„Black Sunday“: Beim nachdenklichen Lesen erlebt!

Eigentlich ist es ein Freitag, der als „Schwarzer Freitag“ im Gedächtnis der Menschen haften geblieben ist. Die ihn mit erlebt haben, leben meist nicht mehr. Denn man schrieb „damals“1929, als das, was wir bei uns als „Schwarzen Freitag“ erlebten, eigentlich, weil es an der New Yorker Börse geschah, real ein „Black Thursday“ war. Wegen der Zeitverschiebung wurde bei uns daraus der „Schwarze Freitag“. - So eine Bezeichnung steht für „Unglückstag“, schon aus christlicher Tradition, weil an einem Freitag, Karfreitag, die Kreuzigung Jesu erfolgte. Ich habe das letzte Wochenende – und das speziell am  Sonntag – zwar nicht wirklich als „Black Sunday“ erlebt, weil ich ihn mit genüsslichem Lesen – manchmal den Kopf schüttelnd – verbracht habe. Ob der Meisterleistungen meiner Kollegen – und ihrer Verlage – bin ich dann aber schon mal ins Staunen gekommen. - Alles sehr schön zu lesen! - Wenn man nicht mit denkt! - Aber von Journalisten – oder auch aus Verlagen – erwarte ich eigentlich mehr. - Da lehne ich mich nach so einem Lese-Wochenende dann schon mal nachdenklich zurück, um zumindest für Motor-KRITIK-Leser zu notieren, was mir – und warum – so auf- und eingefallen ist.

„Black Sunday“: Beim nachdenklichen Lesen erlebt!

 „Da stelle mer uns janz dumm!“ - Das hat Heinz Rühmann in dem Film die „Feuerzangenbowle“ gesagt. Ich habe mich als Leser bei einer Lektüre einer „Dokumentation“ des Motor-Presse-Verlages, Stuttgart auch so verhalten. Titel: „BEST CARS 2019“. Schon das Editorial ist – eindrucksvoll – von

  • einem „CDO, Head of Mobility Division“,
  • zwei „Editor-in-Chiefs“ und
  • einem „Head of Advertising Business Unit“

unterzeichnet. So eine Dokumentation, 56 Seiten stark, kostet 480 EUR (zuzügl. MwSt.). - Schutzgebühr natürlich, oder wie man als Weltbürger zu sagen pflegt „Nominal charge“. - Weil ich als Leser darauf aufmerksam gemacht werde, dass Zitate „ auch auszugsweise, nur mit vollständiger Quellenangabe“ gestattet sind, halte ich mich an diese Anweisung. Die Zitate entnehme ich also der Dokumentation

...„einer der weltweit größten Auto-Leserwahlen“… - der Motor Presse Stuttgart!

Es haben sich immerhin 105.062 Leser beteiligt „und ihre Favoriten aus insgesamt 385 Modellen gekürt.“ In Stuttgart ist man der Meinung:

„Die Ergebnisse dieser kritischen und engagierten Wahljury werden nicht nur mit Spannung in der Branche erwartet – sie sind auch eine wichtige Standortbestimmung für die Automobilmarken und ihr Management.“

Da kann man doch nur hoffen, dass viele der „betroffenen“ 36 Automarken eine ausreichende Anzahl von Dokumentationen (á 480 € + MwSt.) für ihr Management gekauft haben. - Dann kann in Zukunft da schon nichts mehr schief laufen. - Schließlich handelt es sich bei der Dokumentation  um eine „valide Standortbestimmung für die Pkw-Branche“.

„valide“ ist in diesem Fall nicht das Gegenteil von Invalide, womit man einen Menschen beschreibt, der hinfällig, kraftlos, krank und arbeitsunfähig ist, sondern „valide“ steht hier für „gültig“. - Basta!

