VLN 2019: Über arme und schmackhafte Würstchen!

Normale Würstchen – auch Bratwürste - gehören eigentlich nicht zu dem Bereich, den man als Motor-Journalist unter Kontrolle haben sollte. Aber nachdem die armen Würstchen in  Rennorganisation und -Überwachung immer mehr werden, die VLN mit 9 Rennen in der Saison schon zu den Großveranstaltern am Nürburgring zu zählen ist, zu dem sich dann noch der ADAC Nordrhein mit ähnlichen – aber z.T. im zeitlichen Ablauf längeren – Veranstaltungen hinzu gesellt, ist es wohl an der Zeit, sich auch – nicht nur – um arme, sondern auch um schmackhafte Würstchen – und warum das ein Thema ist – zu bemühen. Neu in der Würstchen-Beobachtung habe ich mich erst mal ein wenig in das Thema einarbeiten müssen. Da genügt es einfach nicht, offizielle Verlautbarungen zu lesen oder durch Internetseiten von Fleischwaren-Fabriken zu scrollen. Nachdem bei der VLN die Zuschauer schon beim ersten Lauf einen Geschmack vom neuen Würstchen-Angebot am und um die Nürburgring-Nordschleife bekamen und VLN 2 bevorsteht, habe ich mich entschlossen, auch mal einmal die Motor-KRITIK-Leser-Informationen thematisch ein wenig auszuweiten:

VLN 2019: Über arme und schmackhafte Würstchen!

Worüber ich bisher eigentlich nicht weiter nachgedacht hatte: In jeder Metzgerei, ganz gleich in welchem Teil Deutschlands, hängen an den Wänden Urkunden, die Meistern dieser Betriebe bescheinigen, für eine Reihe ihrer Wurst-Produkte Gold-, manchmal auch Silber-Medaillen erhalten zu haben. - Eine beachtenswerte Auszeichnung?

Jetzt erst komme ich auf die Idee zu hinterfragen, wie es zu solcher Medaillen-Flut kommen kann, da ich aus meiner persönlichen Erfahrung weiß, dass Wurst nicht gleich Wurst ist, obwohl alle – lt. Urkunden an den Wänden – mit einer Gold-Medaille ausgezeichnet wurden.

Nun habe ich zu dem Thema tatsächlich mit einer Reihe von unterschiedlichen Metzger-Meistern, die Betriebe von unterschiedlicher Größe führen, eine Reihe von Gesprächen geführt. Das Ergebnis:

Die Gold-Medaillenflut ist kein Wunder. Die grundsätzlichen Voraussetzungen werden mit zwei Prüfungen geschaffen:

1) Erfahrene Metzgermeister prüfen den Geschmack der Testobjekte, weil sie vor geben zu wissen, wie eine Wurst zu schmecken hat.
2) In einer Untersuchung der Wurst wird ermittelt, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen von „Beimischungen“ eingehalten wurden.

Dem Geschmacktest schafft eigentlich jede Wurst. Denn jeder Metzgermeister weiß worauf es ankommt. Natürlich arbeitet man auch mit Geschmacksverstärkern. Die finden sich sogar in Bio-Würsten. - Also beim Test-Essen hat sicherlich bisher kaum eine Wurst eine schlechte Wertung erhalten.

Weil jeder produzierende Metzgermeister, gleich ob im Klein- oder Großbetrieb, die Grenzen kennt, die das Lebensmittelgesetz ihm für die Beimischung von „Zutaten“ aufzeigt, gibt es dort auch keine Ausreißer. - Das Ergebnis sind also viele, viele Goldmedaillen!

Nun gibt es aber noch ein wichtiges Kriterium, das gerade für die Bratwürste gilt, die wir irgendwo, in Gaststätten, Fußballstadien oder am Nürburgring verzehren:

  • Der Einkaufspreis!

Denn jeder Würstchenbuden-Besitzer muss eine Pacht für die Fläche bezahlen, auf der sein „Betrieb“ steht, er muss Personal beschäftigen. Würstchen werden auch kaum „nackt“ verkauft. Da muss man die Kosten für Brot, Brötchen, Senf oder Ketchup bei der Kalkulation berücksichtigen.

Die normale Kalkulation – bei normalen Nebenkosten – ist eigentlich – so lernt man das schon in der Berufsschule, dass der Aufwand für den „Materialeinsatz“ mal Drei zu nehmen ist. Nun muss man die Konkurrenz im Umfeld bedenken, möchte natürlich auch vom Verkauf leben können – und dann ist da noch die Pacht!

Am Nürburgring gibt es in 2019, trotz aller Versuche der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG, sich „alles – alle Flächen - unter den Nagel zu reißen“, insgesamt im direkten Rennstreckenbereich der Nordschleife immer noch drei unterschiedliche Verpächter. Das wäre die schon genannte Firma als Pächter vom „Besitzer“ des Nürburgrings, dann noch die Gemeinden Nürburg (Würstchenbude Eingang „Hatzenbach“) und Herschbroich (Würstchenbude Parkplatz „Brünnchen“).

