Nürburgring: Ruhestörung Nr. 1

Der Verkauf des Nürburgrings befindet sich in der „Phase 3“, wie das die Insolvenz-Sachwalter bezeichnen. Sie haben das auch in ihrem Brief an Landrat Dr. Pföhler zum Ausdruck gebracht. (s. hier) – In dieser Information haben sie auch die Bedeutung des Gläubigerausschusses betont. Nur haben sie es wohl versäumt, die Mitglieder des Gläubigerausschusses auf ihre Rechte und Pflichten umfassend aufmerksam zu machen. Es wurde wahrscheinlich von ihnen als überflüssig betrachtet, da der größte Teil der „Berufenen“ schon genau weiß, wie er sich zu verhalten hat. - Das wird auch von Motor-KRITIK so empfunden. - Gerade deshalb sei hier noch einmal detailliert auf die wesentlichen (nicht alle) Rechte und Pflichten des Gläubigerausschusses hingewiesen. - Das wird von einigen Politikern, Rechtsanwälten und – natürlich – Herrn Pietro Nuvoloni dann wohl so empfunden werden wie:

Nürburgring: Ruhestörung Nr. 1

Der Gläubigerausschuss bei einem Insolvenzverfahren hat den Auftrag, die Insolvenzverwalter, also im Falle eines Insolvenz in Eigenverwaltung den Insolvenz-Geschäftsführer, aber auch den Insolvenz-Sachwalter bei ihren Aufgaben zu unterstützen und – zu überwachen!

Nach § 69 InsO haben sie sich über den Gang der Geschäfte unterrichten zu lassen, sollen Bücher und Geschäftspapiere einsehen und den Geld-Verkehr und -Bestand überprüfen.

Das Insolvenzgericht kann einen Gläubigerausschuss – vorläufig – nach § 67 InsO schon vor der ersten Gläubigerversammlung einsetzen, was im Fall der Insolvenz in Eigenverwaltung bei der Nürburgring GmbH auch geschah. Zu den Mitgliedern des vorläufigen Gläubigerausschusses könnten übrigens auch Personen bestellt werden, die keine Gläubiger sind.

Die Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses wurden vom Insolvenzgericht bestimmt und waren:

  • Drawe, Karsten; Vertreter der Investitions- und Strukturbank RLP (ISB)
  • Mergen, Udo; Vertreter der Ortsgemeinde Müllenbach
  • Ott, Winfried; Vertreter der Arbeitnehmer
  • Schüssler, Reinhold; Vertreter der Ortsgemeinde Nürburg
  • Thull, Günter; Vertreter der Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit, Mayen)

Die tagten dann schon vor der offiziellen Insolvenzeröffnung (in Eigenverwaltung) per Anfang November 2012 am:

  • 24. Juli 2012
  • 15. August 2012
  • 24. September 2012

...und wurden in der Gläubigerversammlung, Anfang des Jahres 2013, auch in ihrer Berufung bestätigt.

Bei dieser Gläubigerversammlung versuchte Otto Flimm, Vorsitzender von „Ja zum Nürburgring“ auch Ansprüche anzumelden, was aber abgelehnt wurde. Er durfte aber zur Wahl des Gläubigerausschusses mit abstimmen und hat mit seiner NEIN-Stimme zur Wahl der Bürgermeister Mergen und Schüssler in den Ausschuss bei den Beteiligten einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Inzwischen hat Herr Udo Mergen das Insolvenzgericht Ende 2013 um seine Entpflichtung aus dem Gläubigerausschuss gebeten, der zunächst nicht stattgegeben wurde. Immerhin hatte er vorher eine Aufnahmeerklärung vor dem Insolvenzgericht abgegeben und um Aufnahme gebeten. Mit dem Zugang der Annahmeerklärung bei Gericht hatte seine Mitgliedschaft begonnen.

Inzwischen hat er einen Stellvertreter benannt, da er eigentlich auch nur als Vertreter der Ortsgemeinde Müllenbach im Ausschuss vertreten ist. Der neue Vertreter ist nach Recherchen von Motor-KRITIK ein Koblenzer Rechtsanwalt, der auch in anderen Fällen die Ortsgemeinde Müllenbach vertritt. Das Insolvenzgericht hat zu diesem Wechsel der Stellvertreter eines Gläubigers bisher offiziell nichts verlauten lassen, obwohl Motor-KRITIK darum schon vor vielen Wochen gebeten hatte.

Der Gläubigerausschuss kann übrigens auch nach § 232 Abs. 1 Nr. 1 InsO zum Insolvenzplan Stellung nehmen. - Wenn es denn im Fall der Nürburgring-Insolvenz in Eigenverwaltung (!) einen solchen gegeben hätte. Von Seiten der Insolvenz-Sachwalter wurde im Interesse der Landesregierung einseitig der Verkauf des Nürburgrings forciert. Ein Insolvenzplan wurde dem Insolvenzgericht niemals eingereicht bzw. vorgelegt.