Ich bin aber nachdenklich geworden, wenn ich zu Beginn eines Begleitbriefes zu dieser Dokumentation gelesen habe:

„...unsere kritische, aber hochkompetente Endverbraucher-Jury...“

Heinz Rühmann würde sagen: „Da stelle mer uns wieder janz dumm!“ - Wer kritisch ist, ist  normalerweise nicht kompetent? - Da fühle ich mich mit meinem Informationsdienst „Motor-KRITIK“ natürlich angesprochen. Die Jury von „BEST CARS 2019“ ist sogar „hochkompetent“! - Lese ich. - Und blättere interessiert in der Dokumentation.

  • Was sagt die hochkompetente, aber kritische Jury (Hi-hi!) z.B. zur neuen Mercedes A-Klasse?

In der Gesamtwertung oder „Overall Ranking“ der „Kompaktklasse“ kommt sie mit 15,0% auf Platz 3, nach VW-Golf (Platz 1 mit 16,3%) und BMW Zweier Coupé (Platz 2 mit 15,4%). - Wo haben denn wohl die Leser von „auto motor und sport“ ihre Kompetenz eigentlich her?

Da habe ich dann mal bei „auto motor und sport“ nachgeschaut. - Wie schreibt man in Stuttgart über das neue Produkt seines Nachbarn?

Als erstes stoße ich auf einen Bericht über den Mercedes A 35, die AMG-Version der A-Klasse mit einem Grundpreis von 47.529 Euro. - Das ist mir dann zu „kompakt“. Bei „auto motor und sport“ empfindet man ihn als „einigermaßen fair eingepreist“. - Man ist halt nett zu den Nachbarn!

Dann finde ich den „Einstieg“ in die Vorstellung des neuen A-Klasse-Modells (W177) vom Hersteller-Nachbarn. - Zitat aus „ams“:

„Die Preise beginnen bei 30.232 Euro.“

Nachstehend kopiere ich zunächst mal den größten Teil der Zwischen-Titel aus dem „ams“-Bericht zur groben Übersicht für meine Leser ein:

„Mehr Radstand, mehr Platz für die neue A-Klasse W177“
„Sprachbedienung mit Stärken und Schwächen“
„Leiser Diesel mit Euro 6d Temp“
„Standardfahrwerk ohne Adaptivdämpfer“
„Sicherheitssysteme aus der S-Klasse“
„Interieur der neuen Mercedes A-Klasse“
„Digital-Instrumente für alle“
„Widescreen-Cockpit umfasst 3 Ebenen mit steigender Informationsdichte“
„MBUX-Bediensystem lernt und spricht“
„Mehr Übersichtlichkeit“
„Keine Abdeckung mehr über den Instrumenten“
„Mehr Platz für Passagiere, größerer Kofferraum in neuer A-Klasse“
„Weniger Abstand zum VW Golf“
„3 Motoren zum Start, 2 aus Kooperation mit Renault“
„Kleiner Diesel mit SCR-Kat“

Hat die „hochkompetente, aber kritische“ Jury eigentlich begriffen, dass diese 4. Generation der Mercedes A-Klasse als Beweis dafür dienen kann, dass das aktuelle Ankündigen von E-Automobilen der Stuttgarter Marke aus der Sicht kritischer Beobachter nur Alibi-Charakter haben kann?

Die 1. Generation der Mercedes A-Klasse wurde zum „Bastard“, weil dieses Fahrzeug, eigentlich als E-Automobil geplant, dann – sozusagen in letzter Minute – zu einem „normalen Automobil“ umgemodelt wurde. So kippte es dann – man schrieb 1997 - im „Elchtest“, dessen Ergebnis – weil denen in Stuttgart sonst nichts einfiel – „mit der zu guten Bereifung“ (Jürgen Hubbert!) erklärt wurde. Dieter Zetsche war damals Vertriebsleiter. Dann hat sich das A-Klasse-Modell von Generation zu Generation (von 1 zu 4) immer weiter weg von einem E-Automobil entwickelt.

Weil man in Stuttgart nicht als Vorreiter in Sachen Mobilität Geld verlieren wollte! Die Zeit war offensichtlich immer noch nicht reif. Man hatte mit der 1. Generation der A-Klasse genügend Lehrgeld gezahlt. - Aber dabei – zufällig (!) - die Erfahrung gemacht, dass die ältere Generation von Mercedes-Käufern eine hohe Sitzposition bevorzugt. - Wegen des bequemen Ein- und Ausstiegs!

