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Der Nürburgring-Pächter stellte sich Mitte Mai „perfekt vorbereitet für den Festival-Sommer“ mit einer Pressemitteilung vor, die auf die „ausgezeichnete Festival-Infrastruktur“ hinwies und wie zufällig die Information enthielt: „Tickets ab sofort auch vor Ort am Nürburgring erhältlich.“ - Motor-KRITIK hat das nicht überrascht, da wir schon am 7. Mai – nicht nur – mit einem Hinweis auf die Veranstaltung „Rock am Ring“ festgestellt hatten: „Man hat die preislichen Vorstellungen – und Möglichkeiten(!) - der Fans überschritten!“ - Dass sich danach ganze Fan-Gruppen über diese Entwicklung des Festivals beschwerten, ließ dann mehr als nur vermuten, dass der Veranstalter dieses Festivals mit einem deutlichen Besucher-Rückgang zu rechnen hatte. - Der hat dann auch – nicht ungeschickt – direkt nach Beginn der Veranstaltung von einem aktuellen Besucherrückgang gegenüber dem Vorjahr von 20 Prozent = 17.000 Besuchern gesprochen. - Motor-KRITIK möchte diese Zahlen nicht übernehmen, sondern eher – um nicht von Geldsummen abzulenken, die sowohl für Besucher wie Veranstalter, trotz unterschiedlicher Höhe, sehr wichtig sind – von einem Einnahmeverlust des Verantalters zwischen 4- und 5-Millionen Euro sprechen. Außerdem wirkt Rock am Ring inzwischen – typisch deutsch – ein wenig überorganisiert. - So wird geradezu die Stimmung „gekillt“, die die „RaR“-Fans eigentlich hier in der Eifel zu finden hofften. - Motor-KRITIK versucht in Wort und Bild einen Eindruck von „RaR 2018“ zu vermitteln.
„Rock am Ring“: „Sommergewitter“ in der Eifel?
So ein Festival funktioniert nur, wenn es als ein Gesamterlebnis von den Fans empfunden wird. Da ist nicht nur die Musik wichtig, sondern auch die Art der Organisation. Die wurde hier am Nürburgring immer weiter perfektioniert. - „Woodstock“ war gestern! - Letzteres wurde damals im Nachhinein als der Höhepunkt einer gesellschaftlichen Entwicklung empfunden, die Amerika als friedvoll und menschlich empfinden ließ, obwohl auch dieses Festival eigentlich zunächst nur von kommerziellen Interessen bestimmt schien.
Die Besucher und ihr Verhalten trotz wetterbedingter katastrophaler Zustände haben uns damals ein Bild von Amerika vermittelt, das eigentlich in der Realität so niemals existiert hat. - Auch vor Trump nicht!
Auch „Rock am Ring“ hat uns – nicht nur dieses Jahr – einen Eindruck von der Art und Gemüt der Besucher vermittelt, die ich in 2017 in einer Geschichte zu diesem Festival so beschrieben habe:
„Diese jungen Konzertbesucher gehören tatsächlich zu einer anderen Generation. Da ich schon ein paar Generationswechsel erlebt habe, vermag ich das zu beurteilen. … Was ... jetzt nachwächst – und ich im Stau nach „Rock am Ring“ erlebte – ist von einer besonderen Qualität. Oder sollte ich sagen: Naivität. - Das sind richtig nette Menschen, die für die aktuell tätigen Politiker praktisch „das richtige Fressen“ sind. - Das ist meine Meinung!“
Jetzt in 2018 hat sie der Veranstalter nicht nur durch seine geldlichen Forderungen aus ihrer Grundstimmung gerissen, das durch ein „künstlerisches Aufgebot“ von 80 Bands u.a. seine Erklärung finden sollte. - In „Woodstock“ - damals – genügten 40 um insgesamt ein Stimmung zu schaffen, die zigtausend Menschen aus ihrem Alltags-Trott heraus riss und eine Erlebniszone entstehen lassen konnte, die auch ein „Wir-Gefühl“ aufblühen ließ.