Schon zu Zeiten der Nürburgring GmbH war in deren Verträgen eine Umsatz-Beteiligung vorgesehen. Und ein Dr. Kafitz als Geschäftsführer – nur als Beispiel – platzierte an Rennwochenenden dann schon mal Studenten/-tinnen im Umfeld der Würstchen-Buden, um die Besucher dort zählen zu lassen. - Er war davon überzeugt, dass er sonst betrogen würde.

  • Davon ist heute auch der neue Nürburgring-Besitzer überzeugt!

Je unverschämter die Pacht ist – gleich ob fest oder als Umsatzbeteiligung – desto mehr muss der Betreiber einer solchen „Verkaufsstelle“ darauf achten, dass der Einkaufspreis für die Wurst stimmt. Aber je niedriger der Einkaufspreis - für z.B. die Bratwurst - ist, desto geringer kann darin eigentlich der Anteil an dem sein, was der Käufer in einer Wurst erwartet: Fleisch!

Zurück zu Aktionen wie die eines Dr. Kafitz: Auch Würstchenbuden-Besitzer ohne Doktor-Titel sind clever. Sie hielten den von Dr. Kafitz vorgehaltenen Zahlen die Argumentation entgegen, dass die sicher stimmen würden, aber ein Teil der gezählten Besucher hätten nur Zigaretten gekauft, bzw. Geld gewechselt.

Zurück zur Bratwurst: Gegenüber „früher“ ist der „Abfall“ bei der Verwertung z.B. eines geschlachteten Schweins immer größer geworden, weil der Fleischkunde heute nur die „Filetstücke“ des Schweins verlangt. Da sind selbst Schlachtereien und Metzger die „früher“ keine Wurst machten gezwungen, die nun überbleibenden „Reste“ zu verwursten. Früher wurde – hier in der Eifel – häufig gleich ein halbes Schwein komplett verkauft. Der „Kunde“ verwertete selber -  alles. - Die Zeiten sind vorbei! Der Fleisch-Kunde, auch die so genannten Großabnehmer von heute, möchten nur „die Leckerchen“!

Auch von dem „Rest“, den von kritischen Verbrauchern als „weniger gut“ bezeichneten Anteilen,  kann man eine geschmacklich sehr gute Wurst herstellen. Die Bratwurst, die die Pächter der Verkaufsstellen am Nürburgring jetzt lt. Vertrag von der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG kaufen müssen, ist vom Preis her für die Würstchenbuden-Besitzer keine billige Wurst, aber es gibt eben eine Differenz zwischen dem Einkaufspreis und Verkaufspreis an die Pächter der Würstchenbuden.

Die Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG möchte ihren Gewinn durch einen Anteil Würstchenverkauf erhöhen. Durch das Vorschreiben einer „Einheitswurst“ im Nürburgring-Umfeld macht sie das in jedem Fall, da sich – soweit mir bekannt – der Prozentsatz bei der Umsatzbeteiligung in den Verträgen nicht geändert hat. - Somit ist die neue „Vorschrift“ ein Zusatzgeschäft!

Motor-KRITIK hat auf die Entwicklung, wie sie jetzt in 2019 nicht nur die Würstchenbuden-Besitzer, sondern auch die Rennbesucher an der Nürburgring-Nordschleife erreicht hat, schon im Herbst 2018 hingewiesen. Das ist – war - nur scheinbar nebensächlich, denn eine „gute Rennwurst“ ist für die Zuschauer z.B. eines VLN-Rennens nicht unwichtig.

Um einen VLN-Zuschauer zu zitieren, der auch Fan des 1. FC Köln ist:

„Ich kenne die Wurst ja schon vom Kölner Stadion her. Da gibt es die auch. Die schmeckt auch gut. Aber lieber kaufe ich meine Bratwurst außerhalb des Stadions.“

Er kennt also die Bratwurst schon, die jetzt als „Einheitswurst“ an allen vom aktuellen Nürburgring-Pächter kontrollierten Würstchenbuden verkauft werden muss. Ich verstehe, wenn er da den „kleinen Unterschied“ macht. Ich glaube den Einkaufspreis für die Bratwurst, den die Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG zahlt, recht gut einschätzen zu können. Da ich auch den bisherigen Gesamtumsatz an Würstchen rings um die Nürburgring-Rennstrecken pro Jahr zu kennen glaube, ist da schon Ende der Saison ein erkleckliches Süḿmchen mehr in der Kasse.

  • Wer ist da – per Saldo – also das „arme Würstchen“?

Als VLN-Zuschauer können die Fans jetzt bei VLN 2, am 13. April ein „Probe-Essen“ machen und sich dann entscheiden, von welcher Stelle sie zukünftig in 2019 noch Rennen an der Nordschleife beobachten wollen, wenn man nahe der richtigen Würstchenbude sein will.

Ich würde mich da auch – wie der Fan des 1. FC Köln – mal außerhalb der „Spielstätte“ umsehen. Man könnte dann z.B. gut das Bratwurst-Essen mit einem Tankvorgang verbinden!

Da gibt es auch „eine andere Bratwurst“, die ich z.B. gerne esse!

MK/Wilhelm Hahne
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