Stehen Motorsport-Funktionäre „voll unter Strom“?

Jede Pressemitteilung hat eine Funktion. Deren Inhalt ist nicht unbedingt immer so, dass die Öffentlichkeit immer klar und eindeutig informiert wird. Oft gehört ein umfassend informierter Journalist dazu, den Inhalt zu übersetzen, Zusammenhänge herzustellen und eine sich evtl. abzeichnende Situation verständlich zu erläutern. Das lernt man aber weder durch ein Studium, noch durch den Besuch einer Journalistenschule. Deshalb wird es von einer interessanten Pressemitteilung vom letzten Wochenende anderswo nur kurze  und präzise Informationen geben, die genau so richtig sind, wie evtl. eine lange, an deren Ende man dann – als Bestätigung für ihre Güte – lesen kann: „Quelle: Pressemitteilung DMSB“. - Bei Motor-KRITIK beginnt mit einer solchen Pressemitteilung erst die Arbeit, so dass am Ende dieser Geschichte eigentlich stehen müsste: „Nach Recherchen zu einer aktuellen Pressemitteilung des DMSB, unter Berücksichtigung anderer möglicher Einflussgrößen.“ - Weil auch an anderen Entwicklungen im Motorsport abzusehen ist, dass hier „große Vereine“ mit den Eigenschaften einer „Krake“ versuchen, nichts – aber auch gar nichts – zu verpassen. - Das betrifft auch Rennstrecken-Besitzer. - So kann dann die folgende – eigentlich traurige – Geschichte, dann tatsächlich auch lustige Elemente – auch Erinnerungen – erhalten.

Stehen Motorsport-Funktionäre „voll unter Strom“?

Die Presseinformation des DMSB erreichte Motor-KRITIK am letzten Samstag um 14:45 Uhr. Im Vorspann ist von einer „virtuellen Mitgliederversammlung“ die Rede und der Inhalt soll über ein neues, umfassendes Reformpaket“ informieren. - Nanu:

  • Hatten wir nicht erst im Januar 2021 eine „virtuelle DMSB Mitgliederversammlung“?
  • Ist die zweite Mitgliederversammlung in 2021 etwa eine „außerordentliche“?

Keine Spur! - Alles scheint „normal“. Aber wieso zwei Mitgliederversammlungen in einem Jahr?

Da fällt mir ein: Da gab es doch ein COVID-19-Abmilderungsgesetz. Das galt allerdings nur für Mitgliederversammlungen im Jahre 2020. Da ging dann alles ohne eine entsprechende satzungsmäßige Grundlage. Ich muss jetzt feststellen, dass das Gesetz aber auch eine Verlängerungsoption bis zum 31. Dezember 2021 enthielt! - Aha!

  • Darum also noch schnell eine weitere virtuelle Mitgliederversammlung des DMSB vor Jahresende?

Ein Blick ins Vereinsregister zeigte dann, dass der DMSB im Januar nicht nur zwei Damen in die vorderste Front ihrer Organisation gerückt, sondern z.B. auch den § 9 seiner Satzung kräftig ergänzt, bzw. geändert hatte. Da heißt es nun unter:

„5.1
Die Mitgliederversammlung kann als virtuelle Mitgliederversammlung durchgeführt werden. Eine Kombination von Präsenzversammlung und virtueller Mitgliederversammlung ist möglich, indem den Mitgliedern die Möglichkeit eröffnet wird, an der Präsenzsitzung mittels Onlinekonferenz teilzunehmen. Das Präsidium entscheidet über die Form der Mitgliederversammlung und teilt diese in der Einladung mit.“

In der aktuellen Pressemitteilung ist davon die Rede, dass nun ein „wichtiges Reformprogramm“ beschlossen wurde. Wo und in welcher Zusammensetzung, mit welchem Abstimmungsergebnis bleibt – lt. Pressemitteilung – das Geheimnis des DMSB, der weiter erklärend mitteilen lässt:

„Die heutigen Beschlüsse sind der letzte Meilenstein der umfangreichen Strukturreform, mit der der DMSB fit für künftige Herausforderungen werden soll. Sie führen dazu, dass der DMSB sich künftig stärker auf Kernaufgaben konzentriert: Als Sporthoheit ist der DMSB für die Durchführung und Überwachung des Motorsports zuständig. In diesen Rahmen fallen vor allem die Prüfung und Freigabe von Reglements, die Hoheit über das Lizenzwesen und die Sportkalender sowie die Sportgerichtsbarkeit. Auch Sportentwicklung und -förderung gehören zum Kern der Aufgaben des DMSB, der die sportliche Durchführung von Disziplinen in Zukunft weitgehend nach außen delegiert. Empfänger der Delegationen – das können zum Beispiel die Trägervereine des DMSB, aber auch externe Organisationen sein – sind danach für die Durchführung von Meisterschaften auf allen Leistungsebenen zuständig. Sie übernehmen außerdem die Sportberichterstattung und erstellen Konzepte zur nachhaltigen Weiterentwicklung und Nachwuchsförderung in der jeweiligen Disziplin.“

War bisher schon der ADAC inoffiziell das Mitglied, das bei Entscheidungen des DMSB in aktuellen Fragen zu Rennen und Rennserien das Sagen hatte, so ist, was nun als Ergebnis der virtuellen DMSB-Mitgliederversammlung daraus folgt, dass der DMSB nur noch die „nationale Motorsport-Hoheit“ in Form einer – von der FIA gestützten -  kleinen e.V.-Hülle hat!