Alle Rechtshandlungen des Insolvenz-Geschäftsführers und des Insolvenz-Sachwalters bedürfen zu ihrer Wirksamkeit übrigens der Zustimmung des Gläubigerausschusses. Das ist im einzelnen durch folgende Paragraphen des Insolvenzrechts geregelt:

  • § 160 Abs. 2 InsO – die Veräußerung des Unternehmens als Ganzes
  • § 160 Abs. 2 InsO – die Veräußerung des Warenlagers im Ganzen
  • § 160 Abs. 2 InsO – die freihändige Veräußerung von Grundstücken
  • § 160 Abs. 2 InsO – die Beteiligung des Schuldners an anderen Unternehmens
  • § 160 Abs. 2 InsO – die Aufnahme eines die Insolvenzmasse erheblich belastenden Darlehens
  • § 160 Abs. 2 InsO – die Aufnahme eines Rechtsstreits mit erheblichem Streitwert
  • § 160 Abs. 2 InsO – die Zustimmung eines gerichtlichen Vergleichs in einem solchen Rechtsstreit
  • § 100 Abs. 2 + 101 Abs. 2 InsO – die Gewährung von Unterhalt aus der Insolvenzmasse
  • § 187 Abs. 3 Satz 2 InsO – die Verteilung der Insolvenzmasse an Insolvenzgläubiger

An dieser Stelle sind nicht alle Punkte aufgeführt, in denen der Gläubigerausschuss zumindest ein Mitspracherecht hat, aber die wesentlichen, die nachfolgend noch um einen wichtigen Punkt ergänzt werden sollen:

§ 261 Abs. 2 InsO – Der Gläubigerausschuss kann jederzeit einzeln Auskünfte oder einen Zwischenbericht von Insolvenz-Geschäftsführer und Insolvenz-Sachwalter verlangen.

Der Gläubigerausschuss ist jeweils beschlussfähig, wenn die Mehrheit der Mitglieder anwesend ist und deren Mehrheit dafür stimmt. Das bedeutet im Fall Nürburgring: Drei Mitglieder müssen immer anwesend sein.

Wenn der Gläubigerausschuss sich bei einer Entscheidung überfordert fühlt, kann er diese Entscheidung auch an die Gläubigerversammlung verweisen.

Nicht unwichtig: Die Mitglieder des Gläubigerausschusses haben Anspruch auf eine dem Zeitaufwand und dem Umfang ihrer Arbeit entsprechenden Vergütung.

Da der Inhalt der bisherigen Gläubigerausschuss-Sitzungen in Sachen Nürburgring immer vertraulich und geheim war, muss es den Mitgliedern des Gläubigerausschusses bei einem Abgleich mit den o.g. Bestimmungen der Insolvenz-Ordnung überlassen bleiben zu entscheiden, ob von Seiten der Insolvenz-Sachwalter immer entsprechend dem geltenden Recht gehandelt wurde.

Nach dem Eindruck von Motor-KRITIK wurden sie im Fall Nürburgring nicht umfassend informiert und – um es überdeutlich zu formulieren - „als Stimmvieh“ im Interesse der Landesregierung benutzt. Ihnen sind bis heute noch nicht einmal die Namen der Bieter offiziell genannt worden, die in der Presse – und durch den Pressesprecher der Insolvenz-Sachwalter, Pietro Nuvoloni – schon bekannt gegeben wurden.

Sie wurden übrigens auch nicht intern über die Argumentation informiert, die zur Ablehnung des ADAC-Angebots führte, das dann nachträglich – aufgrund einer in diesem Fall gefundenen Sprachregelung – als „zwischengeparkt“ vermeldet wurde. Noch besser: Sie wussten gar nichts von einem ADAC-Gebot, bis es zu Presseveröffentlichungen kam.

Nach Motor-KRITIK-Recherchen wurde es von den Fachleuten der KPMG nicht als Angebot gewertet, weil die gebotene Summe mit dem Vermerk „bis zu ...“ versehen war. Aufgrund des dann erfolgten Einwandes hat der ADAC aber die Worte „bis zu...“ nicht nur in einem Gespräch, sondern auch schriftlich gegenüber der KPMG zurückgenommen, so dass dieser Einwand keine Gültigkeit mehr hat. - Er wird aber heute immer noch – natürlich „hinter vorgehaltener Hand“ (intern) verbreitet.

Es muss den Mitgliedern des Gläubigerausschusses vorbehalten bleiben, solche und andere Vorkommnisse im laufenden Nürburgring-Insolvenzverfahren (in Eigenverwaltung!) als richtig oder falsch – gemessen am geltenden Insolvenzrecht – zu empfinden.

In vorhergehenden Motor-KRITIK-Geschichten wurden solche Vorkommnisse schon angesprochen, deren Veröffentlichung dann auch u.a. zu einer Anzeige eines Lesers bei der Staatsanwaltschaft Koblenz führte.

Diese wurde abgelehnt:

„Zureichende tatsächliche Ansatzpunkte für das Vorliegen eines strafbaren Handelns, die gem. § 152 Abs 2 StPO Voraussetzung für ein Einschreiten der Staatsanwaltschaft sind, vermag ich nicht zu erkennen.“

MK/Wilhelm Hahne
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