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Wir haben erlebt, dass der Nürburgring, die Nürburgring GmbH, in die Insolvenz ging. Die wirklich Verantwortlichen, die Politiker der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, wiesen alle Schuld von sich – und mit dem Finger in Richtung EU. - Die Landesregierung war mit einem Anteil von 90 Prozent der bedeutende Eigner des Nürburgrings, war auch mit ihren Handlungen, bzw. dem Anerkennen von Handlungen ihrer Mitarbeiter in ihrer Firma durch „ihren“ Aufsichtsrat als Verantwortlicher für die Insolvenz auszumachen. - Wie man heute sagen kann, wurde aus „taktischen Gründen“ die Form einer „Insolvenz in Eigenverwaltung“ gewählt, die u.a. zulässt, dass die Firma durch einen vom Eigner der Firma bestimmten Geschäftsführer unter Aufsicht eines Insolvenz-Sachwalters weiter geführt wird. Diese Form der Insolvenz geht von der Voraussetzung aus, dass die insolvente Firma wieder „auf Kurs gebracht“ wird. Es ist in Erläuterungen zu solchen Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nachzulesen: „Die Eigenverwaltung bedarf eines gesonderten Antrags des Schuldners. Weiter dürfen keine Umstände bekannt sein, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Sofern der Antrag des Schuldners nicht offensichtlich aussichtslos ist, soll das Gericht nach § 270a InsO bereits im Eröffnungsverfahren davon absehen, eine vorläufige Insolvenzverwaltung anzuordnen, und stattdessen einen vorläufigen Sachwalter bestellen.“ Darum gehört es dann in so einem Fall der „Eigenverwaltung“ eigentlich zur Normalität, dem zuständigen Insolvenzgericht nach angemessener Zeit einen an der Realität orientierten Sanierungsplan einzureichen! - Das ist im Fall des Nürburgrings nicht passiert! Hier wurde sofort der Verkauf betrieben! Die Landesregierung stellte sich bei allen Nachfragen zu Details als „nicht zuständig und unwissend“ dar. - Was nach dem gültigen Insolvenz-Recht nicht sein kann! - Aber die Landesregierung wollte vom Nürburgring nichts mehr wissen und will auch nicht mehr daran erinnert werden. - Wie ein – zufälliger – aktueller Blick ins Archiv der Landesregierung von Rheinland-Pfalz auch zeigt – und zu der Frage führt:
Nachwehen Nürburgring: RLP-Regierung ahnungslos?
Der verantwortliche Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz, war – wie man verstehen soll - niemals verantwortlich und kann darum auch wenig zu einer Anfrage sagen, die ihn und sein Ministerium Ende Januar 2018 aus den Reihen der CDU-Fraktion erreichte. Motor-KRITIK ist zufällig beim Stöbern im Archiv der Landesregierung darüber gestolpert, da – wenn man sich an der Durch-Nummerierung orientiert – dort eine Unterlage fehlte. Beim Abgleichen, beim Versuch festzustellen, ob das ein Zufall war oder ein System dahinter steckt, bin ich eben auf diesen zweiten Fall gestoßen.
Das hat mich veranlasst, einmal das System zu hinterfragen, mit dem in Mainz gegenüber der Öffentlichkeit die immer wieder betonte Transparenz hergestellt wird. - Und ich habe folgende Antwort erhalten:
„...bei den genannten Drucksachen handelt es sich um Antworten auf Kleine Anfragen, die bei uns in der Druckerei gelayoutet und von unserem sitzungsdokumentarischen Dienst lektoriert werden, ehe sie online gestellt werden.
Die Drucksachen erhalten ihre Nummern nach Eingang, die weitere Bearbeitung in der Landtagsverwaltung richtet sich nicht primär nach der Nummer, sondern nach der Vorgangsart. So haben Beratungsunterlagen für Plenarsitzungen Vorrang - so auch in der letzten Woche, als der Landtag zu einem dreitägigen Plenarsitzung zusammengekommen ist, weshalb die Bearbeitung von Gesetzentwürfen, Anträgen etc. Vorrang vor anderen Aufgaben hat. Sie haben also mit Ihrer Beobachtung völlig recht, dass die Drucksachen nicht in nummerischer Reihenfolge online gestellt werden.,
Zudem hat die Landtagsverwaltung aktuell mit einem der Jahreszeit geschuldeten Krankenstand zu kämpfen., weshalb sich die Fertigstellung einzelner Dokumente verzögern kann. ...“
Nun wissen das die Motor-KRITIK-Leser auch. Inzwischen habe ich dann auch Kenntnis vom Inhalt der nachgefragten Antworten, so dass ich hier z.B. typische Antworten des Innenministers von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz, zu einer Anfrage nach laufenden und noch nicht abgeschlossenen Gerichtsverfahren vor dem Gericht der Europäischen Union zitieren kann, wo in zwei Fällen Klagen gegen eine Entscheidung der Europäischen Kommission vom 1. Oktober 2014 geführt werden, die den Verkauf des Nürburgrings betreffen.