Diese Art von Gemeinschafts-Gefühl, das durch Emotionen entsteht, die durch Musik ausgelöst werden können, das kann durch eine optisch erdrückend wirkende Überorganisation zu einer Nüchternheit zurück finden lassen, die dann wieder Geld zum Maßstab werden lässt.
Mitte der Woche, in der das Festival stattfand, habe ich mir in einem Umfeld von mehr als drei Kilometer um den Auftrittsort der Bands einen Eindruck von der Organisation gemacht, die von der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG am 17. Mai so angekündigt worden war:
„Über 1.300 mobile Toilettenanlagen, Duschcontainer und Frischwasseranlagen werden allein bei Rock am Ring für die Menschen auf dem Festivalgelände und den Campingplätzen rund um den Nürburgring bereitgestellt. Umfangreiche Wegbeschilderungen und insgesamt bis zu 50 Kilometer mobile Zaunanlage sorgen darüber hinaus nicht nur auf dem Veranstaltungsgelände, sondern auch auf den Fußwegen und Campingplätzen für Sicherheit und einen geordneten Ablauf.“
Wer dann während des Festivals beobachtet hat, wie es auf den Campingplätzen zuging - und aussah - dem muss unklar bleiben, wofür z.B. eine „bis zu 50 Kilometer mobile Zaunanlage“ sein musste.
Mir war klar, dass man am Mittwoch vor Beginn der Veranstaltung alles aufgebaut haben würde, aber dann hat mich doch die Gründlichkeit überrascht, mit der man dieses Mal die Fans „einfangen“ wollte. Da mir kein anderer Vergleich einfiel: Mich hat das an die Kriesgefangenenlager der Alliierten nach dem 2. Weltkrieg erinnert. - Keine gute Erinnerung! - Andere, jüngere Kollegen, haben sicherlich bessere Vergleiche.
Zäune wohin man blickte. Diese Aufnahmen sind rd. drei Kilometer vom Festspielort entfernt entstanden. Diese Art von Freiluft-Kasernierung erzeugt bei mir automatisch Aversionen. - Aber man hatte auch sonst an alles gedacht:
Die Ausschilderung war für die Anreisenden perfekt. Überall Helfer, Kontrolleure und Security-Personal. Man hatte sogar daran gedacht, die Straßenränder an den Stellen noch einmal exakt zu markieren, ab denen falsch geparkte Automobile abgeschleppt werden mussten.
- Und dann reisten deutlich weniger Besucher als erwartet an.
Tatsächlich scheint aber auch das gebotene Programm ein wenig an den Fans vorbei gestrickt worden zu sein, die man eigentlich ansprechen wollte. Das kann man nicht nur an den Aussagen einzelner Festival-Besucher ausmachen, sondern auch an einer größeren Zahl von möglichen Besuchern, die nicht nur keinen Eintritt zu zahlen hatten, sondern auch sonst eine Reihe von Privilegien genießen konnten, die eigentlich – wenn man die „Vorzüge“ addiert – auch bei einer weiteren Anreise „interessant“ gewesen wäre.
Aber selbst diese Leute – und das waren nicht wenige – hatten bei dem Musik-Programm (?) wohl keine Lust, den angebotenen „geldwerten Vorteil“ zu genießen.
Es handelte sich um Gäste der Becks-Brauerei, einer Firma, die bei „Rock am Ring“ als Sponsor auftritt, dafür als Getränkelieferant Exklusivrechte besitzt und sich beim Veranstalter wohl dann mit dem Kauf einer größeren Menge von „Gästekarten“ bedankt.
So wurde dann den eingeladenen Gästen zunächst nur ein Lokal, das gut sieben Kilometer vom Fesstival-Gelände entfernt ist, als Anlaufstation genannt, in der man sein „Gäste-Armband“ (in der Farbe Braun) in Empfang nehmen konnte. Weil in diesem Ort aber am Donnerstag eine größere Fronleichnams-Prozession angesagt war, hat man diese Adresse noch um eine zweite – auch rd. 7 Kilometer von Nürburg entfernt – ergänzt.
