Aus den verschiedensten Gründen gibt es – inzwischen schon lange – hier in Motor-KRITIK keine Informationen mehr zu den Ereignissen in der Formel 1. Heute gibt es eine Ausnahme, weil ich zu dem Unfall zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton so viel Interessantes sehe, lese und höre, so viele „Analysen“ wahrgenommen habe, die von „Fachleuten“ kommen, dass ich die durch ein paar Anmerkungen im Interesse meiner Leser „ergänzen“ möchte.
Bekannterweise gibt es die Idee von einer „Ideallinie“ in einer Kurve, die aber – und das scheint weitgehend unbekannt – von der Fahrzeugart bestimmt wird, sich so auch schon mal ein wenig verändern kann. Mit Hecktrieblern wählt man z.B. ein andere Linie als mit Fronttrieblern. Die Gewichtsverteilung spielt eine Rolle, aber auch die vorhandene Leistung ist bei der Wahl der „richtigen“ Ideallinie von Bedeutung.
Nun muss man – vielleicht – auch wissen, dass es zum Grundwissen von Fahrwerkingenieuren gehört, dass man Mittelmotorfahrzeugen eine Neigung zum Untersteuern mitgibt, die aber erst beim Erreichen des „Grenzbereichs“ wirklich deutlich wird.
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Welcher Besitzer eines Porsche Cayman hat z.B. festgestellt, dass auch ein wirklich gut gemachter Mittelmotor-Sportwagen im Grenzbereich diese Tendenz deutlich werden lässt?
Der dritte Faktor, der beim Rennen fahren besonders deutlich wird, ist die Persönlichkeitsstruktur des jeweiligen Fahrers. Es wird vielfach nicht begriffen, dass es zum erfolgreichen Rennen fahren nicht genügt, schnell und gut unter Idealbedingungen ein Auto beherrschen zu können. Zum erfolgreichen Rennfahren – auch in der Formel 1 – gehört auch die „passende“ Persönlichkeitsstruktur des Fahrers.
Sowohl Max Verstappen als auch Lewis Hamilton sind „Rennfahrer-Persönlichkeiten“! Ein Sebastian Vettel ist es nicht. Darum gab es auch schon vor Jahren eine entsprechende Zuordnung von mir, die sich auch – leider? - bestätigt hat. - Michael Schumacher verfügte auch über die „richtige Persönlichkeitsstruktur“; einem Heinz-Harald Frentzen fehlte sie zum Beispiel. - Was bei „menschlicher Wertung“ der Dinge kein Nachteil sein muss!
Zurück nach Silverstone: Dort waren Verstappen und Hamilton bei der Einfahrt in die Unfallkurve „dicht auf dicht“ unterwegs und Hamilton versuchte den führenden Verstappen zu überholen. Hamilton täuschte ein Überholen auf der Außenseite vor, worauf Verstappen dort „zu machte“. Hamilton wechselte nach innen, hatte darum für die reine Kurvendurchfahrt wohl den kürzeren Weg vor sich.
Obwohl beide Fahrzeuge nicht mit einer Ideal-Geschwindigkeit für diese Kurve – „Copse-Corner“ – unterwegs waren, befanden sie sich im Grenzbereich. Hamilton war zwar – innen – etwas schneller, bekam aber – weil im „Grenzbereich“ unterwegs – ein Untersteuern, was zu einer Annäherung an das Fahrzeug von Verstappen führte. - Hamilton ging „weich“ vom Gas!
Verstappen war auf seiner eingenommenen Linie – nun außen – auch ein wenig zu schnell unterwegs und hat sicherlich nicht „nach außen aufgemacht“, so dass es bei dem erfolgten Kontakt vom linken Vorderrad (Hamilton F1) gegen rechtes Hinterrad (Verstappen F1) dann zum „Abflug“ von Verstappen kam. - Da waren keine großen Kräfte im Spiel. In „Grenzbereich“ unterwegs, würde auch ein „Druck mit dem kleinen Finger“ genügen, um einen F1 zum „Abfliegen“ zu bringen. - Darum blieb Hamiltons Fahrzeug auch unbeschädigt!
Weder Verstappen noch Hamilton haben diesen Unfall gewollt. Er war in diesem Fall aber eigentlich unumgänglich, weil hier zwei „Alphatiere“ des Motorsports aufeinander getroffen sind. -Jeder von Beiden wollte „vorne sein“. Verstappen wollte – koste es was es wolle – vorne bleiben, Hamilton wollte – so schnell als möglich in diesem Rennen – Platz 1 einnehmen!
Das „Geplärre“, das man jetzt von beiden Seiten hört, ist „parteiabhängig“ und darum genauso ernst zu nehmen, wie das „passende Geschwätz“ so mancher Politiker in anderen Situationen.
Was mich irritiert sind die „offiziellen Angaben“ zur den Einschlagskräften bei Verstappen. Da wird von 51g gesprochen. Es hat vorher schon Unfälle gegeben, bei denen z.B. ein Rennfahrer nach Einschlägen mit – angeblich – 81g überlebt hat. Bei Ralf Schumachers Einschlag in Indianapolis sollen es 300g gewesen sein. - Immerhin wurde es so gemessen!
Aber das sind aus meiner Sicht Zahlen, die nichts über die Schwere eines Unfalls aussagen, da eine Menge von Zufällen diese Zahlen in ihren Auswirkungen deutlich zu mindern scheinen.
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Der Mensch ist nicht dazu gemacht, solche plötzlichen Verzögerungen zu überleben!
Per Saldo – aus meiner Sicht: Das war in Silverstone ein Rennunfall, wie er bei Zusammentreffen von bestimmten Faktoren geschehen kann. Die wesentlich bestimmenden Faktoren waren hier Verstappen und Hamilton. - Beide hatten Glück!
Natürlich sollte man auch aus einem solchen Unfall lernen! - Auch, dass es viele Fachleute gibt, die ihre persönlichen Entscheidungen in bestimmten Dingen erst nach Stunden – evtl. Tagen – des Überlegens treffen, aber nun vorgeben zu wissen, was „richtig gewesen“ wäre. Rennfahrer müssen sich in Milli-Sekunden entscheiden! - Instinkthaft, „tierisch schnell“! - Es gibt keine Bedenkzeit!
Trotzdem sollte man sich – hinterher – die Zeit nehmen, diesen Unfall nüchtern zu analysieren. Man kann daraus lernen.
In diesem Fall allerdings nur: Dass im Motorsport, Rennsport, immer ein großes Gefährdungs-Potential vorhanden ist. Da sind Unfälle nicht auszuschließen!
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Das wird auch so bleiben!
Obwohl moderne Rennstrecken inzwischen „so sicher“ geworden sind, dass man nun das Überfahren von Linien bestrafen muss!
MK/Wilhelm Hahne