VLN ‘77/NLS ‘20: Was war zuerst? - Henne oder Ei?

Es liegt offenbar in der Natur des Menschen, alles perfektionieren zu wollen. So gibt es heute Stereoanlagen, deren Frequenzen nur noch Hundeohren erreichen, digitale Fotoapparate verlangen inzwischen nach Super-Computern zur Bearbeitung, Automobil-Gewichte werden inzwischen mit Tonnen, nicht mehr mit Kilogramm benannt, da sie ausstattungsmäßig inzwischen vollkommen überfrachtet sind. - Mit Dingen, die eigentlich niemand braucht! - Da wundert es kaum, dass aus einer für Amateure im Jahre 1977 angelegten Breitensport-Serie (VLN) inzwischen – seit 2020 – die NLS geworden ist. Damit ist die ehemalige Motorsport-Serie für Amateure praktisch zu einer scheinbaren „Profi“-Serie verkommen, für die Funktionäre dann ein immer größer werdendes Regelwerk schufen, mit dem – für die Zuschauer – die Spannung erhöht werden sollte. Teambesitzern – aber auch Fahrern – macht das offenbar immer weniger Spaß, so dass die Beteiligung nachlässt. - Weil auch die Kosten gestiegen sind! - Es gibt offenbar doch mehr Amateure als Profis! - Da der Sport – auch der Motorsport – immer deutlicher vom Geld beherrscht wird, ist noch der Trend hinzu zu kommen, den Motorsport zu einem Teil eines scheinbaren Unterhaltungsumfeldes zu machen, das  den Profit weiter deutlich erhöhen soll. - Eine Entwicklung, die inzwischen zu geradezu krankhaften Renn-Variationen führt, von denen gerade ein Versuch von Amateur-Veranstaltern „erfunden“, jetzt im September am Nürburgring bevorsteht. Von einer Motorsport-“Behörde“ (?) abgesegnet, an deren Bedeutung – nicht nur dadurch – inzwischen erhebliche Zweifel aufkommen. - Amateure versuchen sich inzwischen im Profi-Geschäft! - Wenn man zurück denkt, fragt man sich schon:

VLN ‘77/NLS ‘20: Was war zuerst? - Henne oder Ei?

Aber im Bereich Motorsport freut sich aktuell ein Spitzen-Amateur-Profi über eine seiner neuesten Leistungen:

„So etwas hat es auf der Nordschleife noch nicht gegeben!“

Natürlich hat er Recht! - Vorher war auch noch niemand auf die Idee gekommen, ein 12-Stunden-Rennen auf zwei Tage zu verteilen, in zwei Rennen zu stückeln. Der „Gerechtigkeit“ wegen sollen dann die am ersten Rennen die Ziellinie überfuhren, beim Start zum zweiten Rennen in exakt den gleichen Abständen – aber aus der Boxengasse – gestartet werden.

Der Clou, zu dem nur besonders begabte Amateure gefunden haben können:

  • In der ersten Runde Nordschleife (24,358 km) gilt „Code 60“, d.h., die Fahrzeuge müssen in dieser Runde mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h diesen Kurs umrunden!

Aus einem „Bulletin“ zur Ergänzung der Ausschreibung zu diesem 12-Stunden-Rennen:

„Eine andauernde, dauerhafte, zeitweilig dauerhafte, nur kurzzeitig unterbrochene Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h in der ersten Runde nach dem Re-Start in das 12h-Rennen Teil 2 (= 6h am Sonntag) wird den Sportkommissaren gemeldet und hat die sofortige Disqualifikation des Bewerbers / Teams und aller Fahrer von der Veranstaltung zur Folge.“

Natürlich ist die „Ausschreibung“ zu diesem Rennen von den Motorsport-Spezialisten in Frankfurt (DMSB) abgesegnet und genehmigt worden. Aber diese „Spezialisten“ haben immerhin genehmigt, dass ein Fahrzeug, das auf der Rennstrecke langsamer als 60 km/h fährt, überholt werden darf! - Immerhin! - Aber – bitte! - mit nicht mehr als 60 km/h!

  • Beispiel: Mit 60 km/h und einem Opel-Astra darf man an einem Porsche GT3 vorbei, der mit 58 km/h über die Rennstrecke rodelt! - Da kommt Spannung auf!