Dort saßen jeweils zwei Beck‘s-Mitarbeiter, die den Auftrag hatten, sozusagen die „Beck‘s-Gästeliste“ abzuarbeiten. - Aber es kamen nur wenige. Am Freitagmittag habe ich mir mal eine Ausgabestation für eine Stunde angesehen. Dort kamen in dieser Zeit 4 Personen (in Worten: Vier Personen). Aber an der Ausgabestelle türmte sich ein ganzer Berg von „braunen Kunststoff-Armreifen“. Nach Betreten des Lokals wurde man mit einem großen Schild auf den Standort der „Beck‘s-Gästeliste“ hingewiesen.
Insgesamt war dieses Festval zwar gut vorbereitet, aber wohl etwas an der Zielgruppe vorbei. Die Vorbereitung ging soweit, dass sogar der Verpächter am Sonntag die auf der Nordschleife auch während des Festivals durchgeführten „Touristenfahrten“ gegen 15 Uhr beendete, damit evtl. Besucher des Parkplatzes „Brünnchen“ rechtzeitig diesen Parkplatz verlassen konnten, bevor sie den einsetzenden Rückreiseverkehr von „Rock am Ring“ störten, bzw. gestört wurden.
Aber das erwies sich als eigentlich überflüssig. Selbst die „große Welle“ der Rückreisenden am Montag-Vormittag, war nicht so gewaltig, wie vom Veranstalter befürchtet. Gegen Mittag lief der Verkehr wieder normal, dessen Durchschnittgeschwindigkeit in der Hauptabreisezeit zwischen 8 und 11 Uhr auf der B 258 von Nürburg bis zur Kreuzung mit der B 412 bei nur noch 4 km/h gelegen hatte.
Die Polizei kontrollierte auch stichprobenartig den Abreiseverkehr auf das Mitführen von Rauschgift. Fahrzeuge mit Kennzeichen, die auf „Einheimische“ schließen ließen, wurden durchgewunken.
Und im nächsten Jahr ist dann – hoffentlich, meint der Veranstalter – wieder mehr los. Dabei ist auch die in diesem Jahr erreichte Besucherzahl beachtlich. Sie entspricht - grob und vergleichsweise - der Gesamtbevölkerung von Rüsselsheim!
Immerhin hat man jetzt schon für 2019 den Auftritt der „besten Band der Welt“, „Die Ärzte“ bei „Rock am Ring“ angekündigt. - Da heißt es dann wieder:
„Männer sind Schweine“
Aber auch in diesem Jahr wurde ein sexueller Übergriff bei der Kripo in Mayen zur Anzeige gebracht.
Die Adenauer Geschäftswelt kann 2019 dann sicherlich wieder die Plakate kleben lassen, mit denen man auch schon in diesem Jahr die „Rock-Fans“ begrüßte. Die haben in diesem Jahr nicht gerade besonders zur Umsatzsteigerung in Adenau beigetragen. Die Fans konnten aber auch nicht auf eine Anzeige reagieren, von denen ich hier einen interessanten Ausschnitt zeige, der in der „Rock am Ring“-Woche in der Zeitschrift eines örtlichen Automobilklubs zu finden war.
- Im nächsten Jahr wird sicherlich alles besser!
Dabei lag es in diesem Jahr sicherlich nicht an irgendwelchen „Sommergewittern“, dass „Rock am Ring“ nicht Ähnlichkeit mit „einer Lizenz zum Gelddrucken“ hatte. Bei den von der Veranstaltung betroffenen Geschäftsleuten gab es nur eine verhaltene Zustimmung, wenn sie gefragt wurden, ob sich ihr Einsatz und Aufwand gelohnt hätte.
Bei „Lidl“ war man dagegen mit den erzielten Umsätzen im speziell für „Rock am Ring“ erstellten Supermarkt-Zelt zufrieden. - Die „Rock am Ring“-Besucher wussten aber auch schon vorher:
„Lidl lohnt sich!“
Die Adenauer Supermärkte müssen noch drei Jahre mit diesem zusätzlichen Lidl-Markt bei „Rock am Ring“ leben. So lange läuft noch der Vertrag, den Marek Lieberberg, der Festival-Veranstalter, in Mendig mit Lidl abgeschlossen hatte.