Da wird es auch der AvD in Zukunft mit seiner DTM mit den GT3 immer schwerer haben. Der ADAC aber wird seine Bedeutung mit weiteren – „nachhaltigen“ – Rennserien über die GT-Masters hinaus weiter zu unterstreichen suchen. Da kann dann auch ein DMSB nicht mehr bremsen, zumal – in Zukunft – die Bedeutung des ADAC via FIA weiter zunehmen wird. (Eine Vorhersage von Motor-KRITIK.)

Im Moment grätscht der ADAC gerade für 2022 mit einer neuen E-Serie („ADAC 24h ecompetition“) zwischen relativ frische Kontakte, wie sie z.B. in der „ecocup“-Veranstaltung vor Wochen am Nürburgring deutlich wurden. Natürlich war diese Veranstaltung nicht unbedingt perfekt, gab aber immerhin eine Richtung vor, die zukunftsträchtiger ist als z.B. die „Formel E“, der eine reine Marketingidee zugrunde liegt, die sich in der Praxis als nicht tragfähig erwiesen hat.

Obwohl z.B. die NLS für 2022 eine Klasse für Elektro-Rennfahrzeuge ankündigt, die von ihrem Leiter Technik, Volker Strycek, initiiert wird, der gleichzeitig Sport-Präsident des AvD und Mitarbeiter bei Opel in Rüsselsheim ist, einer Firma, die nun zum „Stellantis“-Konzern (PSA + Fiat) gehört, wird sich diese Idee kaum in Verbindung mit der derzeitigen NLS (eine Langstreckenserie!) umsetzen lassen. - Volker Strycek setzt mit der Publikation einer solchen  Wunschvorstellung offensichtlich nur auf eine „nachhaltige“ PR.

Immerhin scheint man auf dem Motorsport-Sektor in der Funktionärs-Ebene derzeit „voll unter Strom zu stehen“. Man ist auf der Suche nach einer „neuen Art des Motorsports“, während die „alte Art“ den derzeitigen „Machern“ gerade zu entgleiten scheint. Man versucht zwar „allen Göttern gleichzeitig zu dienen“, aber das funktioniert offensichtlich nicht.

Statt sich nun darum zu bemühen, dem normalen Motorsport wieder Strukturen zu geben, die auch von den Fans, von der Öffentlichkeit verstanden werden, versucht nun jeder „sein eigenes Süppchen zu kochen“. Das kann – leider – nicht funktionieren. Da hilft es auch wenig, wenn sich jetzt der DMSB „aus dem Geschäft Motorsport“ offiziell zurück zieht!

Am Nürburgring hat der Besitzer derzeit vorgesorgt. Er hat eine Lizenz an eine Kölner Gin-Brennerei vergeben, die nun seit Ende November – und damit rechtzeitig vor Weihnachten - einen

  • „Nürburgring Dry Gin“ mit „goldenem“ Etikett, in einer 0,5 l-Flasche zu 39,90 €

anbietet. Das wird z.B. die Nürburgring eSports GmbH & Co. KG in Koblenz sicher bei „facebook“ in Jubel ausbrechen lassen. Nun hat man passend zum eSport auch gleich noch das passende Getränk!

  • Am Computer ist eben manches nicht so wichtig. Alkohol am Computer ist auch nicht verboten!

Damit meine Leser nicht annehmen müssen, ich würde nicht wissen, wie es „in der guten alten Zeit“ des Motorsports zuging, will ich zum Schluss dieser Geschichte ein selbst erlebtes Beispiel aus den 60ern beisteuern:

Bei einem Bergrennen stand ich im Fahrerlager neben einer Corvette, die – aus meiner Sicht – auch damals schon zu den unterschätzten Sportwagen gehörte. Das Fahrzeug wurde von einem Fahrer aus München pilotiert. Der plaudert beim Vorziehen zum Start mit einem seiner Monteure bei geöffneter Fahrertür. Ich war stehen geblieben, weil ich mir Details dieser Corvette ansehen wollte und entdeckte – zufällig – in der Seitentasche der Fahrertür dann einen „Flachmann“ mit Whisky.

Da habe ich dann natürlich gefragt, was man denn als Fahrer damit bei einem Bergrennen machen würde. Die Antwort:

„Vor dem Start streiche ich mir den Whisky über die Augenlider, damit ich besser sehen kann!“

Man sollte eben alles nicht so ernst nehmen! - Auch nicht eine aktuelle „Strukturreform“ des DMSB. - Ein „letzter Meilenstein“?

Ich plane dann schon mal einen Standort für den „Nürburgring Dry Gin“ (42% Vol.) neben meinem Computer.  „Ein Muss für jeden Rennsport-Fan“, meint der Hersteller.

Vielleicht wird der Motorsport der Zukunft auf diese Art „nachhaltig“! - Zumal der „Nürburgring Dry Gin“, wie der Hersteller erklärt, „Mit viel Liebe in Handarbeit gebrannt“ ist! - ??? -

MK/Wilhelm Hahne

PS: Noch – ganz ernsthaft - die Überlegung nachgeschoben: Beim DMSB wird man sich jetzt wohl von einer Reihe von Mitarbeitern trennen müssen! Deren Arbeit wurde durch die „Strukturreform“ delegiert! - Ist die „Strukturreform“ eigentlich mehr eine Sparmaßnahme?

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