Solche Bedingungen können nur von Fachleuten abgenickt worden sein, die schon mal die Höchstgeschwindigkeit auf der „Döttinger Höhe“ - einer langen Geraden auf der Nürburgring-Nordschleife - auf 250 km/h begrenzt hatten. - Aus Sicherheitsgründen!

Die Zuschauer sollen schon ihren Spaß haben. Nicht nur an der Rennstrecke, wo das „Weekend-Ticket“ 42 Euro kostet. Das gilt – immerhin – von Freitag bis Sonntag. Hinzu kommen dann 30 Euro Parkgebühr. (Für drei Tage!) Pro Tag sind 10 Euro fällig.

 

  • Wer in 2022 an die „guten, alten“ 90er erinnert sein will, der spart als Besitzer einer Wochenendkarte immerhin 5 Euro und erhält schon für 24,90 Euro Zutritt in der ring°arena!   

In der Nach von Samstag auf Sonntag kann man im „Pflanzgarten“ und auf dem „Parkplatz 98“  schon für 17 Euro (pro Person) Camping machen.

  • Ein Tages-Ticket – Samstag oder Sonntag – kostet übrigens 25 Euro.    

In einer VLN-Information ist zu lesen:

...“Und auch tagsüber ist eine Menge neben der Rennstrecke geboten. Ausstellungen von BMW M und dem Porsche Club Nürburgring, die Haribo Road Show sowie das RPR1.Livemobil machen den Besuch des ring°boulevard und des ring°carré zum Pflichtprogramm. Beim ausgedehnten Pitwalk mit Autogrammstunde aller Teilnehmer und der Startaufstellung erleben die Fans dann die Protagonisten hautnah.“…

Ein „hautnahes“ Zusammentreffen mit den „Protagonisten“ in der Startaufstellung am Sonntag, wird den Zuschauern natürlich kaum möglich sein. Das ergibt sich schon aus einer Teilnehmer-Info, in der sich folgende Anweisung und Warnung findet:

„Das Betreten der Boxengasse (Arbeitsbereich = workinglane + Fahrspur = fast lane) ist während der Startaufstellung und des Re-Start Prozedere nicht zulässig.
Das gilt auch für das Teampersonal an den Kommandoständen an der Boxenmauer.
Ein Betreten der Boxengasse (Arbeitsbereich = workinglane + Fahrspur = fast lane) während der Startaufstellung und des gesamten Re-Start Prozedere durch Bewerber,
Fahrer, Mechaniker, Teammitglieder, Teamgäste, Teampersonal wird mit einer Geldbuße von 200,-€ je Person und Verstoß durch den Rennleiter / Renndirektor geahndet.“

Dafür wird es für die Zuschauer am Sonntagmorgen sicherlich eine Mords-Gaudi sein, mal ein paar GT3 zu erleben, die konstant gegen den Drehzahlbegrenzer fahrend, die Nürburgring-Nordschleife in knapp 25 Minuten bewältigen.

Da lacht dann sicherlich sogar der Ex-Besitzer eines „Trabi“, der das mit seiner „Pappe“ sicherlich schneller geschafft hätte!

Wer diese Veranstaltung live erlebt hat, versteht sicherlich spätestens dann, dass man in Kreisen der eigentlichen Veranstalter dieser NLS-Rennen ein wenig unzufrieden ist. Hinter den Kulissen wird kräftig um eine Lösung gerungen. - Man braucht zumindest an der Spitze der NLS einen einzigen Mann, der Ahnung von dem hat, was er machen soll!

Inzwischen scheint auch klar, dass da jemand „über die Klinge springen muss“! - Die Person ist auch schon ausgeguckt.

Man versucht aber „nach außen“ den Eindruck von einer „voll harmonischen Lösung“ entstehen zu lassen und bemüht sich darum gerade, durch eine professionelle Umfrage-Organisation („Survio“, Tschechien) in einer vertraulichen Umfrage bei Fahrern und Teams der NLS (früher VLN) die Basis für eine Verbesserung der Rennen in Aufbau und Abwicklung zu finden, die man dann mit einem neuen Mann an der Spitze der Organisation umsetzen möchte.

Der ist auch intern längst „fest gemacht“! Man hat sich dabei nicht – wie viele Beobachter vielleicht denken könnten – einen Pfleger der VLN-Tradition "ins Auge gefasst", sondern einen Jäger gefunden!

MK/Wilhelm Hahne
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