Nach Olympia: Wie viele China gibt es eigentlich?

„The party is over“, wird man heute in der Welthandels-Sprache Englisch in Peking feststellen. Olaf Scholz und Joe Biden waren nicht da. Ein „I am a Pekingnese“ hätte – selbst in bestem Lübke-Englisch – auch peinlich geklungen. - Ich persönlich hatte eigentlich mit China bisher keine Probleme. Meine chinesische Uhr überwacht zuverlässig meinen Schlaf, mein in China produziertes Android-Handy arbeitet sehr gut und mein amerikanisches iPhone - auch in China produziert - bietet keinen Anlass zu Beanstandungen.   (Info für meine Leser: Der Trend geht zum Zweithandy!) - Die Kameras die ich nutze, sind auch in China produziert und der China-Tee zum Frühstück – natürlich mit weichem Eifel-Wasser gekocht – schmeckt mir sehr gut. - Bisher hatte ich keinen Grund, irgendwie über China zu klagen. - Bis zu dem Zeitpunkt, da in Peking – und darum herum – nun die Winter-Olympiade 2022 durchgeführt wurde. Da habe ich in der Zeitung dann schon mal kritische Anmerkungen gelesen und auch solche im Fernsehen gehört. - Das hat mich nachdenklich gemacht. Ich bin in meinem Leben auch noch niemals in China gewesen. Und da die deutsche Automobilindustrie nicht auf Crashtests an der chinesischen Mauer angewiesen ist – die ich auch nur dem Namen nach kenne – habe ich mir offensichtlich bisher zu wenig Gedanken über China gemacht. - Wie ich der Statistik auf meinem Server entnehme, war in diesem Jahr unter den ersten 30 Staaten, aus denen Leser auf diese Internetseiten zugreifen, China nicht vertreten. - Inzwischen muss ich aber – ein wenig unsicher - die Frage stellen:

Nach Olympia: Wie viele China gibt es eigentlich?

Ein wenig verwirrt nach der im Fernsehen genossenen Olympia-Berichterstattung, während der ich schon mal – zwischendurch - in Produkten der Wirtschaftspresse geblättert hatte, bin ich doch ein wenig verunsichert. Eigentlich müsste es doch wenigstens drei China geben:

1) Das China, politisch bedenklich, aber wirtschaftlich bedeutsam, mit dem Politiker sehr diplomatisch umgehen.
2) Das China, in dem gerade die Winter-Olympiade, als eine Art von Marketing-Veranstaltung – von allen geduldet - stattfand.
3) Das China, mit dessen Hilfe deutsche CEO’s gerade ihren Bonus und die Laune ihrer Aktionäre verbessern.

Mal bei Wikipedia vorbei geschaut: Es gibt die „Volksrepublik“ China, in der die demokratische Diktatur des Volkes gilt. - Lese ich. - Das sind immerhin rd. 1,4 Milliarden Menschen. Damit ist China das bevölkerungsreichste und geografisch der drittgrößte Staat der Welt.

Ich lebe in Deutschland, wo wir von einer Bundesregierung, die u.a. aus so genannten Volksparteien gewählt, nun demokratisch regiert werden. Deutschland hat 83 Millionen Einwohner und 7 Prozent des Brutto-Inlands-Produkts werden von der hier befindlichen drittgrößten Automobilindustrie der Welt erwirtschaftet.

  • Nicht nur im Fernsehen habe ich jetzt während der Olympiade gehört, dass China kommunistisch ist und diktatorisch (= unmenschlich) regiert wird.

Dabei fällt mir ein: Wir in Deutschland wurden nach dem 2. Weltkrieg (und Diktatur!) – endlich! - demokratisch regiert. Die Bundesregierung hat die Kommunistische Partei dann 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbieten lassen. Ich erinnere mich noch gut, dass ein Bergarbeiter am Niederrhein, Mitglied der KPD - auch im 3. Reich (!) - zu dieser Zeit – weil in den Untergrund verbannt - beim verbotenen Kleben von Plakaten der KPD ertappt wurde. Er kam zur Strafe in ein Bewährungsbattailon der deutschen Wehrmacht. Die setzte man vornehmlich in Staaten wie Jugoslawien ein, wo Partisanen nicht gerade rücksichtsvoll mit deutschen Soldaten umgingen. Der Bergarbeiter vom Niederrhein hat aber den Krieg überlebt und wurde als Widerstandskämpfer gefeiert. - Dann war er plötzlich – ab 1956 - wieder jemand, der in den Untergrund geschickt wurde. - Demokratisch!

  • Ein deutsches Schicksal! - Erlaubt ist nur, was genehm ist! - Mal so, mal so!

China scheint ein Sonderfall zu sein. Politiker reden ungern darüber. Sie geben sich distanziert, diplomatisch. So war keiner von ihnen bei der Winter-Olympiade in China vor Ort. Dass Putin in Peking zu sehen war, wurde fast als „Beispiel“ hingestellt: Kommunisten unter sich!

