar wieder erstarkt daher kommen und die Weltpresse wird die Leistung des Ferrari-Teams loben – müssen! - In Monza auf der „Heimstrecke“ endlich verbessert!

Werfen wir doch noch mal einen Blick auf das Ergebnis des Formel 1-Wochenendes in Francorchamps, bleiben aber dabei – bitte – nicht an der Oberfläche, sondern versuchen die Realität auch in Details – die exakt gemessen wurden – zu erfassen:

Lewis Hamilton hat klar und überlegen gewonnen. Er hatte aber das langsamste Fahrzeug auf der Strecke. Die maximale Höchstgeschwindigkeit wurde bei ihm mit 307,3 km/h gemessen.

  • Der schnellste Ferrari – von Leclerc – erreichte 318,8 km/h, der von Vettel 315,4 km/h.

Man sollte – gerade bei der Formel 1 – nicht nur die Motorkraft in den Vordergrund stellen. Man muss auch die aerodynamischen Möglichkeiten dazu in Relation bringen. So fuhrt nicht Hamilton die schnellste Rennrunde, sondern Ricciardo mit einem Renault, der auf der Geraden 320,4 km/h schnell war, aber sicherlich bei der gewählten aerodynamischen Einstellung einen höheren fahrerischen Einsatz verlangte als die bei Hamilton.

Der schnellste F1 im belgischen Francorchamps war der Alpha Tauri von Kwjat, dessen Top-Speed mit 323,7 km/h gemessen wurde, aber nur auf Platz 11 (von 17) einlief. Ein Platz vor Raikkönen, zwei vor Vettel!

Über die Ferrari-Leistungen wird derzeit nur geklagt. Man sollte aber  – nicht nur bei diesem Team – auch immer die fahrerischen Leistungen mit berücksichtigen. Die drücken sich nicht nur unbedingt in einer Platzierung, sondern vielleicht auch in der schnellsten Runde aus. Hier überrascht es nicht wenn…

  • Charles Leclerc mit 1:47,840 min in der 26. Runde des Rennens die viertschnellste Zeit überhaupt fuhr, während Sebastian Vettel dagegen mit seiner schnellsten Rundenzeit von 1:49,958 min, gefahren in der 31. Runde, deutlich abfiel. - Um mehr als 2 sec!

Aber immerhin kam Vettel trotzdem in der Gesamtwertung auf Platz 13, während Leclerc auf Platz 14 einlief.

Natürlich gehöre ich nicht zu den Wahrsagern, glaube aber aufgrund meiner Beobachtungen insgesamt und in Einschätzung der Abläufe „hinter den Kulissen“ für das Rennen in Monza vorhersagen zu können:

  • Die Weltpresse wird nach dem Rennen dort die Leistung des Ferrari-Teams sehr loben, weil zwischen Francorchamps und Monza eine deutliche Steigerung feststellbar sein wird!

Motor-KRITIK-Leser werden nun hoffentlich nicht mehr überrascht sein!

MK/Wilhelm Hahne
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