Die Klagen wurden im Juni bzw. Juli 2015 eingereicht, wurden in einem Fall Ende Januar 2018 mündlich verhandelt, aber noch nicht entschieden, im anderen Fall ist – nach inzwischen fast 4 Jahren (!) - immer noch kein Verhandlungstermin festgesetzt.
Roger Lewentz betont in einer „Vorbemerkung“ vom 19. Februar 2018:
„Das Land Rheinland-Pfalz ist in den Verfahren weder als Partei noch als Streithelfer beteiligt.“
Es wurden vom Gericht auch keine Fragen an die Landesregierung gerichtet, bzw. der Innenminister um eine Stellungsnahme gebeten. Roger Lewentz informiert:
„Die Europäische Kommission erbat im Herbst 2015 und Frühjahr 2016 lediglich die Freigabe für bestimmte Dokumente mit vornehmlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aus ihrem Beihilfeprüfverfahren, damit sie diese in die Klageverfahren vor dem Gericht der Europäischen Union einführen kann. Der Rechtsanwalt der Ringverwalter, die das Verkaufsverfahren durchgeführt hatten, entsprach dieser Bitte, so dass das Land über das Bundeswirtschaftsministerium der Europäischen Kommission die Freigabe erteilen konnte.“
Roger Lewentz, der für den „Fall Nürburgring“ verantwortliche Minister seit den Landtagswahlen 2013, hat in seiner aktuellen Antwort vom 19. Februar 2018 noch einmal betont, dass…
„...der Verkauf der Vermögenswerte am Nürburgring durch die Ringverwalter eigenverantwortlich durchgeführt wurde und die Landesregierung auf diese Verfahren keinen Einfluss genommen hat...“
Eine aus Motor-KRITIK-Sicht sehr eigenwillige Darstellung, da bei der sicherlich mit Bedacht gewählten Form der „Insolvenz in Eigenverwaltung“ der Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft die Geschäfte nach den Weisungen des Besitzers – in diesem Falle zu 90 Prozent die RLP-Landesregierung – weiter führt. Allerdings unter Aufsicht eines vom Insolvenzgericht eingesetzten Sachwalters.
- Warum waren denn z.B. sowohl die Ministerpräsidentin des Landes als auch deren Stellvertreterin (gleichzeitig Wirtschaftsministerin) am Tag des Verkaufs des Nürburgrings, am Tag des Vertragsabschlusses nach Koblenz angereist, als dort – und nicht in Mainz wie vorgesehen - die Vertragsunterzeichnung stattfinden musste, weil die überraschend einberufene Gläubigerversammlung zum Verkaufsakt sonst nicht möglich gewesen wäre?
- Warum wurde an diesem Tag dann der Verkauf trotz einer – wie Motor-KRITIK schon mehrfach festgestellt hat – nicht gesicherten Finanzierung und unsicheren Solvenz des Käufers (nachweisbar z.B. durch eine in Motor-KRITIK veröffentlichte, nicht unterschriftlich vollzogene Darlehnsvereinbarung des Käufers mit der Deutschen Bank) den Mitgliedern des Gläubigerausschusses eine gesicherte finanzielle Basis für den Verkauf dargestellt, die sich dann nur Monate später als falsch herausstellte?
Jetzt, auf die noch laufenden Gerichtsverfahren bezogen, räumt der der verantwortliche Innenminister in seiner Antwort ein:
„Die Landesregierung wurde durch die Insolvenzverwaltung oder dessen Bevollmächtigten gelegentlich über den Verfahrensstand informiert.“
Erstaunlich! - Weil doch die Landesregierung nach eigenen Angaben gar keinen Einfluss auf den Verkauf des Nürburgrings hatte. - Aber Interesse an Details?
