Ukraine-Krieg: Nun mit deutschen Panzerfäusten?

Es gibt Erlebnisse – aber oft auch nur einzelne Sätze – die einem immer wieder einfallen. Bei mir ist es immer wieder die Feststellung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden, Eberhard von Kuenheim, der in meiner Gegenwart einmal einem gerade ernannten Chefredakteur einer Motorradzeitschrift sagte: „Das ist das Schöne bei euch Journalisten: Ihr braucht von Nichts etwas zu verstehen und könnt über alles schreiben!“ - Mir schien das damals schon passend. Erst recht heute, wenn ich in den Medien per „Kriegsberichterstattung“ über die Ereignisse in der Ukraine – und wie es dazu kommen konnte – informiert werde. - Ich habe mich bewusst vor Jahrzehnten dazu entschieden, als Motor-Journalist zu arbeiten. - Auf diesem Gebiet weiß ich, worüber ich schreibe. Ich habe vieles in dieser Branche gemacht, kenne viele Hintergründe aus eigenem Erleben, kann die Arbeit darin – gerade in Details – bewerten. - Natürlich weiß ich, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist. Aber darum kann ich auch bewerten, was sich zum Guten, was sich – gerade auf den Menschen bezogen – zum Schlechten hin entwickelt hat. - Nun muss ich aktuell feststellen, dass ich auch in „Sachen Krieg“ über Erfahrung verfüge, die modernen Berichterstattern - manchmal spürbar - fehlt. - Das kann natürlich nur eine Feststellung, kein Vorwurf sein! - Aber darum muss ich heute einmal ein Thema streifen, das mit Blick auf meine Berufsbezeichnung – zum Glück (!) nur ein kleines Zusatzstück meiner Lebenserfahrung darstellt.

Ukraine-Krieg: Nun mit deutschen Panzerfäusten?

Als 1939 der 2. Weltkrieg begann, war ich 6 Jahre alt, kannte zwar das Wort Krieg, wusste aber nicht, was das wirklich war. Das habe ich dann auch gelernt. Als das Jahr 1945 begann, war ich auch in dieser Hinsicht „ein gebildeter Mensch“. Ich hatte Nächte – manchmal auch Tage – in Bunkern verbracht, hatte aus dem „Volksempfänger“ die Sondermeldungen des Heeres gehört, die – wie ehrlich (!) - eigentlich aus dem „Propaganda-Ministerium“ kamen, hatte nach den Bombenangriffen amerikanische Flugblätter gesammelt – und gelesen, nachts unter der Bettdecke der BBC gelauscht. Meine Erkenntnis: Wir wurden wahrscheinlich von allen belogen!

Die Landung amerikanischer Fallschirmjäger in den Niederlanden im Herbst 1944 verschärfte auch die Situation am Niederrhein. Die Bombenangriffe wurden intensiver. Ich saß auch am Tag viele Stunden im Luftschutzkeller und war schon verwundert über die Erwachsenen, die mir immer wieder als Vorbilder hingestellt wurden, aber bei Bombenangriffen schon dann hysterisch schrien, wenn bei intensiven Bombenabwürfen durch den Luftdruck der explodierender Bomben ganz in der Nähe, dann schwarze Rußwolken aus dem Kaminabzug die Luft im „Bombenkeller“ etwas undurchsichtiger werden ließ.

Aber auch die Wehrmachtsführung reagierte in diesen letzten Wochen des Krieges hysterisch. So erhielt ich Anfang 1945 als 12jähriger Junge einen Einberufungsbefehl zum „Volkssturm“. Ich musste zu einem „Lehrgang“ in eine Volksschule der Stadt, wo wir von einem Leutnant im Umgang mit der Panzerfaust „ausgebildet“ wurden!

Der Leutnant hat uns genau die Abläufe erklärt:

  • Zunächst solle man ein „Ein-Mann-Loch“ schaufeln.
  • Dann sich da hinein kauern und auf anrollende Panzer warten.
  • Die Panzerfaust wurde über die rechte Schulter gelegt.
  • Man sollte dann – ganz konzentriert – auf eine Kette des Panzers zielen.
  • Hatte man z.B. die rechte Kette zerschossen, war der Panzer „kampfunfähig“, weil er nicht mehr weiter rollen, sondern sich nur noch im Kreis drehen konnte.