Und man konnte nun – zwar zunächst als Verlegenheitslösung – das ESP einführen, das dann später zwangsweise verordnet, das „qualitative Wachstum förderte“. Man könnte so auch mit weniger produzierten Automobilen mehr Geld verdienen! - Achten Sie mal, liebe Leser, auf die Preisentwicklung der Mercedes A-Klasse von der 1. bis zur 4. Generation!

Vom ersten Ansatz bei Mercedes zum Bau eines E-Automobils bis heute sind über 20 Jahre vergangen. Mercedes hat sich dem E-Automobil in der für den Käufer wahrnehmbaren Realität nicht dem Zukunftsgedanken „E-Mobilität“ weiter angenähert, sondern immer weiter entfernt. - Aber man ist als Marke „jünger geworden“. Was der Vorstandsvorsitzende – gerne in Turnschuhen und Jeans unterwegs – optisch zu verdeutlichen sucht.

Nur in Show-Modellen auf Auto-Ausstellungen – und in den „Vorhersagen“ der Fachpresse stellt man sich mit dem Fortschritt – im Hinblick auf die „Klima-Situation“ - als fest verwurzelt dar. Man ist immer gerade auf dem Weg in die Zukunft! - Und baut SUV‘s! - Weil die Käufer es so wollen. - Das sind die Mitglieder der „hochkompetenten, aber kritischen Endverbraucher-Jury“.

Und die Fachpresse? - Die schreibt das, was auch der Industrie gefällt. Mit kleinen kritischen Schlenkern, die nicht wehe tun. Tageszeitungen von gestern waren immer schon das richtige Einwickelpapier für Heringe, die „damals“ noch aus dem Fass verkauft wurden.

Motor-Fachzeitschriften von heute machen sich gut als Dekoration auf dem Wohnzimmertisch. Ihr Inhalt von heute ist morgen schon vergessen. Erst recht die Vorhersagen der „Fachleute“ für die Modell-Entwicklungen der nächsten Jahre. - Wer erinnert sich z.B. noch, was 2017 für 2019 oder 2020 vorhergesagt wurde?

In der aktuellen „Auto Bild“ warnt deren stellvertretende Chefredakteur allerdings gerade:

„Das Auto soll zum reinen Fortbewegungsmittel degradiert werden. Lassen wir das nicht zu!“

Und er prangert „scheinbar rationale Argumente“ in der Diskussion um „Diesel-Fahrverbote, Grenzwerte und grenzwertige Messmethoden, ein Tempolimit auf Autobahnen“ an. Propagiert den Fahrspaß, schreibt ab Seite 16 dann selber über neue VW‘s , zwei „Kompakt-Kracher“, die schon im März in Genf gezeigt werden. Unter dem Titel, „Krawall und Remmidemmi“ gibt‘s erste Informationen.

Im nächsten Heft wird dann vielleicht das „autonome Fahren mit künstlicher Intelligenz“ propagiert, nachdem er im aktuellen Heft nicht vergessen hatte zu erwähnen:

„Der VW-Konzern arbeitet an seiner E-Zukunft -“

Von Geld wird nicht gesprochen. Man will – muss eben – allen Ansprüchen der Leser und der Industrie (!) gerecht werden.

Der letzten Ausgabe von „Auto Bild“ ist – wenn man genau hinschaut – auch zu entnehmen, dass diese Zeitschrift“ („Jetzt auch mit Motorsport“) mal 1,30 DM kostete. Das wäre in Euro nach der uns immer wieder eingeredeten Rechnung dann heute 65 Cent. - „Auto Bild“ kostet aber heute 2,20 Euro! - Auch hier „qualitatives Wachstum“?