Innenminister Lewentz erweist sich dann auch in den laufenden Verfahren vor dem Europäischen Gericht als sehr kundig, wenn der in seiner aktuellen Antwort informiert:
„Nach Art. 63 der Verfahrensordnung des Gerichts umfasst das Verfahren vor dem Gericht der Europäischen Union ein schriftliches und ein mündliches Verfahren. Nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens wird gemäß Art. 106 Abs. 1 der Verfahrensordnung im Rahmen des mündlichen Verfahrens eine mündliche Verhandlung entweder vom Amts wegen oder auf Antrag einer Hauptpartei durchgeführt. Dem Internetauftritt des Rechtssprechungsorgans der Europäischen Union lässt sich entnehmen, dass in dem Klageverfahren NeXovation Inc. Das Datum der Sitzung auf den 30. Januar 2918 fesstgelegt wurde und in dem Klageverfahren Ja zum Nürburgring e.V. bislang noch kein Datum genannt wurde.“
Man kann auch in der Antwort des Herrn Ministers lesen:
„Dem Internetauftritt des Rechtssprechungsorgans der Europäischen Union lässt sich weiter entnehmen, dass in dem Klageverfahren des Vereins Ja zum Nürburgring E.V. gegen die Europäische Kommission die Nürburgring-Eigentumsgesellschaften mit Beschluss des Gerichts der Europäischen Union vom 18. April 2016 als Streithelferinnen zugelassen wurden, da sie als Vertragsparteien der im Rahmen des Insolvenzverfahrens durchgeführten Veräußerung der Vermögenswerte ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse am Ausgang des Klageverfahrens haben.“
Solche Details erfährt man noch nicht einmal von den direkt Prozessbeteiligten, wie z.B. dem Verein „Ja zum Nürburgring e.V.“.
Innenminister Roger Lewentz unterstreicht in seiner aktuellen Stellungnahme noch einmal ganz klar:
„Das Land Rheinland-Pfalz war seinerzeit auch nicht Vertragspartei des Veräußerungsvertrages.“
Man könnte auch – noch einfacher - die ganze Art der Entstehung und „Auflösung“ des „Nürburgring-Skandals den in jedem Fall dadurch um viele hundert Millionen geschädigten Steuerzahlern in die Schuhe schieben, wenn man im politischen Mainz – bei der Landesregierung - einmal zusammen fassend feststellen würde:
- Die Wähler sind an allem schuld! - Warum haben sie uns auch gewählt?
MK/Wilhelm Hahne
PS: Lassen Sie sich bitte nicht davon beunruhigen, dass derzeit im RTL-Fernsehen der Titel beworben wird, „Beck is back!“ - Es handelt sich nur um eine erfundene dramatische Fernsehserie. - Das Drama mit Beck ist in der Realität für die rheinland-pfälzischen Bürger tatsächlich beendet! - Nur die Auswirkungen sind noch spürbar und - am Nürburgring - auch sichtbar!
PPS: Der Verein "Ja zum Nürburgring" informiert Motor-KRITIK am 2. März 2018 im Hinblick auf das oben stehende Zitat aus der Darstellung des Mainzer Innenministeriums, gez. Roger Lewentz, wie folgt:
"Es ist korrekt, dass die insolventen Nürburgring-Gesellschaften als Streithelfer mit Beschluss des EuG vom 18.04.2016 in das Verfahren eingetreten sind. Durch Beschluss des gleichen Gerichts wurden diese Gesellschaften am 27.06,2016 als Streithelfer wieder gestrichen. Der Verein JzN hat auf diese Tatsache wie folgt hingewiesen:
'Parteien in den beiden Verfahren sind ja die JzN vs. KOM einerseits, bzw. NeXovation vs. KOM andererseits. Sonst ist niemand beteiligt. Auch die insolventen Gesellschaften am Nürburgring, die noch vor wenigen Monaten als Streithelfer für die KOM in das Verfahren eingetreten waren, haben sich mittlerweile komplett aus dem Verfahren zurückgezogen. Damit ist die Liste der Parteien, die konkret juristischen Einfluss auf die Verfahren nehmen können, sehr kurz. Die neuen Eigentümer gehören nicht dazu.'"