Meine Frage danach an den ausbildenden Leutnant:

„Und was ist, wenn ich die Kette nicht treffe?“

Antwort:

„Dann rollt der Panzer über dein Ein-Mann-Loch und dreht das Loch zu.“

Das habe ich zu Hause meinem Vater erzählt, der dann beschloss, seine Familie für „die letzten Wochen des Krieges“ (davon gingen wir aus!) in Sicherheit zu bringen. Wir konnten nicht in ein anderes Land fliehen. So landete ich im Sauerland, in einem kleinen unbedeutenden Dorf. Dort schliefen wir auf Feldbetten in einer „Schützenhalle“, in der – so erinnere ich mich schaudernd – nachts die Ratten unterwegs waren.

In diesem Dorf habe ich auch das Kriegsende und die „Befreiung“ erlebt. Im Keller eines Gasthofes, in dem wir uns in Sicherheit gebracht hatten und in dem wir dicht an dicht an der Mauer neben dem Kellerfenster platziert wurden. Tatsächlich wurde dann von den Amerikanern durch das Kellerfenster mit einem Gewehr geschossen, da das Gastwirte-Ehepaar – weil ihm das richtig schien – vor dem Gang in den Keller die Eingangstüren oben abgeschlossen und verriegelt hatten.

  • Auch ohne Panzerfaust war es schwierig den 2. Weltkrieg zu überleben.

Das ist mir eingefallen, als ich jetzt hörte, dass Olaf Scholz den Niederlanden erlaubt hätte, 400 deutsche Panzerfäuste in die Ukraine zu liefern.

  • Das wird denen genau so helfen, wie mein damals nicht erfolgter Einsatz mit der Panzerfaust am Niederrhein entscheidend für den Kriegsausgang war!

Im Fernsehen habe ich jetzt aber auch gesehen, wie Frauen in der Ukraine mit einer Käsereibe Kunststoff zum Befüllen von Flaschen zum Einsatz als „Molotowcocktails“ (deutsche Bezeichnung: „Brandflasche“) vorbereiten. Das scheint mir genauso sinnvoll, wie die Lieferung von 400 deutschen Panzerfäusten.

Aber ich bin in Sachen „Propaganda“ auch ungebildet. Mir könnte es auch nicht passieren, dass ich zur aktuellen Situation in der Ukraine – wie ein Sprecher im Fernsehen – davon spreche,

  • ...dass es nun „seit 75 Jahren“ (!) wieder einen Krieg in Europa gibt.

Wahrscheinlich hatte der damals - zur Zeit des Bosnien-Krieges - gerade seine „Auszeit“, irgendwo im Ausland, nach einem ihn so hart belastenden und fordernden  Abitur, genommen.

Krieg ist heute für viele – wie für mich 1939 auch – „nur ein Wort“. Ich schließe das aus der aktuellen Berichterstattung, die mich auch ein wenig an die der „Propaganda-Abteilungen“ von damals erinnert.

Selbst die deutsche Berichterstattung über den Korea-Krieg habe ich mir später lieber im niederländischen Fernsehen angehört. - Das war schon etwas anders – und wie mir schien objektiver.

Natürlich wurde in Deutschland schöner über „unsere amerikanischen Freunde“ berichtet! - So schön, wie auch die allgemeinen Informationen über das Thema „Nürburgring 2009“ später waren.

Wenn Sie noch einmal in eine meiner alten Geschichten – aus 2014 - dazu klicken wollen:

Nürburgring 2009“: Erinnern Sie sich?(Das war der Titel „damals“!)

Auch damals stand ich wohl einsam – wie es schon 1945 von mir gewünscht war – in einem „Ein-Mann-Loch“. Weil mein berechtigtes Unverständnis andererseits auf politisches Unverständnis stieß, „rollte“ dann die Staatsanwaltschaft „über mich“. - Ein „Rollkommando“? - Aber man hat mich nicht „zudrehen können“!

Es ist das Recht eines jeden Menschen – auch Politikers (!) -  sich manchmal ein wenig realitätsfremd zu benehmen! - Damals wie heute!

Auch den Krieg muss man vielleicht erlebt haben, um das Wort besser zu verstehen!

MK/Wilhelm Hahne
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