  • Bei den ersten freien Wahlen in Deutschland - 1949 - gewann die KPD 5,7 Prozent der Stimmen!

Dass die deutsche Olympia-Mannschaft an dieser Olympiade offiziell teilnahm, wurde offenbar still  toleriert. Immerhin konnte man als zweitbeste Nation – gemessen an den Goldmedaillen – wieder abreisen. Aber die Fernsehjournalisten waren in ihren Kommentaren immer bemüht darauf hinzuweisen, dass… - Ja, ja, die bösen Kommunisten!

  • Aber manches ist – zumindest für mich – unverständlich!

Man steckt Kommunisten grundsätzlich in eine „Schublade“, während es doch Unterschiede z.B. zwischen deutschem, jugoslawischen, französischen und chinesischem Kommunismus gibt. Die unterscheiden sich z.T. von der Karl Marx’schen Lehre. - Aber zurück zum deutschen Pragmatismus:

Zur Zeit halten z.B. zwei chinesische Großkonzerne einen Anteil am deutschen Daimler-Konzern – dem Hersteller von Mercedes – von knapp 20 Prozent. Daimler versucht das als Vorteil für sich zu nutzen und wird in Zukunft alle Zweiliter-Verbrennungsmotoren aus China beziehen. Auch die Produktion des „Smart“ hat man komplett nach China verlagert. - Dafür wurde der Daimler-CEO sehr gelobt!

Von der Wirtschaftspresse wird der CEO des Daimler-Konzerns als „Manager des Jahres“ gefeiert und die Aktionäre loben seine klugen Entscheidungen. Immerhin hatte er schon als Vertriebsvorstand die Weichen in Richtung China gestellt, indem er wichtige ostdeutsche Mercedes-Niederlassungen an chinesische Firmen verkaufte.

Da kann BMW aktuell doch nicht zurück stehen! Der Elektro-MINI wird ab 2023 schon mal komplett in China gebaut. Vielleicht wird man die Produktion des MINI überhaupt – und insgesamt – nach China verlagern. Und wenn man dann noch die „kleinen Modelle“ – wie es die deutsche Automobilindustrie insgesamt vor hat – noch ein wenig ausdünnt, oder– wie VW es plant – die dann noch gebauten Modelle „perfektioniert“, indem man sie serienmäßig ausschließlich mit teuren  Doppelkupplungsgetrieben ausstattet, dann müssten sich so doch die Gewinne maximieren – und die Aktienkurse steigen – lassen!

Wer redet da von Kommunismus und Diktatur? Immerhin erwirtschaftet die deutsche Automobilindustrie doch mindestens 7 Prozent des Brutto-Inlands-Produkts! - Da müssen deutsche Politiker gaaanz vorsichtig sein!

Und für den offensichtlich etwas naiven Automobilkäufer muss man – ganz weich und unauffällig – die Weichen in Richtung Gewinnmaximierung stellen! - Dabei leistet dann China dann eine wichtige Hilfe!

Und die Wirtschaftspresse hilft auch. Immerhin ist die Automobilindustrie eine der bedeutendsten Anzeigenkunden. Da gilt es dann die Vorteile zu schildern, die aus einer Verlagerung der Produktion nach China resultieren.

  • Wer wird da von Kommunismus, Diktatur und einer darbenden Minderheit reden, die in China eine Mehrheit darstellen sollen?

Auch in Deutschland regiert eigentlich das Geld! - Und Politiker, die die Macht haben, sind auch  besonders rücksichtsvoll, wenn es ums Geld geht! - Auch deutsche Politiker!

Hat nicht gerade China bei Olympia gezeigt, dass man ein zuverlässiger Gastgeber sein kann? - Und lassen nicht börsennotierte Unternehmen aus aller Welt gerne in China fertigen? - Im Kapitalismus wichtig:

  • Maximierte Gewinne lassen Börsenkurse steigen!

Eleanor Roosevelt hat aber einmal – richtig! - gesagt:

„Die Zukunft gehört denen, die an die Wahrhaftigkeit ihrer Träume glauben.“

Tatsächlich: Die deutsche Automobilindustrie scheint trotz aller „Vorleistungen“ in China dort ohne Fortune zu sein: Die Umsätze und Marktanteile geben dort aktuell nach, sind rückläufig. - Man scheint bei allen taktischen, börsenorientierten Aktionen vergessen zu haben, dass man eigentlich passende, zuverlässige und bezahlbare Automobile (Fortbewegungsmittel) für Menschen (!) fertigen sollte. - Und nicht Gewinne für Aktionäre!  

Zur Erinnerung: Steigende Marktanteile durch „menschliche“ und bezahlbare Automobile, würden überall auf der Welt in der Folge die Gewinne steigern helfen!

Wenn man Automobile als individuelle Fortbewegungsmittel für Menschen begreift!

MK/Wilhelm Hahne
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