Zur neuen Mercedes A-Klasse gab es dort aber auch schon – damals noch für 2,00 Euro – eine ausgegliederte Vorstellung von „MBUX eine neue Infotainment-Generation“, das neue Bediensystem der neuesten Generation der A-Klasse. Die beste Info darin ist wohl:

„Und ein kleiner Tipp für alle, die durch die Bildschirminhalte fürchten, zu sehr abgelenkt zu werden: Es gibt einen Understated-Modus, der zeigt dann nur noch die Geschwindigkeit an.“

Tatsächlich erzählte mir jemand, der als Fahrer mit seinem Auto spricht, dass er noch niemals so oft beim Fahren abgelenkt war, als durch die Sprachsteuerung, die nun sozusagen „der letzte Schrei“ ist. Seine Feststellung - mit meinen Worten:

Man kann nicht sicher sein, immer wirklich vom Infotainment-System verstanden worden zu sein. So schaut man immer öfter auf die immer größer werdenden Bildschirme im Automobil, als das vorher der Fall war. So entsteht mehr Unsicherheit, nicht ein Mehr an Sicherheit im Verkehr!

Mercedes würde gut daran tun, die Zuverlässigkeit seiner Modelle als reine „Fortbewegungsmodelle“ zu verbessern, und nicht solche zu schaffen, die wie „Auto Bild“ schrieb, „so intuitiv wie ein iPhone“ sind. Wenn die Nutzung eines „iPhone“ in einem Automobil verboten ist, sollte man nicht versuchen, fahrbare iPhones zu bauen.

Mercedes war im übrigen in 2018 der Hersteller mit den meisten Rückrufen. Und das als Hersteller von hochpreisigen „Premium-Automobilen“! Die Zuverlässigkeit aller Automobile ist durch das Ausufern der Ausrüstung mit so genannten „Sicherheitseinrichtungen“ - die eigentlich mehr der Verdummung der Fahrer dienen, auch immer schlechter geworden. - Das meint übrigens auch Walter Röhrl! - Man könnte auch sagen: Die Autofahrer werden zur Unfähigkeit erzogen!

Mal nachgeschlagen, um den Trend zur Unzuverlässigkeit von Automobilen bestätigt zu bekommen:

  • 2010 gab es in Deutschland 125 Rückrufe aus sicherheitsrelevanten Gründen
  • 2018 gab es in Deutschland 367 Rückrufe aus sicherheitsrelevanten Gründen

Da liegt dann Mercedes auch stückzahlmäßig ganz klar vorne, ist „Spitzenreiter“, noch vor Volkswagen! - Als „Premium“ in Sachen Kundenkontakten, würde ein guter Marketingmann die Rückruf-Aktionen empfinden, weil Leute dieses Fachs allen Negativ-Entwicklungen immer einen Positiv-Touch mitzugeben versuchen.

Natürlich hat unter den Rückrufen auch der Gewinn der Firma gelitten. Das Konzernergebnis verschlechterte sich 2018 gegenüber 2017 um rd. 28 Prozent. Dieter Zetsche musste sich darum in 2018 mit einem Einkommen von Fünf-Komma-Neun-Neun Millionen Euro zufrieden geben.

Wenn er dann bald in Rente geht, wird sein Einkommen – wie „BamS“ errechnete – nur noch 4.250 Euro am Tag betragen.

Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein: Zetsche war 1997, als die 1. Generation der A-Klasse beim „Elchtest“ scheiterte, Vertriebschef bei Mercedes und dürfte da – pro Tag – noch viel weniger verdient haben. Das Einstiegsmodell der Mercedes A-Klasse kostete damals auch (ab 2002 in neuer Währung) unter 16.000 Euro!

In der Dokumentation des Motor-Presse-Verlags wird auf Seite 37 die Frage gestellt:

„Wer hat Vorfahrt in den Köpfen der Autofahrer?“

Wenn ich mir das Ergebnis in dieser Dokumentation – und auf den Straßen – ansehe, komme ich zu der Feststellung, dass die Fachpresse und die Marketing-Abteilungen der Automobilhersteller allen Grund haben, auf ihre Arbeit stolz zu sein.

Aber auch die Lobby-Organisation der Automobilhersteller, der VDA.  

Be-scheuer-t, oh-der?

MK/Wilhelm Hahne
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